Washington. Ghislaine Maxwell, die Jeffrey Epstein Mädchen zugeführt haben soll, streitet alle Vorwürfe ab - und klagt über ihre Haftbedingungen.

Liebhaberin. Freundin. Komplizin. Quasi-Zuhälterin. Buchhalterin eines Pädophilenrings. Über Ghislaine Maxwell sind viele Etiketten im Umlauf.

Seit sich der Sexualverbrecher und Multimillionär Jeffrey Epstein 2019 in seiner Gefängniszelle nach offizieller Lesart aufgehängt und damit der Justiz entzogen hat, gilt seine langjährige Vertraute als Schlüssel zu einer widerlichen Geschichte von Geld und Machtmissbrauch.

Die 59-Jährige steht ab Montag (29.11.2021) in New York vor Gericht. Sie soll zwischen 1994 und 2004 systematisch minderjährige Mädchen, einige nicht älter als 14, für den Investmentbanker rekrutiert haben. Bei Verurteilung drohen der Society-Dame, die alles bestreitet, bis zu 80 Jahre Gefängnis. Mehr zum Thema:Fall Epstein: Zeugin Virginia Roberts Giuffre packt aus

Epstein lieh Frauen an Freunde aus

Nachdem er sie sexuell ausnutzte, lieh Epstein die Frauen wie Ware an mächtige Dritte aus, sagt die Anklage. Einer der Empfänger soll Prinz Andrew aus dem englischen Königshaus gewesen sein.

Ihre Masche laut Staatsanwalt Damian Williams: Maxwell, der Opfer wie Teresa Helm nachsagen, sie sei eine „meisterhafte Manipulatorin menschlicher Gefühle“, hat Mädchen auf der Straße, in Schönheitssalons oder in Einkaufszentren angesprochen.

Enge Beziehung: Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell 2005 in New York.
Enge Beziehung: Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell 2005 in New York. © Patrick McMullan via Getty Images

Irgendwann kam Sex ins Spiel. Wenn eine Epstein-„Massage“ in abgeschirmten Domizilen in den USA, Europa und der Karibik im Geschlechtsakt endete, war sie laut Anklage oft Zuschauerin. Oder sie machte mit.

Die Verteidigung versucht dagegen, Maxwell als Opfer und Sündenbock darzustellen. Dass man ihr den Prozess mache, sei eine krampfhafte Ersatzhandlung, sagte ihre Verteidigerin Bobbi Sternheim. In Wahrheit gehe es um Epstein.

Maxwell will zweifelt an Glaubwürdigkeit der Zeuginnen

Mithilfe der Gedächtnisspezialistin Elizabeth Loftus will die Verteidigung die Glaubwürdigkeit der Zeuginnen erschüttern, die unter Pseudonym oder nur mit Vornamen aussagen dürfen. Bei einer Anhörung erklärte die Tochter des verstorbenen Zeitungszars Robert Maxwell jüngst selbstbewusst: „Ich habe keine Straftaten begangen.“ Auch interessant:Heidi Klum dementiert angeblichen Privatjet-Flug mit Epstein

Der Auftritt mit frisch geschnittener Frisur, elegantem Rollkragenpullover und launigen Zwiegesprächen mit ihren Anwälten stand in krassem Kontrast zu Maxwells Lamento vorher. Promis

Demnach werde sie im für Ratten, Gewalt und Baufälligkeit berüchtigten Metropolitan Detention Center in Brooklyn regelmäßig „erniedrigt“. Nachts leuchteten Wärter alle 20 Minuten mit der Taschenlampe in ihre knapp fünf Quadratmeter große Einzelzelle.

Replik der Justiz: Reine Vorsichtsmaßnahme, um einen Suizid wie bei Epstein zu verhindern. Das Essen hinter Gittern sei voller Maden und darum ungenießbar, klagte die an Gourmetküche gewohnte Maxwell und bezeichnete sich als „gebrechlich und schwach“.

Wird Ghislaine Maxwell über große Namen auspacken?

Derweil würden die Geschworenen, deren akribische Auswahl in dieser Woche abgeschlossen wird, mit tendenziöser Berichterstattung „über mich vergiftet“, sagte sie einer britischen Postille. Zwei ihrer Anwälte haben jetzt bei den Vereinten Nationen Beschwerde eingelegt. Es werden „inhumane Haftbedingungen“ angeführt.

Außerdem könne Maxwell nicht mit einem fairen Verfahren rechnen, weil Medien und Publikum voreingenommen seien.

Maxwell mit Prinz Andrew und der jungen Virginia Roberts.
Maxwell mit Prinz Andrew und der jungen Virginia Roberts. © picture alliance / Captital Pictures

Über allem wabert nach einem Bericht des Magazins „Rolling Stone“ eine ängstlich gestellte Frage: Wird Ghislaine Maxwell (gesprochen „Gielähn“) über die großen Namen, die in Epsteins Orbit kreisten, auspacken, um sich Strafmilderung zu verschaffen? Lesen Sie hier:Aus von Gates-Ehe: Welche Rolle spielte Jeffrey Epstein?

Bill Gates, Prinz Andrew, Bill Clinton und Donald Trump sind nur einige unter vielen. Nach ihrer Festnahme im Sommer 2020 in einem Nobel-Versteck in der Nähe von Boston sagte Ex-Präsident Trump kryptisch: „Ich wünsche ihr alles Gute, was auch immer es ist.“