Turin. Mit einem “The Voice“-Sieger versucht Aserbaidschan beim ESC zu überzeugen. Trotz bekannter Komponisten scheint das unwahrscheinlich.

Man könnte meinen, er sei Model für Herren-Anzüge: Mit Nadir Rustamli schickt Aserbaidschan einen Newcomer zum "Eurovision Song Contest" (ESC), der in seinem Musikvideo rein optisch überzeugen kann. Musikalisch und vor allem inhaltlich bleiben aber einige Fragen offen.

So lässt das Video jeglichen Handlungsstrang vermissen. Der Sänger ist mal im Porträt, dann in Gänze zu sehen, schreitet durch einen Wald, zwischen Gebäuden entlang, lässt sich ins Wasser fallen. Dann ist die Videoatmosphäre so kühl, dass jegliche Emotionen, die bei dem immer wiederkommenden herzzerreißenden "Weather" aufkommen könnten, direkt wieder erlöschen. Und überhaupt ist man nach dem Musikvideo eher verwirrt, als im Klaren, für was "Fade To Black" stehen soll.

Wenig Worte beim ESC-Beitrag von Aserbaidschan

Abgesehen davon, dass der Wortschatz des Songs nicht wirlich groß ist, wird nur klar, dass da jemand Liebeskummer hat und für all die negativen Emotionen nun auch noch das Wetter verantwortlich macht. "You back off slowly through the door, you always go and blame the weather, the weather. It hurts so fast when love goes bad, until at last we fade to black. And I’m numb, numb numb, numb”, heißt es etwa.

Der Blick auf die Komponisten scheint eigentlich erfolgversprechend: Das dänisch-schwedische Duo Thomas Stengaard und Andreas Stone Johansson hat schon an zahlreichen ESC-Songs gearbeitet. Stengaard war etwa an dem ESC-Siegertitel "Only Teardrops" von Emmelie de Forest beteiligt, war aber auch für den deutschen Flop "Sisters" von 2019 verantwortlich. Johansson schrieb an John Lundviks "Too Late For Love". An dessen Erfolg wird Aserbaidschan 2022 aber wohl nicht anknüpfen können.

