Washington. Liz Cheney, Tochter des Ex-US-Vizepräsidenten Dick Cheney, steht bei den Republikanern im Kampf gegen Trump allein auf weiter Flur.

„Niemals hat es einen größeren Verrat eines Präsidenten der Vereinigten Staaten an seinem Amt und seinem Verfassungseid gegeben.”

Der Satz, den Liz Cheney nach dem blutigen Sturm auf das Kapitol in Washington über Donald Trump sagte, gehört für die überwiegende Mehrheit in der „Grand Old Party” auf den politischen Grabstein der Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney.

Seit die 55-jährige Mutter fünf erwachsener Kinder ihren Kreuzzug gegen Trump gestartet hat, bekommt sie das ungefilterte Vitriol einer Partei ab, die sich nicht aus dem Würgegriff des Rechtspopulisten befreien kann.

Widerstand gegen Trump: Cheney verliert führende Rolle

Weil sie eine von zehn republikanischen Abgeordneten war, die nach den Exzessen vom 6. Januar ein zweites Amtsenthebungsverfahren gegen Trump unterstützte, verlor sie bereits im Sommer ihre führende Rolle in der Fraktionsführung im Kongress - abgewählt und ersetzt durch eine Trump-Loyalistin.

Ihre regionale Partei-Organisation im Bundesstaat Wyoming hat sie - ein symbolischer Akt - dazu noch mit Parteiausschluss bestraft.

Was bizarr anmutet, denn Cheney hat zwischen 2016 und 2020 regelmäßig für Trumps nationalistische America-First-Politik gestimmt. Sie verteidigte vorher auch die umstrittene Folter-Politik ihres Vaters nach den Terror-Anschlägen von „9/11”. Sie sympathisierte mit den Verschwörungs-Rassisten, die seit 2009 Barack Obamas US-Staatsbürgerschaft anzweifelten. Und als im Wahlkampf 2016 Trumps frauenverachtendes Zwischen-die-Beine-greifen-Tonband herauskam, erklärte sie, Hillary Clintons E-Mail-Skandal sei „viel schlimmer”.

Liz Cheney wird trotz großer Anfeindungen nicht müde den Einfluss von Donald Trump auf die republikanische Partei zu bekämpfen.
Liz Cheney wird trotz großer Anfeindungen nicht müde den Einfluss von Donald Trump auf die republikanische Partei zu bekämpfen. © afp | Saul Loeb

Trump will Cheney komplett aus dem Parlament entfernen

Trump will Cheney ganz aus dem Parlament in Washington drängen. „Sie anzusehen zwingt dazu, sie zu verachten”, sagt er und unterstützt die parteiinterne Gegenkandidatin Harriet Hageman, die in Umfragen zurzeit deutlich vorn liegt.

All das und derbe Drohungen, mit denen die robuste, blonde Frau aus den eigenen Reihen überzogen wird, haben Liz Cheney nicht einknicken lassen. Bei öffentlichen Auftritten bekräftigt sie stoisch, dass sich die Republikaner von Donald Trump lossagen müssen. Sonst liefere sich die Partei einem Mann aus, der Amerikas Demokratie zielbewusst „untergräbt”, indem er „die Lüge von der gestohlenen Wahl” aufrechterhält und indirekt zur Gewalt animiere.

Für das Gros ihrer Parteifreunde hat Cheney nur Unverständnis über: „Jeder, der Trumps Lüge verbreitet, wendet sich gegen den Rechtsstaat und vergiftet unser demokratisches System.”

Der Gescholtene schießt regelmäßig scharf zurück und nennt Cheney (mit Verweis auf ihren bellizistisch veranlagt gewesenen Vater) eine „kriegshetzerische Närrin”.

Gemeinsam mit dem Kollegen Adam Kinzinger ist Cheney die einzige Republikanerin, die im Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhaus an der Aufklärung des 6. Januar mitwirkt.

Lesen Sie dazu auch: Sturm auf das Kaptiol – Steuerten Republikaner den Angriff

Sturm auf das Kapitol: Cheney hält Trump für mitverantwortlich

Für Cheney steht fest, dass Trump seinerzeit den Mob in Washington versammelt und bei einer Rede kurz vor der Gewaltexplosion indirekt das Zeichen für den Angriff gegeben hat. Trump kanzelt sie dafür als „Rino“ ab. Als „Republican In Name Only”, Republikaner nur dem Namen nach.

Eine Schmähung, die vor Ort im Nordwesten der USA wirkt. Trump hat in Wyoming bei der Wahl 2020 rund 70 Prozent der Stimmen geholt und Joe Biden deklassiert. Was der Ex-Präsident sagt, hat in der Hauptsatz Cheyenne Gewicht. Bei einer nicht repräsentativen Straßenumfrage dieser Zeitung im Herbst wünschten acht von zehn Befragten Cheney „geradewegs zum Teufel” und Trump eine zweite Amtszeit. „Liz ist nicht mehr eine von uns”, sagte ein Angestellter der Öl-Industrie, „sie verrät Trumps Vision von Amerika.”

Lesen Sie auch: Trump vor Wiederwahl? Ex-Generäle warnen vor Bürgerkrieg

Cheney hat ihre eigenen Vorstellungen. „Ich liebe meine Partei. Ich liebe ihre Geschichte und Prinzipien”, sagte sie kürzlich bei einer Uni-Festveranstaltung, „aber ich liebe mein Land mehr. Ich weiß, dass diese Nation eine republikanische Partei benötigt, die auf Wahrhaftigkeit gründet.”

Analysten lesen die Äußerungen so, dass Liz Cheney ihren Fernblick womöglich auf die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024 gerichtet haben könnte. Eine Frau, die Donald Trump herausfordert? Das wäre was.