Berlin. Probleme durch die Rente: Millionen Beschäftigte geben in den nächsten Jahren ihre Jobs auf. Kann der Arbeitsmarkt das noch verkraften?

Die Altersstruktur wird für Deutschland zunehmend zum Problem. Bereits heute fehlen rund 390.000 Fachkräfte in nahezu allen Branchen. Ob Handwerk, Industrie oder Gastronomie – überall wird gutes Personal händeringend gesucht. Und die Lage wird sich noch deutlich verschärfen.

Aktuell ist bereits fast jeder vierte Beschäftigte über 55 Jahre alt. In den nächsten zehn Jahren werden somit 7,3 Millionen Menschen aus dem Arbeitsleben ausscheiden und in Rente gehen. Mehr als zwei Millionen verabschieden sich aus Berufen, in denen schon jetzt Fachkräfte fehlen.

Dies hat eine repräsentative Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (Kofa) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ergeben, die unserer Redaktion vorliegt. Allein seit 2013 stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten über 55 Jahre um 2,5 Millionen Männer und Frauen an. Damit ist ihr Renteneinstiegsalter nicht mehr weit.

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Rentner und Rentnerinnen verschärfen den Fachkräftemangel

Ein schweres Los kommt auf die Logistikbranche zu: 32,4 Prozent der Berufskraftfahrer sind derzeit über 55 Jahre alt. Sollten diese 182.084 Personen in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen, wird sich der schon heute bestehende Fachkräftemangel in der Branche von bis zu 80.000 fehlenden Fahrern noch mal deutlich verschärfen.

Weitere Engpässe drohen im Gesundheitssektor. 40 Prozent der Führungskräfte in der Gesundheits- und Krankenpflege, in Rettungsdiensten und der Geburtshilfe sind ebenfalls über 55. In diesen Berufen könne schon heute für 90 Prozent der ausgeschriebenen Stellen kein Personal gefunden werden, heißt es in der Kofa-Studie.

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Deutschland belegt europaweit schon heute laut Studie einen Spitzenplatz in dieser Altersgruppe: So hat sich die Erwerbstätigenquote der über 55-Jährigen seit der Jahrtausendwende von 37,8 Prozent auf 71,7 Prozent verdoppelt. Die Zahl der Älteren stieg seit 2013 um 3,3 Millionen auf 30,9 Millionen Menschen im Jahr 2020.

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Rente: Müssen Rentner bald länger arbeiten?

Manche Unternehmen haben bereits ihr Ausbildungsangebot erhöht. Der Kofa-Leiter Dirk Werner spricht sich für ein flexibleres Renteneintrittsalter aus. „Wir sollten das Können und das Know-how erfahrener Fachkräfte möglichst lange nutzen, wenn sie das wollen. Das würde uns vor allem in solchen Berufen helfen, die bereits heute unter erheblichem Fachkräftemangel leiden.“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) bewertet den Fachkräftemangel in vielen Branchen als „hausgemacht“. „Beispiel Pflege: Obwohl der Bedarf an Arbeitskräften hoch ist, verlassen viele den Beruf aufgrund der zum Teil hoch belastenden Arbeitsbedingungen nach wenigen Jahren wieder“, kritisiert DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel.

„Gute Arbeitsbedingungen, tarifliche Löhne, bessere Vereinbarkeit von Leben, Familie und Arbeit sind die Grundlage dafür, das inländische Fachkräftepotenzial zu aktivieren – beispielsweise bei den vielen gut ausgebildeten Frauen, die in Minijobs oder ungewollter Teilzeit festhängen.“ Gleichzeitig fordert Piel die Bundesregierung zu einer aktiven Arbeitsmarktpolitik auf: „Mehr junge Menschen brauchen eine berufliche Ausbildung – niemand darf auf der Strecke bleiben.“

SystemDie gesetzliche Rente funktioniert nach dem Äquvivalenz- und dem Solidarprinzip.
Renten-ArtenGrund-, Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenenrente
AusnahmenSelbstständige und Freiberufler sind in der Regel von der Versicherungspflicht befreit.
FinanzierungDie gesetzliche Rente in Deutschland ist grundsätzlich umlagenfinanziert.
ProblemeDie Unterfinanzierung resultiert hauptsächlich aus der zunehmend älter werdenden Bevölkerung in Deutschland.
Drei SäulenDie Altersvorsorge in Deutschland umfasst die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge.
UrsprungDie gesetzliche Rente wurde am 22. Juli 1889 unter Reichskanzler Otto von Bismarck offiziell eingeführt.