Berlin. Wegen der deutlichen Preissteigerungen müssen immer mehr Menschen sparen. Eine Umfrage zeigt, worauf die Deutschen zuerst verzichten.

Was für ein Sommer! Sonne satt, kaum Corona-Auflagen, endlich wieder weiter in Urlaub fahren. Viele Deutschen lassen es sich gutgehen. Doch die Stimmung im Land ist eher bedrückt, wie eine repräsentative Umfrage des Bundesverbands deutscher Banken (BdB) zeigt. Die Zufriedenheit mit dem Leben sinkt. Und es gibt durch alle Generationen eine große Sorge: die Inflation. Bei einem Fünftel der Befragten schränkt sie das Leben bereits stark ein.

85 Prozent aller Bundesbürger fürchten steigende Preise und die Folgen – für die Lebenshaltung, aber auch für die Ersparnisse. Ob ältere Menschen oder Jugendliche, die Werte unterscheiden sich nicht. „Die große Sorge vor der hohen Inflation ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen – in allen Altersgruppen“, sagt Henriette Peucker, Vize-Chefin des Bankenverbands. Lesen Sie auch: Hohe Preise für Gas, Öl, Strom: Mittelstand fürchtet Pleitewelle

Um ausreichend Strom und Energie sorgen sich 78 Prozent der Befragten. 77 Prozent haben Angst davor, dass sich die Wirtschaftslage verschlechtert, ebenso viele davor, dass der Ukraine-Krieg eskaliert. Corona sehen nur 38 Prozent als ein Problem an.

Inflation: Bundesbank erwartet Anstieg auf mehr als zehn Prozent

Seit mehr als einem Jahr liegen die Inflationsraten in Deutschland deutlich über jenen zwei Prozent, die die Europäische Zentralbank als Ziel vorgibt. Waren es im August 2021 noch 3,9 Prozent, liegt die Teuerung seit März 2022 weit über sieben Prozent. Im Juli wies das Statistische Bundesamt 7,5 Prozent aus. Das bedeutet: Im Schnitt mussten die Bundesbürger für die rund 650 Waren, die das Amt monatlich untersucht, so viel mehr bezahlen.

Die Bundesbank erwartet im Herbst sogar mehr als zehn Prozent Teuerung. Getrieben wird die Inflationsrate vor allem von den Energiekosten, Heizöl kostete etwa im Juli 87 Prozent mehr als vor einem Jahr. Inzwischen verteuern sich aber auch Lebensmittel.

Nun ist die Inflationsrate ein Durchschnittswert, wer selten oder gar nicht Auto fährt, merkt von steigenden Spritpreisen wenig. Indirekt aber schon, denn zum Beispiel der Transport von Lebensmitteln wird teurer, was zum Beispiel auch die Preise von Obst und Gemüse steigen lässt. Sieben von zehn Befragten müssen sich wegen der Teuerung bereits einschränken, hat die Umfrage ergeben, zwei von zehn sogar sehr.

Also halten die Deutschen ihr Geld zusammen. Anders als noch im Frühjahr, wo sich Reiseveranstalter darüber freuten, dass die Urlauber es sich nach zwei Jahren Corona-Pandemie auch einmal gutgehen lassen wollten und deshalb gern eine bessere und teurere Hotelkategorie buchten, geben sie jetzt weniger aus.

Urlaub: Jeder Fünfte muss sich einschränken

„Die Folgen der hohen Teuerung sind bei Konsum und Sparverhalten eindeutig, das belegen die Umsatzzahlen aus dem Einzelhandel, die zuletzt um mehr als acht Prozent zurückgegangen sind“, sagt Peuker. Gespart wird der Umfrage zufolge beim nächsten Urlaub (21 Prozent), bei Freizeit (14 Prozent), Restaurantbesuchen (14 Prozent) und Kleidung (13 Prozent). Auch interessant: Lidl, Aldi & Co.: Discounter schränken Angebot deutlich ein

Die Sorge vor Inflation verunsichert vor allem jüngere Menschen, wie Henriette Peucker, Vize-Chefin des Bankenverbands, sagt. „Insbesondere Jüngere würden gerne sparen, können das aber nicht mehr.“ Die Sparsummen schrumpfen deutlich. Legten 2020 noch ein Drittel der 18- bis 20-Jährigen zwischen 201 und 500 Euro monatlich zurück, 21 Prozent sogar noch mehr, vor allem um eine Sicherheit für Notfälle zu haben, sind es 2022 nur 15 und acht Prozent. Dafür werden vor allem bis zu 50 Euro gespart (26 Prozent der Jüngeren). 2020 taten das nur acht Prozent. Kommentar zu Entlastungen: Das 9-Euro-Ticket soll bleiben, der Tankrabatt verschwinden

Über alle Altersgruppen halten sich die Bundesbürger zurück: Weniger als die Hälfte (48 Prozent) legt noch regelmäßig Geld zurück, 2020 waren es noch 62 Prozent. Ein Drittel spart ab und zu. Vor zwei Jahren waren es nur 16 Prozent.

Wirtschaftsforscher: Rücklagen der Deutschen schrumpfen bereits

Insgesamt schrumpfen die Rücklagen, wie Wirtschaftsforscher des Münchener Ifo-Instituts ermittelt haben. Haben die deutschen 2020 und Anfang 2021 noch insgesamt 73 Milliarden Euro zusätzlich sparen können – etwa, weil sie kein Geld für Reisen oder Konzerte oder Restaurantbesuche ausgeben konnten –, schrumpften die Ersparnisse seit dem Frühsommer 2021 um 95 Milliarden Euro.

Und es wird wohl so weitergehen. Weil das Geld in der Regel bei Banken und Sparkassen liegt, werden die Deutschen es vermutlich dort abheben. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits. Offiziell will sich kein Kreditinstitut dazu äußern.

Inflation, Energieversorgung, Ukraine-Krieg: All das drückt auf die Gesamtstimmung. Nur ein Drittel der Deutschen (32 Prozent) ist noch sehr zufrieden mit seinem Leben, mehr als die Hälfte (56 Prozent) sind eher zufrieden. Das klingt erst einmal nicht nach schlechter Lage.

Aber 2020, mitten in der Corona-Pandemie, war die Bevölkerung noch optimistischer. 46 Prozent der Befragten sagten, sie seien sehr zufrieden mit ihrem Leben, 49 Prozent waren eher zufrieden. Seither hat sich auch der Anteil der Menschen, die mit ihrem Leben unzufrieden sind, auf gut zwölf Prozent verdoppelt.