Brüssel/Berlin. Entlastung bei den hohen Strompreisen in Sicht: Auch die EU-Energieminister fordern eine Preisbremse. Aber was wird mit dem russischen Gas?

Für Haushalte und kleine Unternehmen rückt eine Preisentlastung beim Stromverbrauch um oftmals hunderte Euro näher: Der Plan der Ampel-Koalition, Zufallsgewinne von Stromproduzenten abzuschöpfen und damit einen Basisverbrauch zu subventionieren, findet wie in Berlin erhofft Unterstützung auf europäischer Ebene.

Bei einem Sondertreffen der EU-Energieminister in Brüssel hieß es, ein solcher Schritt sei eine Lösung zur Entlastung der Verbraucher und werde grundsätzlich befürwortet. Ein Preisdeckel auf russisches Gas, um Präsident Wladimir Putin die Finanzierung des Ukraine-Kriegs zu erschweren, bleibt dagegen umstritten.

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Die Minister beauftragten die EU-Kommission am kommenden Dienstag einen konkreten Gesetzesvorschlag für die Strompreis-Dämpfung vorzulegen. Anschließend könnten die Regelungen bei einem weiteren EU-Ministertreffen noch im September beschlossen werden. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) drängte am Rande des Treffens, die Preisbremse auf jeden Fall noch in diesem Jahr umzusetzen: Ziel sei es, auch die 2022 anfallenden Zufallsgewinne von Stromproduzenten abzuschöpfen.

Strompreisbremse: Familie mit vier Personen würde um 350 Euro entlastet

Der Plan sieht vor, übermäßige Gewinne von jenen Stromerzeugern zu begrenzen, die weiter kostengünstig produzieren können, aber trotzdem von den drastischen Preissteigerungen profitieren – der Strompreis wird aktuell von teuren Gaskraftwerken bestimmt. Nach dem Konzept der Ampelkoalition würden diese abgeschöpften Zufallsgewinne für Strom etwa aus Atom- und Braunkohlekraftwerken oder aus erneuerbaren Energiequellen einen Preis-Deckel für die Verbraucher finanzieren.

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Gedacht ist in ersten Überlegungen in Berlin an einen subventionierten Preis von 30 Cent je Kilowattstunde, begrenzt auf etwa 75 Prozent des durchschnittlichen Verbrauchs, was nach Expertenschätzungen eine vierköpfige Familie um rund 350 Euro im Jahr entlasten könnte.

Habeck erklärte in Brüssel, er lasse bereits Details ausarbeiten, doch werde Berlin wie angekündigt ein EU-weites Vorgehen unterstützen: Die EU-Kommission geht in ersten Entwürfen davon aus, dass der Erzeugerpreis auf 200 Euro pro Megawattstunde begrenzt wird, weniger als die Hälfte des aktuellen Großhandelspreises in Deutschland – die darüber liegenden Gewinne sollen Energieunternehmen an den Staat abführen, wenn sie Atom-, Kohle- oder Ökostrom kostengünstig produzieren.

Haben sich Berlin und Brüssel bei Strompreisbremse die Bälle zugespielt?

Zahlreiche EU-Länder stützten den Vorstoß, doch gab es auch Kritik etwa aus Polen oder Litauen. In mehreren EU-Hauptstädten besteht der Verdacht, dass sich bei diesem Vorhaben EU-Kommission und die Bundesregierung die Bälle zugespielt haben. Die Ampel-Koalition hatte bei der Vorstellung ihrer Pläne zur Entlastung erklärt, sie setze auf eine europäische Maßnahme, werde aber national handeln, wenn es nicht schnell genug gehe. Habeck sagte, ein Preisdeckel sei auch bei Gas denkbar, doch gebe es anders als beim Strommarkt im Moment keine Übergewinne.

Ungarn wehrt sich gegen Pläne in der Europäischen Union, einen Preisdeckel für russisches Gas einzuführen. Das Foto zeigt Absperrventile und Druckanzeiger in einem Erdgasspeicher der ungarischen Gasspeicher-Gesellschaft in Zsana.
Ungarn wehrt sich gegen Pläne in der Europäischen Union, einen Preisdeckel für russisches Gas einzuführen. Das Foto zeigt Absperrventile und Druckanzeiger in einem Erdgasspeicher der ungarischen Gasspeicher-Gesellschaft in Zsana. © dpa | Attila Volgyi

Unklar ist, ob die EU-Staaten auch eine Preisobergrenze für russisches Gas beschließen werden. Ein entsprechender Vorstoß der EU-Kommission trifft unter anderem bei Ungarn und der Slowakei, die weiter stark von russischem Erdgas abhängig sind, auf heftigen Widerstand – denn befürchtet wird, dass Russlands Präsident Putin dann seine Drohung wahr macht und die Gaslieferungen in die EU ganz einstellt, also auch die noch betriebenen Pipelines nach Südosteuropa stilllegt. Auch die Bundesregierung hatte im Vorfeld Skepsis geäußert, doch will sie einen offenen Streit vermeiden: Habeck lehnte den Vorstoß nicht direkt ab, sondern erklärte, notwendig sei die Zustimmung von betroffenen Ländern wie Ungarn. Wenn sie das Risiko eines vollständigen Lieferstopps tragen würden, sei er gerne dabei, das zu tun. Wenn Länder dies nicht wollen, sollte das aber respektiert werden.

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Habeck: Gasspeicher werden vor dem Winter zu 95 Prozent gefüllt sein

Habeck machte deutlich, dass die Bundesregierung hierzulande keine Nachteile mehr befürchtet, weil russisches Gas nach der Unterbrechung der Pipeline Nord Stream 1 ohnehin nur noch „in homöopathischen Dosen“ nach Deutschland fließe und die Gasspeicher dennoch weiter befüllt werden könnten. Die zuletzt rückläufigen Gaspreise zeigten, dass auch die Märkte nicht mehr damit rechneten, „dass wir kollabieren.“ Habeck äußerte in der Ministerrunde die Erwartung, dass ungeachtet des russischen Lieferstopps das Ziel erreicht wird, die Gasspeicher in Deutschland für den Winter zu 95 Prozent zu füllen. Ein Stand von 87 Prozent sei erreicht.

Eine Reihe von EU-Staaten forderte aber bei dem Treffen, einen Preisdeckel nicht nur für russisches Gas, sondern für alle Gasimporte festzulegen. Die Kommission soll nach dem Willen der Minister nun Pläne für eine solche „Notintervention“ vorlegen, doch meldete EU-Energie-Kommissarin Kadri Simson Bedenken an. Ein Preisdeckel für alle Gasimporte, etwa auch für Flüssiggas, könne die Versorgungssicherheit gefährden.

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Eine Maßnahme allein gegen Russland sei dagegen „vernünftig“, meinte Simson: „Russland hat seine Gaslieferungen als Waffe eingesetzt, um im nächsten Winter eine Energiekrise auszulösen. Auf weitgehende Zustimmung der Mitgliedstaaten stößt der Plan der EU-Kommission, in Schieflage geratene Energieversorgungsunternehmen schneller zu unterstützen. Dazu sollen die Beihilferegeln geändert werden. Außerdem sollen Anreize zum Stromsparen geschaffen werden, zunächst allerdings nur auf freiwilliger Basis.

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Dieser Text erschien zuerst auf morgenpost.de.