ESC 2022: Das sind die Kandidatinnen und Kandidaten

Für Deutschland tritt bei ESC 2022 Malik Harris mit seinem Song 
Für Deutschland tritt bei ESC 2022 Malik Harris mit seinem Song "Rockstars" an. © Britta Pedersen/dpa-POOL/dpa
Die albanische Kandidatin ist Ronela Hajati mit
Die albanische Kandidatin ist Ronela Hajati mit "Sekret". © EBU/Eurovision Song Contest
Für Armenien tritt Rosa Linn mit
Für Armenien tritt Rosa Linn mit "Snap" an. © Robert Koloyan/EBU/Eurovision Song Contest
Der australische Kandidat: Sheldon Riley singt
Der australische Kandidat: Sheldon Riley singt "Not The Same". © EBU/Eurovision Song Contest
LUM!X & Pia Maria repräsentierten beim ESC 2022 Österreich mit
LUM!X & Pia Maria repräsentierten beim ESC 2022 Österreich mit "Halo". © Felix Vrantny/EBU/Eurovision Song Contest
Vertritt Aserbaidschan: Nadir Rustamli mit
Vertritt Aserbaidschan: Nadir Rustamli mit "Fade To Black". © ICTIMAI TV/EBU/Eurovision Song Contest
Jérémie Makiese tritt mit
Jérémie Makiese tritt mit "Miss You" für Belgien an. © Henri Doyen/EBU/Eurovision Song Contest
Die bulgarische Band Intelligent Music Project nimmt mit
Die bulgarische Band Intelligent Music Project nimmt mit "Intention" teil. © Orlin Nikolov/EBU/Eurovision Song Contest
Mia Dimšić ist die Kandidatin aus Kroation. Sie tritt mit
Mia Dimšić ist die Kandidatin aus Kroation. Sie tritt mit "Guilty Pleasure" an. © Goran Čižmešija /EBU/Eurovision Song Contest
Zypern will sich den Sieg mit Andromache und
Zypern will sich den Sieg mit Andromache und "Ela" sichern. © Konstantino Maolas/EBU/Eurovision Song Contest
Tschechien tritt mit einer Band an: We Are Domi mit
Tschechien tritt mit einer Band an: We Are Domi mit "Lights Off". © Barbora Nosková/EBU/Eurovision Song Contest
Reddi mit
Reddi mit "The Show" will für Dänemark gewinnen. © Agnete Schlichtkrull/EBU/Eurovision Song Contest
Für Estland tritt Stefan mit
Für Estland tritt Stefan mit "Hope" an. © Ako Lehemets/EBU/Eurovision Song Contest
Die finnischen Kandidaten für den Eurovision Song Contest: The Rasmus mit
Die finnischen Kandidaten für den Eurovision Song Contest: The Rasmus mit "Jezebel". © Venla Shalin/EBU/Eurovision Song Contest
Auch für Frankreich tritt eine Band an: Alvan & Ahez mit
Auch für Frankreich tritt eine Band an: Alvan & Ahez mit "Fulenn". © Thomas Braut/EBU/Eurovision Song Contest
Die griechische Kandidatin Amanda Georgiadi Tenfjord mit
Die griechische Kandidatin Amanda Georgiadi Tenfjord mit "die toegther". © Kostas Karydas/EBU/Eurovision Song Contest
Andrea Koevska, auch bekannt nur unter ihrem Vornamen Andrea, ist eine nordmazedonische Sängerin. Beim ESC singt sie
Andrea Koevska, auch bekannt nur unter ihrem Vornamen Andrea, ist eine nordmazedonische Sängerin. Beim ESC singt sie "Circles". © Martin Trajanovski/EBU/Eurovision Song Contest
Brooke Scullion wird Irland mit dem Lied
Brooke Scullion wird Irland mit dem Lied "That's Rich" vertreten. © Ruth Medjber/EBU/Eurovision Song Contest
Chanel Terrero Martínez wird Spanien mit dem Lied
Chanel Terrero Martínez wird Spanien mit dem Lied "SloMo" vertreten. © TVE/EBU/Eurovision Song Contest
Die Band Circus Mircus treten mit
Die Band Circus Mircus treten mit "Lock Me In" für Georgien an. © EBU/Eurovision Song Contest
Citi Zēni singen
Citi Zēni singen "Eat Your Salad" für Lettland. © Citi Zēni/EBU/Eurovision Song Contest
Cornelia Jakobs singt
Cornelia Jakobs singt "Hold Me Closer" für Schweden. © SVT/EBU/Eurovision Song Contest
Achille Lauro ist die Stimme für San Marino. Er geht mit dem Punkrock-Song
Achille Lauro ist die Stimme für San Marino. Er geht mit dem Punkrock-Song "Stripper" ins Rennen. © Luca D'Amelio/EBU/Eurovision Song Contest
Mahmood & Blanco singen
Mahmood & Blanco singen "Brividi" für Italien. © Giulia Bersani/EBU/Eurovision Song Contest
Marius Bear singt
Marius Bear singt "Boys Do Cry" für die Schweiz. © SRF/EBU/Eurovision Song Contest
Michael Ben David tritt mit
Michael Ben David tritt mit "I.M" für Israel an. © Shahar Arbiv/EBU/Eurovision Song Contest
Portugal wählt
Portugal wählt "Saudade saudade" von Maro für den Wettbewerb. © Joey Schultz/EBU/Eurovision Song Contest
 Emma Muscat singt
Emma Muscat singt "I Am What I Am" für Malta. © Matthew B. Spiteri/EBU/Eurovision Song Contest
Kalush Orchestra  tritt mit
Kalush Orchestra tritt mit "Stefania" für die Ukraine an. © Maxim Fesenko/EBU/Eurovision Song Contest
Serbien schickt Konstrakta mit
Serbien schickt Konstrakta mit "In corpore sano" zum ESC. © Kosta Đurakovic/EBU/Eurovision Song Contest
Die Nachwuchsband LPS geht mit
Die Nachwuchsband LPS geht mit "Disko" ins Rennen für Slowenien. © RTV Slovenia/EBU/Eurovision Song Contest
Tiktok-Star Sam Ryder singt beim ESC für Großbritannien
Tiktok-Star Sam Ryder singt beim ESC für Großbritannien "Space Man". © Parlophone Music/EBU/Eurovision Song Contest
Litauen schickt Monika Liu mi dem Lied
Litauen schickt Monika Liu mi dem Lied "Sentimentai" zum Eurovision Song Contest. © Monika Liu/EBU/Eurovision Song Contest
Moldavien schickt die Band Zdob şi Zdub & Fraţii Advahov mit dem Lied
Moldavien schickt die Band Zdob şi Zdub & Fraţii Advahov mit dem Lied "Trenuleţul" ins Rennen. © Zdob şi Zdub/EBU/Eurovision Song Contest
Norwegen geht mit dem Lied
Norwegen geht mit dem Lied "Give That Wolf A Banana" von Subwoolfer ins Rennen. © NRK/EBU/Eurovision Song Contest
Die Schweszern Systur treten mit
Die Schweszern Systur treten mit "Með hækkandi sól" für Island auf. © RÚV/EBU/Eurovision Song Contest
Vladana singt
Vladana singt "Breathe" für Montenegro. © Aleksandra Jovic/EBU/Eurovision Song Contest
Für Rumänien geht WRS mit
Für Rumänien geht WRS mit "Llámame" ins Rennen. © Vlad Adrei/EBU/Eurovision Song Contest
Ochman soll Polen mit
Ochman soll Polen mit "River" ins Finale führen. © Slawomir Kuchanski/EBU/Eurovision Song Contest
Niederlande schicken S10 mit
Niederlande schicken S10 mit "De Diepte" zum ESC. © Marie Wynants/EBU/Eurovision Song Contest
Die Band Citi Zēni tritt beim Eurovision Song Contest 2022 für Lettland an.
Die Band Citi Zēni tritt beim Eurovision Song Contest 2022 für Lettland an. © IMAGO / ANP
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Nadir Rustamli fehlen die Emotionen

