Turin . Sheldon Riley vertritt Australien mit dem Song „Not The Same“ beim ESC. Darin geht es um die Themen Homosexualität, Autismus und Armut.

Mit einem stählernen Vorhang, der nur sein Gesicht bedeckt, steht er auf der Bühne. Sheldon Riley tritt beim Eurovision Song Contest (ESC) 2022 für Australien an. Eine mutige Wahl, wenn man bedenkt, dass der Song weniger von Show als vielmehr von Emotionen lebt.

Allerdings ist genau das auch das Problem: „Not The Same“ könnte genauso gut im Duden hinter dem Wort Pathos stehen. Noch ein Schnörkel, noch ein Schluchzen, noch ein herabfallender Ton. Bereits 2015 schrieb der Australier den Song. Seitdem habe er nach eigener Aussage daran gearbeitet – bis zu Teilnahme beim Vorentscheid „Australia Decides“ für den diesjährigen ESC. Ob dem Song das gut getan hat?

ESC: Sheldon Riley hat eine bewegende Geschichte zu erzählen

Zeitlos ist er allemal. Aber er lebt von den Emotionen, die auf die Bühne gebracht werden. Schon im Vorentscheid zeigte sich der 23-Jährige zitternd, mit brechender Stimme. Eine Performance, die sowohl Jury als auch Publikum überzeugte und berührte. Doch wenn er das immer wiederholt, von Emotionen geschüttelt auf der Bühne stehen, dann wirkt es irgendwann nur noch affektiert.

Der australische Kandidat: Sheldon Riley singt
Der australische Kandidat: Sheldon Riley singt "Not The Same". © EBU/Eurovision Song Contest

Und das wäre schade – hat Sheldon Riley doch durchaus etwas zu erzählen: „Es ist die Geschichte, von der ich nie gedacht hätte, dass ich sie jemals erzählen könnte. Geschrieben aus den Erinnerungen eines Kindes, bei dem im Alter von 6 Jahren das Asperger-Syndrom diagnostiziert wurde”, erzählte er dazu dem Online-Blog ESC-Kompakt.

“Ich wuchs in Sozialwohnungen auf, zog von Haus zu Haus, wusste nichts von meiner Sexualität und lebte in einer tief religiösen Familie. Die Weichen waren bereits gestellt, dass ich nie in der Lage sein würde, andere Menschen richtig zu verstehen oder mit ihnen zu interagieren“.

Der Australier hat Kampfgeist und Wettbewerbserfahrung

Mit Zeilen wie „I was told at six years old, they'd avoid me if my heart was cold. Found it hard to talk and speak my mind, they never liked the things that I would like” wird klar: In “Not The Same” geht es vor allen Dingen um das Gefühl, ein Außenseiter zu sein.

Sowohl der Text als auch die Musik sollen laut Sheldon Riley Momente von „Licht und Dunkelheit“, sowie „Angst und Hoffnung“ aufkommen lassen. Obwohl man anders als andere Menschen sei, sei man nicht alleine. Eigentlich eine Hoffnung stiftende Botschaft, würde der Song nicht so emotional überfrachtet wirken.

Bereits 2016 nahm Riley an „X Factor Australia“ teil. Zweimal war er bei „The Voice Australia“, wo er 2018 schließlich Dritter wurde. 2020 dann „America’s Got Talent“, wo er das Viertelfinale erreichte. Wettkampf- und Bühnenerfahrung hat er also zur Genüge.

Australien als Erfolgsgarant beim ESC

Die Buchmacher sehen ihn auf diversen Wettportalen unter den Top Ten. Somit scheint der Einzug vom zweiten Halbfinale am 12. Mai ins Finale am 14. Mai fast schon sicher. Das würde bei der überschaulichen ESC-Historie Australiens auch nicht weiter überraschen: Immerhin kann Australien auf einen beachtlichen Erfolg blicken.

Mit vier von insgesamt sechs Beiträgen landet das Land in der linken Tabellenhälfte unter den Top 13. Nur einmal schaffte es Australien nicht ins Finale. Damit zählt es insgesamt zu den erfolgreichsten Teilnehmern des Wettbewerbs.

Dieser Artikel ist zuerst bei morgenpost.de erschienen.