Berlin. Die EU will ein Abkommen mit Russland zur Erleichterung der Visa-Vergabe aussetzen. Wie reagiert Moskau? Mit Vergeltungsmaßnahmen?

Die EU will die Visa für Russen "erheblich" reduzieren und verteuern. Nun ist mit Vergeltungsmaßnahmen zu rechnen. Die Wut in Moskau dürfte groß sein, zumal die europäische Visa-Debatte vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ausgelöst worden war.

Im Vorfeld des gestrigen Beschlusses der EU-Außenminister hatte Russland Drohungen ausgesprochen. Man werde sicherstellen, "dass wir unseren Interessen am besten dienen und die Interessen unserer Bürger schützen".

podcast-image

Ukraine-Krieg: Visa-Bann von Deutschland verhindert

Wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch nach Beratungen der Außenminister in Prag erklärte, wird das Abkommen mit Russland zur erleichterten Visa-Vergabe von 2007 aufgekündigt – eine weitere Sanktion als Folge des Ukraine-Krieges. Das Abkommen sieht vor, dass russische Touristen in der Regel binnen zehn Werktagen zum ermäßigten Preis von 35 Euro ein Schengen-Visum erhalten.

Vielen osteuropäischen Staaten geht der Beschluss eigentlich nicht weit genug. Sie hatten auf einen generellen Visa-Bann gedrängt. Dagegen wehrten sich vor allem Deutschland, Frankreich, Österreich und Luxemburg.

Ukraine-Krieg: Zwölf Millionen Visa noch im Umlauf

Der tschechische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Jan Lipavsky sprach von einem „wichtigen ersten Schritt“. Nun wird geprüft, was mit den rund zwölf Millionen Schengen-Visa für Russen geschehen soll, die bereits im Umlauf sind.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) richtete bei dem Treffen laut einem Diplomaten einen emotionalen Appell an die Befürworter des Visa-Banns. Es sei bewegend, wenn etwa ein weinendes russisches Mädchen in der Botschaft auftauche und um ein Visum bitte, sagte sie den Angaben zufolge.

Die baltischen Staaten, aber auch Finnland oder Polen empfinden es als unerträglich, dass Russen in Westeuropa Urlaub machen dürfen, während in der Ukraine ein Krieg tobt. Dänemarks Außenminister Jeppe Kofod mahnte, „wir wollen Visa für russische Touristen begrenzen, um ein klares Signal an (den russischen Präsidenten Wladimir) Putin zu senden, dass sein Vorgehen in der Ukraine völlig inakzeptabel ist“.

Ukraine-Krieg: Baltische Staaten schaffen Fakten

Die Baltenstaaten und Finnland haben die Visa-Ausgabe an Russen bereits national eingeschränkt, allerdings können russische Staatsbürger weiter mit Schengen-Visa, etwa aus Deutschland, bei ihnen einreisen. In Finnland, das eine mehr als tausend Kilometer lange Grenze mit Russland hat, tritt der Visa-Bann an diesem Donnerstag in Kraft, wie Außenminister Pekka Haavisto in Prag ankündigte.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.