Die strengen Corona-Maßnahmen fallen am 2. April weg, Länder und Politiker sind sich bei Hotspot-Regeln uneinig. Droht jetzt das Chaos?

Deutschland steuert auf das nunmehr dritte Osterfest in der Pandemie zu. Die Ansteckungszahlen mit dem Corona­virus bewegen sich weiterhin auf Rekordniveau. Dennoch hat die Ampel-Regierung unlängst dafür gesorgt, dass es lockere Feiertage werden dürften, zumindest was die gesetzlichen Rahmenbedingungen angeht. Die Folge: Abermals läuft die Republik sehenden Auges in ein pandemisches Regel-Wirrwarr hinein.

Bereits am Sonnabend endet die Übergangsfrist, bis zu der die Länder die Möglichkeit haben, die bisherigen strengen Corona-Maßnahmen beizubehalten. Ab dann ist bundesweit nur noch ein ­sogenannter Basisschutz vorgesehen. Strengere Auflagen wie etwa eine generelle Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen dürfen fortan nur noch verhängt werden, sofern die Landesparlamente per Beschluss einzelne Regionen zu Hotspots erklären.

Alessandro Peduto, Politik-Korrespondent.
Alessandro Peduto, Politik-Korrespondent. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

Corona-Regeln: Chaos wegen Hotspot-Regelungen droht

Feste Kriterien dafür gibt es nicht. Kein Wunder, dass sich schon jetzt Rechtsstreitigkeiten in einigen Ländern abzeichnen, in denen die Parlamente auf dieser wackeligen Grundlage Hotspots definieren wollen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD rät den Ländern dennoch zu einer großzügigen Ausrufung von Hotspots, um das Virus einzudämmen. Bundesjustizminister Marco Buschmann von der FDP tut derweil das Gegenteil. Er warnt die Länder vor einer allzu großzügigen Anwendung der Hotspot-Regelung. Die Corona-Politik gerät so zu einem To­hu­wa­bo­hu mit Ansage. Statt eines Freedom Day, wie ihn die FDP so gerne verkünden würde, drohen demnächst Chaostage. Und das ausgerechnet kurz vor den Osterferien. Lesen Sie auch: Corona: Kassenärzte-Chef fordert Ende der Isolationspflicht

Über die Festtage werden sich viele Menschen innerhalb Deutschlands zu Verwandten aufmachen oder einen Kurztrip ins benachbarte Ausland planen. Auch dort haben einige Länder die Corona-Maßnahmen stark heruntergefahren. Andere wie Österreich drehen die Schraube indes wieder an. Nach massiven Lockerungen vor einigen Wochen schlägt die Alpenrepublik nun erneut die entgegengesetzte Richtung ein und verschärft. Den Überblick darüber zu bekommen, was wo und wann im In- und Ausland gilt, bleibt schwierig.

Corona: Bringt das Durcheinander wirklich mehr Freiheit?

Hinzu kommt, dass nicht nur von Land zu Land und Region zu Region andere Regeln gelten können. Selbst beim Bummel durch die Einkaufsmeilen kann es künftig zu Unterschieden kommen: ein Geschäft mit Maskenpflicht, eines ohne. Die Festlegung trifft der Händler über sein Hausrecht. Beschäftigte und Kundschaft müssen sich daran halten. Gleiches gilt für die meisten anderen Arbeitsplätze. Auch dort geht es bald uneinheitlich zu. Jede Chefin und jeder Chef legt dann selbst fest, wie der Corona-Schutz für die Mitarbeiter aussieht.

Ob die Bürgerinnen und Bürger in diesem Durcheinander mehr Freiheit erkennen werden, ist fraglich. Befürworter der Lockerungen wie die FDP werden es als Errungenschaft ansehen, dass bald jeder selbst dafür verantwortlich ist, wie er sich vor Corona schützt. Lesen Sie auch: Drosten in letztem Podcast: "Virus hat uns immer überrascht"

Viele Menschen dürften sich trotzdem dazu entscheiden, die neue Freiheit vorerst nicht voll auszureizen, sondern vorsichtig zu bleiben. Etwa, weil sie einer Risikogruppe angehören, altersbedingt ein geschwächtes Immunsystem haben oder weil sie schlicht weiterhin andere schützen wollen. Denn tatsächlich steckt in der Ampel-Neuregelung auch die weniger freundliche Botschaft, dass die bisherige Pflicht zur Rücksichtnahme an Bedeutung verliert. Dass viele Bundesländer strengere Regeln befürworten, zeugt von politischer Reife, die die Ampel in ihrer Corona-Politik vermissen lässt. Dass etliche Länder wegen mangelnder Rechtssicherheit dennoch vor schärferen Auflagen zurückschrecken, zeigt, wie groß das Chaos nun ist.