Berlin. Die Sachverständigenkommission, die die Corona-Maßnahmen bewerten sollte, lässt viele Fragen offen. Nur bei Schulschließungen nicht.

Eines ist ganz sicher. Der Herbst kommt und mit ihm die nächste Corona-Welle, die jetzt schon Fahrt aufnimmt. Doch wie rüsten sich Bund und Länder, welche Maßnahmen sollten ergriffen werden? Das ist wieder einmal die Corona-Gretchenfrage.

Schließlich wollen Bundesjustizminister Marco Buschmann und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bereits am Schutzkonzept für den Herbst arbeiten. Lauterbach erwarte eine „schwere“ Welle. Dieses Mal will man besser vorbereitet sein als 2020 und 2021.

Corona: Werden Gutachter Fehler und Versagen benennen?

Wer gehofft hatte, dass das jetzt vorgestellte Gutachten der Sachverständigenkommission über die Sinnhaftigkeit der staatlichen verordneten Corona-Maßnahmen in der Vergangenheit konkrete Erkenntnisse für die Zukunft liefern würde, wurde wohl ein wenig enttäuscht. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen hatten von Bundestag und Bundesregierung den Auftrag erhalten, die staatlichen Maßnahmen zu bewerten. Würden sie Versagen und Fehlentscheidungen beim Namen nennen?

Nein, lautete die Antwort. Schuldzuweisungen und konkrete Handlungsanweisungen scheuten sie wie der Teufel das Weihwasser. Dafür hätten sie nicht genug Daten als Grundlage gehabt. Zumindest das ist eine Erkenntnis: Das Gesundheitssystem und die Vermessung der Pandemie laufen und liefen immer noch zu undigital – und somit nicht auf der Höhe der Zeit.

Corona-Maßnahmen: Nie wieder Schulschließungen!

Nur in einem Punkt wurden die Wissenschaftler deutlich: Die Schulschließung hätten für Familien, besonders Kinder und Mütter fatale Folgen gehabt. Bei Kindern hätte es einen Anstieg von Depressionen, Angst, Gewicht und schulischer Defizite gegeben. Mütter hätten weniger bezahlte Arbeit geleistet, dafür aber mehr unbezahlte. Frauen mit Kindern seien in alte gesellschaftliche Muster zurückgedrängt , ihre Karrieren seien gestoppt worden.

Auch diese Erkenntnis ist nicht neu, doch wenn neue Schutzmaßnahmen diskutiert werden, darf die Schulschließung künftig nur im allerschwersten Pandemie-Szenario erfolgen. Nicht noch ein Corona-Herbst, der für Familien, Kinder und Mütter zu schweren Belastung wird, körperlich, psychisch und sie in Bildung und Beruf zurückwirft.

Masken wirken, wenn sie richtig getragen werden

Diana Zinkler, Textchefin Zentralredaktion
Diana Zinkler, Textchefin Zentralredaktion © FMG | FMG

Ansonsten formulierten Experten vorsichtige wie bereits bekannte Erkenntnisse, wie „Masken wirken“, schränkten solche Aussagen aber gleich ein: „Nur wenn sie korrekt getragen werden“. Oder „ein Lockdown hat einen Effekt“, nur nicht auf Dauer, denn die Bereitschaft der Bevölkerung lasse irgendwann nach. Gleiches gelte für die Kontaktverbote.

Auch bei der staatlichen Förderung der Wirtschaft und Industrie durch Kurzarbeiter- und Überbrückungsgeld wurde letztlich nicht klar, ob sie notwendig gewesen seien. Denn man wisse ja nicht, wie schlecht oder gut es der deutschen Wirtschaft ergangen wäre, ohne das staatliche Eingreifen. Es fehlten die Beweise. Insofern war das Gutachten eine Enttäuschung, und trotzdem kann man daraus Schlüsse ziehen.

Corona-Infektionsschutzgesetz braucht alle Möglichkeiten

Die schwachen Aussagen der Experten kann man nämlich auch so interpretieren, dass alle Maßnahmen auch künftig möglich sein müssen, so wie es die Amtsärzte fordern: Das neugeregelte Infektionsschutzgesetz brauche den ganzen Instrumentenkasten der Schutzmaßnahmen von 2G, über Testpflicht, Maskenpflicht bis Schulschließungen.

Doch ohne transparente, klare Kommunikation und Überzeugungskraft geht es genauso wenig. Keine dieser Maßnahmen wird funktionieren, wenn die Bevölkerung nicht mitzieht. Zumindest das haben die vergangenen zwei Jahre bewiesen.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.