Rom. . In Italien weigern sich zehn Prozent der Menschen gegen die Impfung. Rom greift zu drastischen Mitteln – und zieht Kritik auf sich.

Angesichts eines harten Sockels von zehn Prozent der Bevölkerung, der sich immer noch einer Corona-Impfung verweigert, greift die Regierung in Rom zu drakonischen Maßnahmen. So tritt jetzt eine Impfpflicht für alle Italiener von über 50 Jahren in Kraft. Betroffen sind 2,3 Millionen Personen. "Wir schreiten in den Altersklassen ein, die im Fall einer Ansteckung mit dem Coronavirus mehr vom Risiko eines Krankenhausaufenthaltes betroffen sind, um den Druck von den Kliniken zu nehmen", begründete Ministerpräsident Mario Draghi die neuen Maßnahmen.

Die Gesundheitsbehörden sollen der Steuereintriebsgesellschaft die Namen der Nicht-Geimpften im Alter von über 50 Jahren liefern. Diese soll Nicht-Geimpften einen Mahnbrief ins Haus schicken. Dies werde im Einklang mit dem Datenschutz erfolgen, versicherte Gesundheitsminister Roberto Speranza. Eine altersunabhängige Impfpflicht besteht in Italien seit längerem für Lehrer, für Beschäftigte im Gesundheitsbereich sowie für Angehörige der Sicherheitskräfte. Sie wird nun auch auf Universitätsdozenten ausgedehnt.

Italien: Harte Bußgelder für Ungeimpfte am Arbeitsplatz

Ungeimpften droht nach den neuen Regeln ein Bußgeld. Wer ab dem 1. Februar keinen "Super-Green-Pass" hat, muss eine Strafe von 100 Euro bezahlen. Das Impfzertifikat wird nur an Geimpfte und Genesene ausgestellt – und kommt damit de facto einer 2G-Regel gleich. Deutlich härter werden die Arbeitnehmenden behandelt: Wer ab Mitte Februar ohne das 2G-Zertifikat am Arbeitsplatz erscheint, muss mit einem Strafgeld von bis zu 1500 Euro rechnen. Bisher reichte für das Arbeiten auch ein negatives Testresultat.

Neben der Impfpflicht für die über 50-Jährigen hat die Regierung weitere Maßnahmen erlassen. Unter anderem gilt ab dem 1. Februar die 3G-Regel nun auch für Einkaufszentren, Post- und Bankschalter, sowie für öffentliche Ämter. Die strengere 2G-Regel galt schon bisher für Züge und Flugzeuge; ab dem 10. Januar gilt sie nun auch für den öffentlichen Nahverkehr.

Politik und Experten kritisieren niedrige Strafe

Gesundheitsminister Speranza verteidigte die Impfpflicht vor Kritik. "Auf die 10 Prozent Ungeimpften in Italien entfallen zwei Drittel der Einweisungen in die Intensivstation und 50 Prozent in den medizinischen Bereich. Die Senkung der Zahl der Ungeimpften bedeutet eine Entlastung der Spitäler, die Rettung von Leben und einen wirtschaftlichen und sozialen Neubeginn für das Land", sagte der Minister.

Einige Politiker und Virologen kritisierten die niedrige Strafhöhe für Impfverweigerer. "Eine einmalige 100-Euro-Strafe für Impfverweigerer entspricht Strafzetteln wegen Falschparken", kritisierte der bekannte Immunologe Roberto Burioni. Raffaella Paita, Abgeordnete der mitregierenden Mitte-Links-Partei Italia Viva, kommentierte: "Seien wir ehrlich: Eine einmalige Geldstrafe von 100 Euro für über 50-Jährige, die der Impfpflicht nicht nachkommen, ist keine ernsthafte Maßnahme."

Anders sieht Beppe Grillo, Gründer der Fünf Sterne-Bewegung, der stärksten Einzelpartei im italienischen Parlament. "Die Unterwerfung unter eine zentrale staatliche Kontrolle und erst recht unter eine medizinische Zwangsbehandlung wie die Impfpflicht ruft Orwell'sche Bilder hervor, die psychologisch schwer wiegen."