Turin. Beim Eurovision Song Contest 2022 am 14. Mai treten 25 Länder an. Ein Überblick über die Finalisten und die Startreihenfolge der Acts.

  • Der Eurovision Song Contest 2022 findet heute ab 21 Uhr statt
  • Ausgetragen wird der 66. ESC im italienischen Turin
  • In dieser Startreihenfolge treten die Final-Acts an

In Turin, Gastgeber des diesjährigen Eurovision Song Contest, steht der Sieger der Herzen schon fest: das Kalush Orchestra aus der Ukraine. Das Männer-Trio mischt Folklore mit Rap, zeitgemäßen Beats und einem Schuss Exzentrik. Das reißt mit. Und die Solidarität für das Kriegsland ist groß. Denn natürlich ist der ESC alles andere als unpolitisch.

Auch die Wettbüros sehen das Kalush Orchestra als Sieger. Doch bei den Prognosen für die Halbfinale war die Trefferquote der Wettbüros alles andere als präzise. Darauf muss auch der deutsche Sänger Malik Harris am heutigen Abend hoffen – er wird derzeit auf Platz 24 der Buchmacher geführt. Der Kompass fürs Finale.

ESC 2022: Die Finalisten in der Startreihenfolge

  1. Tschechien: We Are Domi – „Lights Off“: Beziehungsende, Lichter aus, Neustart. „Wo bist du jetzt, wenn ich dich vermisse?“ Electro Dance Music mit der klaren Botschaft: Endlich wieder feiern! Der Saal tobt.
  2. Rumänien: WRS – „Llámame“: Eine Hymne für Vielfalt und die Geschichte vom hässlichen Entlein – Latino-Power mit kurzem Männerpaartanz.
  3. Portugal: MARO – „Saudade, Saudade“: Saudade, das portugiesische Lebensgefühl zwischen Sehnsucht und Weltschmerz – Trauerrunde für den verstorbenen Großvater. Ergreifend!
  4. Finnland: The Rasmus – „Jezebel2003“: Mit „In the Shadows“ auf Platz 1 in Deutschland, versucht es die Band aufs Neue. Ihre Jezebel ist wie die biblische Isabel: verführerisch und gefährlich zugleich.
  5. Schweiz: Marius Baer – „Boys Do Cry“: Wenn des nachts der Wolf heult, dann nicht, weil er stark ist, sondern weil er nach Liebe schreit. Auch Jungs weinen! Leise Ballade des gelernten Mechanikers über Geschlechterrollen.
  6. Frankreich: Alvan & Ahez – „Fulenn“: Bretonisch gesungener Elektropop entführt in die Tiefen der bretonischen Elfenwälder. Eine düstere Legende über den Tanz eines jungen Mädchens mit dem Teufel, feministisch erzählt. Der Funke (Fulenn) könnte durchaus zünden.
  7. Norwegen: Subwoolfer – „Give That Wolf A Banana“: „The Masked Singer“ erobern die ESC-Bühne: Soll man den außerirdischen nicht-binären Wölfen die Großmutter opfern oder eine Banane anbieten? Wirkungsvoll und spaßig – doch wer singt da überhaupt live?
  8. Armenien: Rosa Linn – „Snap“: Befreiung aus selbst gewählter Isolation nach einer Trennung – wenn das doch mit einem Fingerschnippen getan wäre! Eingängiger, radiotauglicher Pop.
  9. Italien: Mahmood & Blanco – „Brividi“: Brividi lässt sich mit Schaudern oder Prickeln übersetzen – ausgelöst durch eine intensive, aber toxische schwule Liebesbeziehung! Einfühlsam, bewegend, aber stimmlich leider nicht immer meisterhaft. Die Sieger des San-Remo-Festivals genießen Favoritenstatus.
  10. Spanien: Chanel – „SloMo“: Auf Brividi folgt der Holzhammer einer Las-Vegas-Show: eine der wenigen Uptempo-Nummern im Finale. Gefährlich perfekt und eingängig, aber als Rollenmodell ungeeignet. Fanfavorit!
  11. Niederlande: S10 – „De Diepte“: Gefangen in einem Käfig aus Depression und Psychose sehnt sich Stien (S10) nach Befreiung. Authentisch und berührend!