Klarzustellen ist: Der Gesang von Nadir Rustamli ist wirklich astrein. So wie man es eben von einem 22-jährigen "The Voice"-Sieger erwartet. Nur die Emotionen, die es bei solch einer Ballade braucht, stellen sich irgendwie trotz scheinbar vor Schmerz verzogenem Gesicht nicht ein.

Im Januar wurde Nadir Rustamli zum Sieger von "The Voice of Azerbaijan" gekürt. Sein Coach war Eldar Gasimov. Kein Unbekannter für ESC-Fans: Im Duett mit Nikki gewann er 2011 in Düsseldorf mit "Running Scared" den Contest. Und da es Nadirs Wunsch war, einmal für sein Land beim ESC anzutreten, wählte er ebendiesen Coach. Eigentlich ein erfolgversprechendes Rezept.

Warum Aserbaidschan beim ESC dabei ist

Blickt man auf die vergangenen 14 Jahre der Teilnahme zurück, so gehört Aserbaidschan zu den erfolgreichsten Teilnehmern. Nur einmal wurde das Finale nicht erreicht, das war 2018 mit der Sängerin Aisel. Ansonsten schafften es 8 von 14 Beiträge in die linke Tabellenhälfte unter die Top 13, davon einmal Gold, einmal Silber, einmal Bronze.

Und wer sich wundert, warum Aserbaidschan überhaupt bei dem vermeintlich europäischen Musikwettbewerb dabei ist: Der Eurovision Song Contest ist für alle Mitglieder der European Broadcasting Union (EBU), ein Zusammenschluss öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten, geöffnet.

Sie schließt neben Europa auch verschiedene Nachbarländer und alle Anrainerstaaten des Mittelmeers ein, wodurch auch Rundfunkanstalten aus Nordafrika und dem Nahen Osten Mitglieder sind. Auch Australien, das 2015 zum ersten Mal am ESC teilgenommen hat, ist assoziiertes Mitglied der EBU. Nadir Rustamli wird beim ESC als vierter Teilnehmer im zweiten Halbfinale am 12. Mai an den Start gehen.

Dieser Artikel ist zuerst bei morgenpost.de erschienen.