Berlin. Allein im Bundesstaat Kentucky kamen mehr als 80 Menschen ums Leben: Eine Serie heftiger Tornados hat den Südosten der USA verwüstet.

  • Schock in den USA: Eine Serie heftiger Tornados hat mindestens 94 Menschen das Leben gekostet
  • Die Extremwinde zogen über das Zentrum und den Südosten des Landes hinweg
  • Präsident Joe Biden und der Gouverneur des besonders betroffenen Bundesstaates Kentucky äußerten sich in drastischen Worten

Die Vereinigten Staaten sind von heftigen Tornados mit Dutzenden Toten heimgesucht worden: CNN berichtete von insgesamt mehr als 30 Tornados in Kentucky, Mississippi, Missouri, Arkansas, Illinois und Tennessee. Es dürften Tage vergehen, bis das volle Ausmaß der Katastrophe bekannt wird. Bis Sonntagmittag (Ortszeit) wurden in den betroffenen Regionen im Zentrum und Südosten des Landes 94 Todesopfer gezählt.

Besonders schwer betroffen ist der Bundesstaat Kentucky, dessen Gouverneur Andy Beshear mit Blick auf die Zerstörung meinte: „Wir sind Ground Zero.“ Im Sender CNN sagte Beshear am Sonntag, er gehe auf Grundlage der ihm vorliegenden Berichte inzwischen von mehr als 80 Toten alleine in seinem Bundesstaat aus und rechne damit, dass die Zahl über 100 steige. „Das ist das tödlichste Tornado-Ereignis, das wir je hatten.“

Das Ausmaß der Zerstörung sei niederschmetternd. „Ich habe Orte, die sind verschwunden. Ich meine, einfach weg“, sagte der Gouverneur. „Die massiven, weit verbreiteten Schäden machen die Rettungsbemühungen zu einer Herausforderung.“

Tornados in den USA: 200.000 Haushalte ohne Strom

Die Tornados – schnell rotierende Luftwirbel – waren in der Nacht zum Samstag durch ein halbes Dutzend Bundesstaaten im Südosten und im Zentrum der USA gezogen. Vier von ihnen verwüsteten mehrere Landkreise in Kentucky. 200.000 Haushalte in dem Bundesstaat waren nach Angaben der Website poweroutage.com ohne Strom.

Tornados: Zerstörung in den USA schlimmer als befürchtet

Die Zerstörung sei noch schlimmer als zunächst befürchtet. Die Tornados hätten eine Schneise der Verwüstung über 200 Meilen (320 Kilometer) hinterlassen. „Alles in ihrem Pfad ist weg. Häuser, Geschäfte, Regierungsgebäude – einfach weg. Teile von Industrieanlagen, Dächer sind in Bäumen. Es ist schwer vorstellbar, dass das überhaupt möglich ist.“

Ein Mann steht in Dickson Co. in Tennessee vor seinem zerstörten Haus.
Ein Mann steht in Dickson Co. in Tennessee vor seinem zerstörten Haus. © dpa

In der Gemeinde Mayfield im Südwesten Kentuckys stürzten der Polizei zufolge mehrere Gebäude ein. Arbeiter und Arbeiterinnen seien in einer Kerzenfabrik eingeschlossen, die von dem Sturm stark beschädigt wurde. Wegen des Hochbetriebs zur Weihnachtszeit wurde dort in der Nacht zu Samstag gearbeitet. Nur 40 der rund 110 Menschen in der Fabrik seien gerettet worden, sagte der Gouverneur. Wo einst die Fabrik gestanden habe, liege jetzt ein mehr als vier Meter hohes Trümmerfeld mit Metallschrott und Autowracks. „Es wäre ein Wunder, würde dort jemand lebendig gefunden.“

Bei dem Tornado, der das Monette-Manor-Pflegeheim in Arkansas Freitagnacht traf, wurden zudem 20 Menschen beim Einsturz des Gebäudes im Inneren eingeschlossen. Innerhalb von zwei Stunden war das Gebäude nach offiziellen Angaben geräumt. Ein Mensch kam ums Leben, fünf Personen erlitten ernste Verletzungen sowie einige weitere mit leichtere Verletzungen.

„Es wird eine harte Nacht für viele Menschen in Kentucky werden“

Beshear schwor die Menschen im Katastrophengebiet angesichts von Tiefsttemperaturen um den Gefrierpunkt und großflächigen Stromausfällen auf schwierige Stunden ein. „Es wird eine harte Nacht für viele Menschen in Kentucky werden“, sagte er. Dem Gouverneur drohte zwischenzeitlich die Stimme zu versagen – etwa, als er von dem Heimatort seines Vaters namens Dawson Springs erzählte. „Einen Block von dem Haus meiner Großeltern steht kein Haus mehr“, sagte Beshear. „Und wir wissen nicht, wo all diese Menschen sind.“

Eine Frau sucht in Defiance im US-Bundesstaat Missouri in den Trümmern eines Hauses nach Wertsachen.
Eine Frau sucht in Defiance im US-Bundesstaat Missouri in den Trümmern eines Hauses nach Wertsachen. © dpa

Die Rentnerin Lori Wooton aus Dawson Springs sagte CNN, sie habe den Sturm in einem Schutzkeller ausgesessen. Drei oder vier Sekunden habe große Krach geherrscht, dann sei der Tornado schon vorbei gewesen. „Aber als wir dann herauskamen und uns den Schaden ansahen, war es unglaublich, was in diesen drei bis vier Sekunden passiert ist.“

Tornado sorgt für schwere Schäden bei Amazon

In Illinois stürzte das Dach eines Verteilzentrums des Online-Händlers Amazon teilweise ein. Dort starben sechs Menschen, 45 Personen wurden nach Angaben der Feuerwehr aus den Trümmern gerettet. Amazon-Gründer Jeff Bezos äußerte sich bestürzt über die „tragischen Berichte“ aus Edwardsville. „Wir sind untröstlich über den Verlust unserer Teammitglieder“, twitterte er in der Nacht zum Sonntag.

Arbeiter entfernen einen Teil des Daches des stark beschädigten Amazon-Verteilzentrums in Edwardsville (Illinois).
Arbeiter entfernen einen Teil des Daches des stark beschädigten Amazon-Verteilzentrums in Edwardsville (Illinois). © dpa

US-Präsident Joe Biden äußerte sich erschüttert über die verheerenden Folgen der Tornados. "Der Verlust eines geliebten Menschen in einem Sturm wie diesem ist eine unvorstellbare Tragödie", schrieb er auf Twitter. "Wir arbeiten mit den Gouverneuren zusammen, um sicherzustellen, dass sie alles haben, was sie brauchen, während die Suche nach Überlebenden und die Schadensbeurteilung weitergehen." (bef/dpa)