Berlin/Jerusalem. Bei seinem Deutschlandbesuch dankt Israels Premierminister dem Kanzler - und spricht in Sachen Atomverhandlungen mit dem Iran Klartext.

Kurz nachdem er in Berlin gelandet war, sendete Israels Premierminister Jair Lapid eine triumphale Botschaft in die Welt: „Das ist es, was wir unter Sieg verstehen”. Lapid war mit fünf deutschstämmigen Überlebenden des Holocaust angekommen. Dass sie in dem Land, das ihnen einst den Tod wünschte, heute von einem militärischen Ehrencorps empfangen werden, „das ist ihr Sieg, und der meine”, sagte Lapid, der selbst Sohn eines Holocaustüberlebenden ist.

Jeder Besuch eines israelischen Politikers in Deutschland ist von Spannungen begleitet, die auf Deutschlands historischer Verantwortung für den Holocaust beruhen. Umso mehr dieses Mal, denn es ist nicht einmal ein Monat vergangen, seit Palästinenserpräsident Machmud Abbas auf der Pressekonferenz mit Olaf Scholz (SPD) den Holocaust verharmloste.

Israels Regierungschef steht vor Neuwahlen

Dass Scholz darauf nicht sofort reagiert hatte, sorgte in Israel für Unverständnis. Es gab es danach ein klärendes Telefonat zwischen Berlin und Jerusalem. Jetzt fand Lapid lobende Worte für Scholz. Es sei offensichtlich gewesen, dass der Kanzler von den Äußerungen überrascht worden sei, so Lapid. Er habe Scholz gedankt, dass er danach reagiert habe. Und: „Wir schätzen, dass er das so eindeutig gesagt hat.“

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Für Lapid ist der Besuch in Berlin aber auch innenpolitisch wichtig: Anfang November wird in Israel gewählt. Lapids stärkster Konkurrent im Rennen um eine Regierungsmehrheit ist Langzeit-Regierungschef Benjamin Netanjahu. Der konservative Politiker lässt keine Gelegenheit aus, um Lapid als außenpolitisch schwach darzustellen. Lapids Berlin-Mission diente auch dazu, dem etwas entgegensetzen.

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Israel lehnt einen Atomdeal mit Iran ab

Das dringlichste Thema aus Israels Sicht ist aber wohl die Bedrohung durch den Iran. Israel lehnt einen Deal mit dem Iran entschieden ab. Während die USA, Deutschland und andere europäische Verhandler überzeugt sind, dass eine Verhandlungslösung besser sei als ein ungeregelter Status, sieht Israel das anders. Lapid nannte Verhandlungen „gescheitert“.

„Kein Deal ist besser als ein schlechter Deal”, sagte ein hoher Regierungsbeamter vergangene Woche vor ausländischen Journalisten. Klare Worte fand hierzu auch David Barnea, oberster Kommandant des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, am Sonntag. „Wir verschließen unsere Augen nicht vor bewiesenen Fakten”, sagte Barnea.

Israel fürchtet Lockerungen der Iran-Sanktionen

Im Fall eines erfolgreichen Abschlusses der Verhandlungen werde Israel den Deal nicht anerkennen. „Selbst wenn ein Nuklearabkommen unterzeichnet wird, dann schützt es Iran nicht vor Mossad-Operationen”, sagte Barnea. Zu diesen Operationen zählen gezielte Tötungen von iranischen Ingenieuren, die laut Israel bei der nuklearen Aufrüstung des Ayatollahstaats die Fäden ziehen.

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Zwar deutet derzeit nichts darauf hin, dass es bald zu einem Abschluss des Atomdeals kommen wird, eher im Gegenteil. Trotzdem vergeht kaum ein Tag, an dem nicht ein israelischer Politiker oder hoher Militäroffizier mit den westlichen Verhandlungspartnern Kontakt aufnimmt, um Stimmung gegen einen Deal zu machen. Israel befürchtet, dass eine Lockerung der Sanktionen viel Geld in die Teheraner Kassen spülen würde, das dann unter anderem für eine Aufrüstung der irantreuen Milizen in Israels führen könnte.

Drei U-Boote für Israel

Beim Treffen Lapids mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ging vor allem um eine stärkere sicherheitspolitische Zusammenarbeit zwischen Israel und Deutschland, die Teil der strategischen Partnerschaft der beiden Staaten ist. Deutschland unterstützt Israel dabei auch finanziell. Anfang 2022 wurde ein Liefervertrag für drei U-Boote von Thyssenkrupp an die Israel unterzeichnet, der Deal wird mit Budgetgeld gestützt.

Israel will zur Linderung der Energiekrise in Europa beitragen. Gasexporte nach Europa könnten vielleicht ab 2023 erhöht werden, so Lapid. Israel und Ägypten hatten im Juni in Kairo eine Absichtserklärung über die Lieferung von verflüssigtem Gas nach Europa unterzeichnet. Israel soll Gas nach Ägypten liefern, das dort verflüssigt und mit Tankern nach Europa exportiert werden soll. (mit dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.