Berlin. Beamte leben im Durchschnitt länger als Menschen aus der Arbeiterklasse. Vertreter beider Seiten machen dafür andere Gründe aus.

Wer sein ganzes Leben hart gearbeitet hat, möchte den Ruhestand entsprechend genießen. Je nachdem in welchem Beruf man tätig war, unterscheiden sich die durchschnittliche Lebenserwartung und damit auch die Jahre im Ruhestand deutlich. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Sozialverbandes VdK zeigte im August, dass Beamtinnen und Beamte im Schnitt vier Jahre länger leben als Angehörige der Arbeiterklasse.

Vor allem bei Männern sind die Unterschiede groß: Geht ein männlicher Beamter mit 65 Jahren in Pension, hat er durchschnittlich noch 21,5 Lebensjahre. Bei männlichen Arbeitern ist der Ruhestand im Schnitt deutlich kürzer: Nach dem Renteneintritt mit 65 liegt die Lebenserwartung nur noch bei 15,9 Jahren.

Studie: Belastung im Beruf beeinflusst Lebenserwartung

Die Gründe für die kürzere Lebenserwartung sind dabei nicht so eindeutig, wie man zunächst vielleicht denken könnte. Und natürlich spielt die hohe körperliche Belastung im Beruf bei der kürzeren Lebenserwartung von Arbeiterinnen und Arbeitern eine Rolle. Das zeigt eine frühere Studie des Instituts für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen. Die Studie untersuchte allerdings nur die Lebenserwartung der Geburtsjahrgänge 1919 bis 1950 - also Generationen, in denen schwere körperliche Arbeit häufiger ist als heute.

Trotzdem kommt das DIW in seiner Studie zu ähnlichen Ergebnissen: "Männer mit einer niedrigen Belastung im Beruf leben im Durchschnitt etwa vier Jahre länger als Männer mit mit einer hohen Belastung im Beruf", erklärt Peter Haan, Abteilungsleiter im Bereich Staat, dieser Redaktion.

Bei Frauen fällt der Unterschied mit etwa zwei Jahren deutlich geringer aus. "Das kann daran liegen, dass Frauen in der Regel in Berufen arbeiten, die eine geringere Belastung haben", erklärt Haan. Ein weiterer Grund sei, dass Frauen häufiger eine Erwerbsunterbrechung hätten, zum Beispiel durch Schwangerschaft und Erziehungszeiten.

Beamtenbund wiederspricht DIW-Studie

Zu einem anderen Schluss als die Studie des DIW kommt der Deutsche Beamtenbund (dbb). "Kerngrund für die statistisch höhere Lebenserwartung der Beamt:innen dürfte die amtsärztliche Untersuchung der körperlichen Eignung vor der Verbeamtung sein", teilt ein Sprecher des Verbandes auf Anfrage mit. Darüber hinaus unterlägen Verbeamtete der Gesunderhaltungspflicht.

Weitere Einflüsse auf die Lebenserwartung haben die Forscher Thomas Lampert, Jens Hoebel, Lars Eric Kroll und Marc Luy in ihrem Aufsatz "Soziale Unterschiede in der Lebenserwartung" von 2018 ausgemacht, der vom Fachmagazin "versicherungsbote.de" zitiert wird. Demnach spielt neben der Arbeit an sich auch das Gesundheitsverhalten, der Zugang zur Gesundheitsversorgung, das Wohnumfeld, die Ernährung sowie psychosoziale Einflüsse wie Stress eine Rolle.

Sozialverband VdK: "Armut macht krank, und Krankheit macht arm"

Diese Kriterien haben weniger mit dem beruflichen Status zu tun, entgegnet der Sprecher des dbb. Viel eher seien Kriterien wie Sozialisation, Lebensführung oder Berufswahl bei der Berechnung der Lebenserwartung entscheidend.

Für den Sozialverband VdK besteht ein klarer Zusammenhang "zwischen einer guten Gesundheitsversorgung und sicheren, gut bezahlten Jobs einerseits und einer schlechten Versorgung und prekären Jobs andererseits", teilt der Sprecher mit. "Armut macht krank, und Krankheit macht arm".

Um die Lebenserwartungen von Beamtinnen und Beamten sowie Menschen aus der klassischen Arbeiterklasse anzugleichen, fordert der Sozialverband deshalb unter anderem eine einheitliche Krankenversicherung. Damit will der Verband erreichen, dass alle Menschen den gleichen Zugang zur Gesundheitsversorgung haben - und so auch Angehörige der Arbeiterklasse eine ähnlich hohe Lebenserwartung wie Beamtinnen und Beamte erreichen können.