Berlin . Der Weltklimarat hat seinen neuen Bericht veröffentlicht. Das Dokument spricht eine bekannte Sprache, legt den Fokus aber auf Lösungen.

Der Klimawandel ist in vollem Gange – und trifft in katastrophaler Weise die Schwächsten der Weltbevölkerung am härtesten. Aber: Es lässt sich noch etwas tun gegen die Veränderung des Klimas. So lässt sich der Beitrag der Arbeitsgruppe II zum sechsten Sachstandsbericht des Weltklimarates (IPCC) in wenigen Worten zusammenfassen.

Nachdem im August 2021 der Beitrag der Arbeitsgruppe I vor allem zum Forschungsstand zu den physikalischen Grundlagen des sich verändernden Klimas erschienen war, ist am Montag nun der Teil des Berichts erschienen, der sich mit Folgen, der Anpassung und den Verwundbarkeiten durch den Klimawandel auseinandersetzt.

"Dieser Bericht ist eine ernste Warnung vor den Folgen von Untätigkeit", sagte der Weltklimarat-Vorsitzende Hoesung Lee in einer Mitteilung. "Er zeigt, dass der Klimawandel eine schwerwiegende und weiter zunehmende Bedrohung für unser Wohlergehen und einen gesunden Planeten ist." Das Handeln heute werde bestimmen, wie sich der Mensch und die Natur an zunehmende Klimarisiken anpassen können. Und dafür wird die Zeit knapp.

Klimawandel: Die Zeit wird langsam knapp

"Noch innerhalb dieser Dekade müssen entscheidende Maßnahmen auf den Weg gebracht werden", sagte Hans-Otto Pörtner, Leiter der Sektion Integrative Ökophysiologie im Fachbereich Biowissenschaften am Alfred-Wegener-Institut (AWI) und Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) unserer Redaktion.

Er sehe großen Nachholbedarf und stellte zur Situation in der Ukraine und die Ankündigung der Bundesregierung, den Verteidigungshaushalt massiv zu erhöhen, fest, dass es angesichts der Herausforderungen kontraproduktiv sei, nationale Ressourcen in Verteidigung zu investieren. "Wir sind alle vom globalen Klimageschehen betroffen", so Pörtner mit Blick auf den von der russischen Regierung vom Zaun gebrochenen Angriffskrieg in Europa.

Besonders betroffen vom Klimawandel und den Folgen einer globalen Erwärmung über 1,5 Grad sind laut dem Bericht bereits jetzt schon Regionen in Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika, kleine Inselstaaten und die Arktis. Wetterextreme wie Hitzewellen, Unwetter, Dürren und Überschwemmungen treten zunehmen zusammen auf und rauben Menschen in den genannten Regionen die Lebensgrundlagen wie sauberes Trinkwasser und Nahrungsmittel.

Europa erwärmt sich schneller als der Durchschnitt

Klimaresiliente Entwicklungen sind bereits eine Herausforderung, heißt es in dem Bericht. Diese werde größer, je wärmer es werde. In einigen Regionen werden sie sogar unmöglich werden, sollte die globale Erwärmung 2 Grad überschreiten. "Es kann passieren, dass der Mensch Lebensraum aufgeben muss, weil keine gesicherte Existenz mehr möglich ist", sagte Pörtner. Dazu zählten etwa Küstenräume und Gegenden mit großer Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit. Mehr zum Thema: Die größten CO2-Sünder auf der Erde

Nicht nur der globale Süden ist bereits betroffen. "Europa erwärmt sich schneller als der globale Durchschnitt", sagte Daniela Schmidt, Professorin für Paläobiologie an der Universität Bristol und koordinierende Leitautorin des "Europa"-Kapitels des Berichts unserer Redaktion. Wetterextreme nähmen auch in europäischen Breiten zu, allerdings nicht in allen Regionen Europas in gleichem Ausmaß. Das werde zur Folge haben, dass die Unterschiede in Europa größer würden. Noch gebe es Möglichkeiten zur Anpassung, "aber die werden weniger, je länger wir warten". Auch interessant: So dramatisch ändert sich das Wetter in Ihrer Region

Bericht zeigt auch Wege aus der Krise

Der Bericht will ausdrücklich nicht nur eine Mängelliste sein, sondern gezielt auch auf die Möglichkeiten aufmerksam machen, die die Weltgemeinschaft hat, um die schlimmsten Auswirkungen abzumindern. Dazu zählen etwa die Anpassung von städtischer Infrastruktur, von Landwirtschaft und Transport. Auch individuelle Verhaltensänderungen werden künftig dabei helfen, etwa mit Perioden großer Hitze umzugehen. Zu denken ist dabei an einen angepassten Arbeitsrhythmus, bei dem zu besonders heißen Tageszeiten die Arbeit ruht. Klimawandel: So schnell trocknen Seen in Deutschland aus

Besonderes Augenmerk liegt im nun veröffentlichten Bericht auf Städten. Zunehmende Urbanisierung, mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt bereits in Städten, ist eine besondere Herausforderung im Kampf gegen den Klimawandel – bietet aber auch Chancen. Grüne Architektur, zuverlässiger Zugang zu Trinkwasser und erneuerbaren Energien sowie nachhaltige Transportsysteme, die Stadtzentren mit ländlichen Gebieten verbinden, werden als Entwicklungsmöglichkeiten genannt.

Klar ist laut Hans-Otto Pörtner aber auch: Der Klimawandel ist eine Bedrohung für Mensch und Erde. "Jedes weiter Zögern in den globalen Anstrengungen wird dazu führen, dass ein kurzes und sich schnell schließendes Zeitfenster verpasst wird, um eine lebenswerte Zukunft zu sichern."