Berlin. Volle Züge zeigen, wie beliebt das 9-Euro-Ticket ist. Gibt es im Herbst eine Verlängerung? Ein neuer Vorschlag heizt die Debatte an.

  • Der VDV spricht sich für ein dauerhaftes Klimaticket für Deutsche Bahn und Nahverkehr aus
  • Statt 9 Euro soll das Ticket 69 Euro kosten
  • Wo das Klimaticket konkret gültig sein soll

Auch über den Sommer hinaus soll das beliebte Klimaticket für den Nahverkehr erhalten bleiben zumindest wenn es nach den Verkehrsunternehmen geht. Der Verband Deutscher Verkehrunternehmen (VDV) fordert ein dauerhaftes 69-Euro-Ticket. Unterstützt wird der Vorschlag von Teilen der SPD.

Bundesweit soll es mit dem Ticket möglich sein, im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) fahren. Für das laufende Jahr soll der Rettungsschirm für Verkehrsunternehmen die Finanzierung gewährleisten. Wie sich die Fahrkarte langfristig tragen kann, ist noch zu klären.

Bahn: Klimaticket könnte zu Kündigungswelle bestehender Abos führen

"Ausgehend von der Prämisse, dass die ÖPNV-Tarife der Verkehrsverbünde für das Gros der Fahrgäste weiterhin attraktiv sein werden, schlagen wir insbesondere für diejenigen, die sich in der Marktforschung als relevante Zielgruppe erwiesen haben – zahlungswillige Autofahrerinnen und -fahrer – ein bundesweit gültiges ÖPNV-Klimaticket für 69 Euro pro Monat als einfache Fahrtberechtigung der 2. Klasse vor", teilte VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff am Donnerstagabend mit. Zuvor hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" darüber berichtet.

Weil das neue Klimaticket nicht automatisch übernommen werden würde wie das 9-Euro-Ticket, könnten sich viele ÖPNV-Abonnenten künftig umorientieren und ihr bisheriges Abo kündigen.

"Die Branche ist in der Lage, ab dem 1. September ein solches Klimaticket anzubieten", sagte Wolff. Vorraussetzung sei ein schneller Antrag seitens der Politik. Mit rund zwei Milliarden Euro im Jahr rechnet Wolff für die Weiterführung des Klimatickets. Für dieses Jahr ließen sich diese Kosten noch über den mit der Politik ausgehandelten Rettungsschirm für die Verkehrsunternehmen finanzieren. "Für das neue Jahr braucht es dann eine neue Regelung."

Deutsche Bahn: Haßelmann wirbt Nachfolgemodell zum 9-Euro-Ticket

Auch in der Politik werden die Stimmen für eine Nachfolgeregelung lauter. Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann rief zu einer Verständigung über ein Nachfolgemodell des 9-Euro-Tickets auf. "Die hohe Inanspruchnahme des 9-Euro-Tickets zeigt, was für ein Erfolgsmodell das ist", sagte sie dieser Redaktion. "Bezahlbare und einfache Angebote im ÖPNV, bei denen Menschen nicht nachdenken müssen, ob sie die Tarifzone oder das Bundesland wechseln, werden genutzt. Hier sind jetzt Bund und Länder gemeinsam gefragt, Ideen zu entwickeln, wie ein dauerhaftes attraktives Angebot aussehen kann."

Haßelmann kritisierte zugleich Interviewäußerungen von CSU-Chef Markus Söder als populistisch und forderte mehr Ernsthaftigkeit in der Entlastungsdebatte. "Wir stehen in der Verantwortung, besonders die Menschen zu unterstützen, die schon jetzt ganz akut kaum oder keine finanziellen Spielräume mehr haben", sagte sie. "Gerade Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, über nur kleine Renten oder geringe Einkommen verfügen, brauchen Unterstützung am drängendsten."

69-Euro-Ticket als Anreiz für weniger Autofahren?

Auch SPD-Fraktionsvizechef Detlef Müller plädierte im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag) für eine Nachfolgeregelung. "Ob ein Anschlussticket dann 39, 49 oder 69 Euro kostet, ist zweitrangig", sagte er. "Es muss aber in einem Rahmen sein, der psychologisch wirkt und sich für Menschen lohnt, ihr Auto stehen zu lassen."

Das 9-Euro-Ticket führt derzeit zu deutlich mehr Passagieren im bundesweiten Nahverkehr. Vorbild für eine dauerhafte Neuregelung?
Das 9-Euro-Ticket führt derzeit zu deutlich mehr Passagieren im bundesweiten Nahverkehr. Vorbild für eine dauerhafte Neuregelung? © Jan Woitas/dpa

Bis zur Verkehrsministerkonferenz im Herbst soll ein Vorschlag für eine Fortsetzung des Tickets und deren Finanzierung zu entwickeln, fordert Müller. "Ich fände es gut, wenn Bund und Länder sich auf ein dauerhaftes Modell verständigen könnten, an dem sich die Länder jedoch ähnlich beteiligen wie bei dem Corona-Rettungsschirm." Die Frage der Finanzierung sei wichtiger als die Frage, wann ein neues Angebot starte. "Denn klar ist, dass ein preiswertes Ticketangebot nicht zulasten des Ausbaus und des Betriebs im ÖPNV finanziert werden kann."

Mit dem 9-Euro-Ticket können Fahrgäste noch bis Ende August für 9 Euro pro Monat im ÖPNV durch ganz Deutschland fahren. Mit der dreimonatigen Aktion sollen Bürger entlastet werden. Zum anderen soll der Umstieg auf Busse und Bahnen attraktiver werden. (sk/dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.