New York. Schuldig: Ghislaine Maxwell hat nach Überzeugung eines Gerichtes eine zentrale Rolle im Missbrauchskandal um Jeffrey Epstein gespielt.

  • Im Prozess gegen die frühere Epstein-Vertraute Ghislaine Maxwell ist ein Urteil gefallen
  • Ein US-Gericht sprach Maxwell schuldig – wie hoch ihre Strafe ausfallen wird steht noch nicht fest
  • Die 60-Jährige soll Jeffrey Epstein geholfen haben, ein Netzwerk zum sexuellen Missbrauch Minderjähriger aufzubauen

Nach dem Schuldspruch gegen Ghislaine Maxwell, "rechte Hand" des in der High-Society blendend vernetzt gewesenen Sexualverbrechers Jeffrey Epstein, schieben sich aus Sicht von US-Rechtsexperten zwei Fragen in den Vordergrund: Wird die 60-jährige Society-Lady, die nach Ansicht der Geschworenen die Garantin dafür war, dass Epstein über Jahre minderjährige Frauen missbrauchen konnte, etwaige prominente Mit-Profiteure des Sex-Rings preisgeben, um einer potenziell lebenslangen Freiheitsstrafe zu entgehen? Epstein hatte sich 2019 einem Prozess durch Selbstmord im Gefängnis entzogen.

Und: Was bedeutet das am Mittwochabend ergangene Urteil für den Sohn der britischen Queen, der eine feste Rolle im Beziehungsgeflecht Epstein/Maxwell hatte? Opfer-Anwältin Lisa Bloom sagt es gegenüber dem Magazin "Rolling Stone" so: "Ich denke, Prince Andrew sollte wie Espenlaub zittern." Lesen Sie mehr: USA USA Trumps langer Schatten trübt Bidens Präsidentschaft

Prozess gegen Ghislaine Maxwell: Strafmaß noch offen

Vorweg: Weder hat Richterin Alison Nathan bisher den Termin für die Verkündung des Strafmaßes gegen Maxwell bekanntgegeben. Noch ist verlässlich absehbar, wie eine von der Verteidigung Maxwells fest angekündigte Berufung gegen das Urteil ausgehen wird.

Tatsache ist, dass Maxwell bis zu 65 Jahre Haft drohen könnten. Allein der Anklagepunkt "Menschenhandel mit Minderjährigen zu Zwecken des sexuellen Missbrauchs" kann mit bis zu 40 Jahren bestraft werden.

Würde Maxwell aus dem Nähkästchen plaudern und VIP-Promis belasten, die bei dem jahrelangen Sex-Missbrauch mitgemacht haben, erklärten Juristen in US-Medien, könnte sich das für sie "strafmildernd auswirken". Opfer-Anwalt David Boies ist sich sicher, dass "viele reiche und einflussreiche Kollaborateure" mit im Spiel waren. Auch interessant: Corona in den USA – Warum Joe Biden so schwer zu kämpfen hat

Ghislaine Maxwell bei der Hochzeit einer Freundin in England.
Ghislaine Maxwell bei der Hochzeit einer Freundin in England. © dpa

Das Votum der zwölfköpfigen Jury steht für das Scheitern der Verteidigungsstrategie Maxwells. Die hoch dotierte Anwalts-Armada der Millionärin warf der Staatsanwaltschaft vor, sich auf die von Erinnerungslücken durchzogenen Aussagen von vier geldgierigen Möchtegern-Opfern eines Missbrauchs gestützt zu haben, der so nie stattgefunden habe. Drei Frauen, die anonymisiert als "Jane", "Kate" und "Carolyn" aussagten, sowie die unter ihrem echten Namen auftretende Annie Farmer hatten dagegen minutiös auch im Kreuzverhör rekapituliert, wie sie seit Anfang der 90er Jahre von Maxwell systematisch für sexuelle Dienstbarkeiten für Epstein rekrutiert und präpariert worden seien.

Jeffrey Epstein: Maxwells Verteidigerin führt "fehlerhafte Erinnerungen" der Opfer an

Schon am nächsten Dienstag geht der Epstein-Maxwell-Komplex in die nächste Runde. Dann wird ebenfalls in New York ein Richter darüber entscheiden, ob die inzwischen 38 Jahre alte Virginia Roberts Giuffre ihren Zivilprozess gegen Prinz Andrew fortsetzen kann. Giuffre hatte mehrfach unter Eid ausgesagt, als Minderjährige von Epstein und Maxwell missbraucht worden zu sein. Als „Sexsklavin" musste sie nach eigenen Angaben auch Prominenten wie Prinz Andrew zu Willen sein. Das Mitglied des britischen Königshauses streitet die Vorwürfe rigoros ab. Seine Anwälte fordern die Abweisung des gesamten Verfahrens. Maxwells Verurteilung kommt da mehr als ungelegen. Der „Royal” ist plötzlich der selbsterklärte Freund einer verurteilten Sexualverbrecherin.

Bereits am Montag wird der Inhalt eines brisanten Vergleichs zwischen Epstein und Giuffre aus dem Jahr 2009 öffentlich. Dabei soll es um viel Geld gegangen sein - und indirekt um Prinz Andrew. Die Anwälte des Adligen hatten darauf gepocht, dass das Papier geheim bleibt. Zwei Richter entschieden gegenteilig.

Virginia Giuffre kommentierte das Maxwell-Urteil mit Erleichterung: „Ich hoffe, dass der heutige Tag nicht das Ende ist, sondern ein weiterer Schritt, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun.” Lesen Sie hier: Liz Cheney – Auf Kreuzzug gegen Ex-Präsident Donald Trump