Madrid/Barcelona. Russlands Oligarchen besitzen in Spanien viele Reichtümer - aus Angst vor EU-Sanktionen bringen sie nun ihre Jachten in Sicherheit.

Wochenlang lag das erst 2021 in Bremerhaven vom Stapel gelaufene Luxusschiff im Hafen Barcelonas. Dort sollte die 139 Meter lange „Solaris“ in einer Werft für die Sommersaison auf Hochglanz gebracht werden. Mit ihren acht Decks, mehreren Pools, Jacuzzis und einem Heliport ist sie eine der größten und teuersten Privatjachten der Welt. Ihr Besitzer: der russische OligarchRoman Abramowitsch (55).

Doch als Mitte der Woche durchsickerte, dass Großbritannien gegen Abramowitsch Sanktionen verhängen und sein gesamtes Vermögen einfrieren werde, verschwand das 500-Millionen-Euro-Schiff plötzlich.

Ob Abramowitsch an Bord war, ist unbekannt. Fest steht: Er ist kein Einzelfall. Oligarchen mit Verbindungen nach Spanien versuchen dieser Tage, ihre Reichtümer in Sicherheit zu bringen. Binnen weniger Tage verließen mindestens zwei Superjachten russischer Milliardäre ziemlich überstürzt den Hafen in Barcelona. Abramowitschs Schiff nahm Kurs auf Montenegro – der Mittelmeerstaat gehört nicht zur EU. Mehr zum Thema:Putins Ziele: Warum Russland die Ukraine angegriffen hat

Oligarchen fühlen sich am Mittelmeer wohl

In Spanien selbst drohen dem Besitzer des englischen Fußballvereins FC Chelsea zwar bisher noch keine Repressalien, weil Abramowitsch nicht auf der EU-Sanktionsliste steht. Dies aber könnte sich ändern, da diese „Schwarze Liste“ vermutlich erweitert werden wird. Zudem ist mit einer Verschärfung der Sanktionen gegen russische Oligarchen zu rechnen.

Der russische Oligarch Roman Abramowitsch.
Der russische Oligarch Roman Abramowitsch. © AFP | JUSTIN TALLIS

Die fühlen sich im Mittelmeerklima besonders wohl und haben dort viel Geld investiert: Die Luxusgüter, die Russlands Superreiche in Spanien angehäuft haben, sind jetzt ins Visier der EU geraten.

Einige Tage vor Abramowitsch floh die 70 Meter lange russische Superjacht „Galactica Super Nova“ aus Barcelona. Mehr als vier Monate hatte sie in dem Hafen gelegen, bevor die Besatzung über Nacht die Leinen loswarf. Inzwischen kam die „Galactica“ ebenfalls im Balkanstaat Montenegro an, der den Russen als sicherer Zufluchtsort gilt. Auch interessant:Rammstein und Co.: So nutzen sie ihre Reichweite in Russland

Das Luxusschiff gehört dem Milliardär Wagit Alekperow. Der 71-Jährige ist der Chef des Mineralölkonzerns Lukoil. Auch Alekperow steht bisher nicht auf der EU-Strafliste, was sich aber noch ändern könnte. Die Milliardäre wissen, dass sie unter Beobachtung stehen.

Russische Jachten in Barcelona und auf Mallorca

Bisher ist in Spanien noch keine russische Jacht beschlagnahmt worden, wie es etwa in Italien oder Frankreich geschehen ist. Aber die Regierung um Ministerpräsident Pedro Sánchez hat die Häfen angewiesen, alle Luxusschiffe mit russischen Eignern zu melden. Man will vorbereitet sein, um bei einer Ausweitung der Sanktionen schnell reagieren zu können.

Bisher sind mindestens fünf Superjachten identifiziert worden. Darunter auch wenigstens zwei, die in den Häfen der bei Deutschen besonders beliebten Ferieninsel Mallorca vor sich hin schaukeln.

So können Urlauber in der Hauptstadt Palma den 77 Meter langen Privatkreuzer „Tango“ bewundern. Das Schiff verfügt über Pool, Schönheitssalon, Riesensonnendeck und Open-Air-Kino. Besitzer ist einer der reichsten Russen: der 64-jährige Wiktor Wekselberg, der als Eigentümer des Renova-Mischkonzerns Milliarden machte. Lesen Sie hier:Spanien ächzt unter Dürre – Wassernot legt Geisterdorf frei

Nicht weit entfernt, im Hafen Port Adriano in der Gemeinde Calvià, liegt die „Lady Anastasia“. Sie gehört dem Oligarchen Alexander Mijeev, der eine führende Rolle in Moskaus Rüstungsindustrie spielt. Die „Anastasia“ war schon Ende Februar in die Schlagzeilen geraten, weil ein ukrainisches Besatzungsmitglied versucht hatte, das 47 Meter lange Schiff zu versenken – als Vergeltung für den russischen Angriff auf die Ukraine.

Nach dem Verhör durch die Polizei wurde der Saboteur freigelassen. Dieser flog dann umgehend in seine Heimat, um sein Land zu verteidigen.

Spanien ist eines der beliebtesten Auslandsziele reicher Russen, um sich Villen und Jachten zu kaufen. Allein im vergangenen Jahr wurden nach behördlichen Angaben wenigstens 159 spanische Luxusimmobilien mit einem Wert von jeweils mehr als 500.000 Euro von wohlhabenden russischen Bürgern erworben – vor allen an der sonnigen Mittelmeerküste.