  12. Ukraine: Kalush Orchestra – „Stefania“: Mitreißende Mischung aus Folklore und Rap! Vor dem Krieg als Ode an die Mutter des rosabehelmten Rappers geschrieben, aber mit prophetischer Textzeile: „Ich werde immer meinen Weg nach Hause finden, auch wenn alle Straßen zerstört sind.“ Buchmacher-Favorit!
  13. Deutschland: Malik Harris – „Rockstars“: Szenerie: Im Kellerstudio des 24jährigen Sängers. Handlung: Malik spielt mithilfe einer Loop-Station seinen Song ein. Inhalt: Als Kinder waren wir Rockstars ohne Furcht, mit dem Erwachsenwerden fürchten wir uns, ein Niemand zu sein. Authentisch, ehrlich, radiotauglich und dennoch leider wenig Chancen auf viele Punkte.
  14. Litauen: Monika Liu – „Sentimental“: Auch wenn sie litauisch singt, klingt es wie ein französisches Chanson – mit viel Eleganz, Verve und Charme vorgetragen. Sentimentale Erinnerung an eine verlorene Liebe: wie sie damals in den Dünen der Kurischen Nehrung stand und er durch dunkle Gischt auf sie zuschwamm.
  15. Aserbaidschan: Nadir Rustamli – „Fade To Black“: Ein rothaariger Barde trauert stimmgewaltig um eine Beziehung. Dabei singt er viel über das Wetter. Ein Stimmungsaufheller wäre danach hilfreich.
  16. Belgien: Jérémie Makiese – „Miss You“: Doch es folgt weiterer Liebeskummer: Belgien schickt einen großartig singenden Profi-Torwart mit vier Tänzern. Würden diese mitsingen, wäre es die perfekte Boyband. Der Ausgang des Abends wird entscheiden: Fußball oder Gesangskarriere?
  17. Griechenland: Amanda Georgiadi Tenfjord – „Die Together“: Eindrückliche griechische Tragödie: Gemeinsam zu sterben als dysfunktionaler Lösungsvorschlag für eine toxische Beziehung? Leicht angsteinflößend!
  18. Island: Systur – „Með Hækkandi Sól“: Die Botschaft ist klar und schön wie die Stimmen: Auf jeden dunklen Winter folgt im Frühling Sonnenschein! Wenn sie nicht singen, engagieren sich die Schwestern (Systur) für Transmenschen – und für ihren Bruder, den sie als Schlagzeuger mitbringen.
  19. Moldau: Zdob şi Zdub and Advahov Brothers – „Trenulețul“: Folkloristisch-rockiger Gassenhauer, vordergründig über eine Fahrt mit dem Zug (Trenulețul) von Chișinău ins rumänische Bukarest, hintergründig über die Sehnsucht nach EU-Anbindung. Zum Mitklatschen!
  20. Schweden: Cornelia Jakobs – „Hold Me Closer“: Das neunte Beziehungsende des Abends liefert Schweden. Liebesglück suchen wir in diesem Jahr vergeblich. Die typisch schwedische Erfolgsware liegt in den Wetten auf Platz 3.
  21. Australien: Sheldon Riley – „Not The Same“: Queeres Selbstbewusstsein in einer 40 Kilogramm schweren Robe. Das Abnehmen der Gesichtsmaske symbolisiert den Befreiungsschlag nach erlittenen Verletzungen. Sheldons Vorbild: Conchita Wurst.
  22. Großbritannien: Sam Ryder – „Space Man“: Stimmlich geht er ab wie ein Raumschiff, der sehr hippelige, langhaarige Brite in seinem bestickten Raumfahrer-Overall. Doch brauchen Astronauten Gitarren-Soli? In den Wetten auf Platz 2.
  23. Polen: Ochmann – „River“: Polnische Saudade: ein Mensch nach dem Zusammenbruch, erledigt, fertig und kraftlos, bittet Gott, seinen Körper vom Fluss hinweg tragen zu lassen – herzergreifend trauriger Gospel!
  24. Serbien: Konstrakta – „In Corpore Sano“: Minimalistisch und rhythmisch – dazu eine starke Botschaft: Gesundheitskult als neue Religion birgt Gefahren. Zumal nicht immer in einem gesunden Körper auch ein gesunder Geist steckt. Artifiziell und besonders!
  25. Estland: Stefan – „Hope“: Am Ende des Abends: Hoffnung in einer apokalyptischen Welt im Western-Style und in Sepiafarben mit einem dauergrinsenden, jungen Johnny Cash. Fanliebling!

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.