London. „Trooping the Colour“: Parade zu Ehren von Elizabeth findet ohne die Königin statt. Ihre Kräfte lassen nach – abdanken wird sie nicht.

Charles soll es machen. Schon wieder. In vielen Londoner Straßen wehen bereits die Union-Jack-Flaggen, die ganze Stadt putzt sich heraus für die große Militärparade zu Ehren der seit 70 Jahren amtierenden Königin. Doch die Queen ist unpässlich. Also muss ihr Sohn einspringen.

Schon zur Parlamentseröffnung Anfang Mai hatte sich der Thronfolger seine Admiralsuniform angezogen und seine betagte Mutter offiziell vertreten. Nun rückt der 73-Jährige erneut in den Fokus der Aufmerksamkeit.

Ihre Absage ist eine Zäsur. Erstmals seit ihrer Krönung wird Elizabeth II. bei der jährlichen Traditionsveranstaltung „Trooping the Colour“ am Donnerstag (2. Juni) nicht selbst auf der Tribüne sitzen, um den an ihren Geburtstag im April und ihre Thronbesteigung im Jahr 1952 erinnernden Reitern und Kutschen lächelnd zuzuwinken. Das will die „Sunday Times“ erfahren haben. Mehr zum Thema: Queen: Sechs Mitglieder ihrer Leibgarde festgenommen

Die am Stock gehende Queen kämpft mit ihrem Körper

Trotzdem werden noch einmal alle ihretwegen kommen. Tausende Zuschauer rund um den Buckingham-Palast und Millionen an den Fernsehern sind dabei, und sogar Prinz Harry (37) und Herzogin Meghan (40) haben sich angekündigt, wie der „Telegraph“ berichtet.

Das abtrünnige, nach Kalifornien verzogene Paar wolle zusammen mit den beiden kleinen Kindern nach England reisen, um Harrys weltberühmte Oma wiederzusehen. Die Queen ist schließlich 96 Jahre alt. Es könnte die letzte große Parade zu ihren Lebzeiten sein. Auch interessant: Queen Elizabeth: Bezauberndes Kinderfoto zum 96. Geburtstag

Letzte Handgriffe vor dem großen Tag: Mitarbeiterinnen von Madame Tussauds richten eine Wachsfigur der Queen her.
Letzte Handgriffe vor dem großen Tag: Mitarbeiterinnen von Madame Tussauds richten eine Wachsfigur der Queen her. © dpa | Victoria Jones

In der britischen Hauptstadt laufen längst die Vorbereitungen für den Tag X, an dem sie ihre Verpflichtungen nicht wird wahrnehmen können. Das nachelisabethanische Zeitalter kündigt sich an. Lange stellte sich die Königin mit schonungsloser Arbeitsethik ihren Aufgaben, doch ihre Kräfte lassen erkennbar nach.

„Die Queen hat nicht unbedingt gesundheitliche Probleme, aber Probleme mit ihrer Mobilität“, erklärt „Telegraph“-Mitherausgeberin Camilla Tominey (44). „Sie kann nicht mehr für längere Zeit stehen oder längere Strecken laufen.“ Wegen Rückenproblemen reite sie nicht mehr und gehe nicht mehr mit ihren geliebten Hunden Gassi.

Queen lässt sich von Charles vertreten

Sie werde weiterhin Termine wahrnehmen, verlasse Schloss Windsor vor den Toren Londons aber kaum noch. „Die Leute werden zur Queen kommen, anstatt dass sie zu ihnen reist“, sagt Tominey. Wie sehr die am Stock gehende Dame mit ihrem Körper zu kämpfen hat, wurde im März beim Gedenkgottesdienst für den nach 73 Ehejahren im Frühjahr 2021 verstorbenen Prinzgemahl Philip (†99) in der Westminster-Abtei mehr als deutlich. Da wirkte sie, als falle ihr jede Regung schwer. Sie könne sich nicht bewegen, verriet die Queen kürzlich selbst.

Immer häufiger sagt sie ihre Teilnahme selbst an Ereignissen ab, die sie früher mit eiserner Disziplin hinter sich brachte. Routinemäßige Repräsentationsveranstaltungen wie Ritterschläge werden ohnehin schon seit Jahren überwiegend von Charles, dessen Sohn William (39) sowie der 71-jährigen Prinzessin Anne, der einzigen Tochter der Queen, wahrgenommen.

Union-Jack-Flaggen schmücken das Londoner Zentrum.
Union-Jack-Flaggen schmücken das Londoner Zentrum. © IMAGO / ZUMA Wire | IMAGO/Bianca Otero

Die Krone darf er zwar noch nicht tragen, dennoch wird Charles immer mehr zum Gesicht der britischen Monarchie. „Der Thronfolger steht kurz davor, de facto Prinzregent zu werden“, sagt Peter Hunt, 20 Jahre lang Royals-Kommentator der BBC.

Abdanken kommt für die Queen aber nicht in Frage. Immerhin hat sie ihrem Volk bei der Krönung versprochen, ihr Leben lang dienen zu wollen – „mag es kurz oder lang sein“. Als Oldie fühlt sie sich erklärtermaßen nicht: Die Frau ist zwar gebrechlich, für ihr hohes Alter aber relativ fit. Im Februar erst hat sie eine Corona-Infektion überstanden. Lesen sie hier: Queen hat Corona – Sorge um Elizabeth II. wird größer

Gut möglich, dass sie sich im Anschluss an die „Trooping the Colour“-Parade auf dem Palastbalkon zeigt. Oder relativ spontan bei anderen Veranstaltungen der viertägigen Feier zum Platinjubiläum vorbeischaut.