Berlin. Immer wieder wird über Schummeleien mit Hartz IV berichtet. Doch die meisten Bezieher sind ehrlich, wie Zahlen der Regierung zeigen.

Nur wenige Menschen in Deutschland kassieren zu Unrecht Hartz-IV-Leistungen. Tatsächlich stellten die Jobcenter 2020 in lediglich 945 Fällen fest, dass sie zu viel Arbeitslosengeld II ausgezahlt hatten, weil das Vermögen des Empfängers zu hoch war – und das bei insgesamt 3,9 Millionen "erwerbsfähigen" Hartz-IV-Empfängern.

Hartz IV wurde zum 1. Januar 2023 durch das Bürgergeld ersetzt. Alle Infos zum Bürgergeld finden Sie hier.

Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" und beruft sich auf eine Antwort der Bundesregierung an die Grünen. Deren Bundestagsabgeordneter Sven Lehmann wollte nach einem Bericht der "Bild" mit dem Titel "Jagd auf Geheim-Vermögen von Hartz-IV-Empfängern" wissen, was es mit den angeblichen "Vermögen" auf sich habe.

Die Zahlen der Bundesregierung zeigen ihm: "Das Zerrbild von vermögenden Hartz-IV-Empfängern hat nichts mit der Realität zu tun", so der Sprecher für Sozialpolitik in der "Süddeutschen". Meist gehe es um Menschen, "die arbeiten und selbst Einkommen erwirtschaften wollen". Wer sich etwas hinzuverdiene, "sollte belohnt und nicht bestraft werden".

Zu viel Hartz IV – nur selten wegen Vermögen

In den meisten Fällen kam es dem Bericht der Bundesregierung zufolge wegen verschwiegener Einnahmen aus Minijobs oder sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu Überzahlungen von Arbeitslosengeld II. In 945 Fällen führten hingegen Kapitalerträge und Vermögen zu Überzahlungen – ein Anteil von nur 1,1 Prozent. Die Gesamtsumme der zu viel bezahlten Auszahlungen lag 2020 bei 57,3 Millionen Euro – 680 Euro pro Fall. Auch interessant: Warum es in Deutschland immer weniger Sozialwohnungen gibt

Ein Leistungsmissbrauch liegt zum Beispiel vor, wenn Hartz-IV-Bezieher grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben über Nebeneinkommen oder Vermögen machen und dadurch höhere Leistungen kassieren können, als ihnen eigentlich zustehen. Geschieht dies mit Vorsatz, wird der Hartz-IV-Empfänger wegen Betrugs angezeigt.

1,2 Millionen Minijobbern droht Hartz IV im Alter

Um Missbrauch aufzudecken, nutzen die Behörden den sogenannten automatisierten Datenaustausch. Dabei gleicht das Jobcenter all drei Monate seine Daten über einen Hartz-IV-Empfänger mit denen der Rentenversicherung und denen des Finanzamtes ab. So wurde in 84.280 Fällen festgestellt, dass zu viel Geld ausgezahlt wurde. Darunter waren 78.382 Fälle, bei denen Einkommen aus einer bisher nicht bekannten geringfügigen oder versicherungspflichtigen Beschäftigung zu Überzahlung führten.

Jüngste Zahlen der Bundesregierung zeigen, dass 1,2 Millionen sogenannter Minijobber im Alter auf Hartz IV angewiesen sein könnten. Ab 2022 sollen die Regelsätze von Hartz IV zwar steigen, Fachleute kritisieren die Erhöhung aber als "lächerlich gering". Der Namensgeber der Sozialstaatsreformen von 2005, der frühere VW-Manager Peter Hartz, feierte kürzlich seinen 80. Geburtstag. (küp/epd)

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.