Lytton/Berlin. Nordamerikas Westen ächzt unter einer Hitzewelle. In einer kanadischen Provinz sind Hunderte gestorben – und es sollen mehr werden.

  • Im Internet berichten Betroffene von ihrem Alltag während der Hitzewelle im Westen Kanadas und der USA
  • Allein in der kanadischen Provinz British Columbia sind 719 Menschen im Zusammenhang mit der Hitze gestorben
  • Um Bürgerinnen und Bürger zu schützen, richten mehr und mehr Städte öffentliche Kühlräume ein
  • Die Hitzekatastrophe hat auch zu einer Welle der Solidarität gefühlt: Es gibt Hilfsprojekte und Tipps in den sozialen Medien

Die Videos in den sozialen Medien sind erschreckend. Zwischen emporschlagenden Feuerzungen versucht eine Familie, sich im Auto in Sicherheit zu bringen. Rauchschwaden vernebeln die Luft. Der Brand des Dorfes Lytton in British Columbia, in dem zuletzt Temperaturen von fast 50 Grad gemessen worden waren, markiert den traurigen Höhepunkt einer selten dagewesenen Hitzewelle in Kanada. 90 Prozent des Ortes wurden bei dem Brand zerstört.

Am Freitag berichtete der britische "Guardian", in der Provinz seien 719 "plötzliche und unerwartete" Todesfälle erfasst worden – dreimal mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Die oberste Gerichtsmedizinerin British Columbias, Lisa Lapointe, sagte: "Wir veröffentlichen diese Zahlen, da es wahrscheinlich ist, dass das extreme Wetter der letzten Woche entscheidend zur höheren Todeszahl beigetragen hat." Die Zahl der Hitzetoten dürfte weiter steigen, allerdings weniger stark als bisher, da die Hitzewelle langsam abebbt.

Der gesamte Westen Nordamerikas ächzt weiterhin unter den enormen Temperaturen. Betroffene berichten von ihrem Leben in der Extremsituation. “Die Hitzewelle in British Columbia hat Schulen und Geschäfte zum Schließen gezwungen, zu einem Anstieg der Notrufe geführt, Haustiere getötet und Anwohner in Scharen in Hotels getrieben, auf der Suche nach Klimaanlagen”, schreibt eine Twitter-Nutzerin auf Englisch. Auch interessant: Hitzewelle: Waldbrände lodern in Kanada.

Twitter-User berichten vom Alltag bei Rekordhitze

Eine andere Userin beschreibt den bedrückenden Alltag ihrer Verwandten: “Den Tag im Schlafzimmer verbringen, weil es dort eine Klimaanlage gibt. Nachts einkaufen fahren im klimatisierten Auto zu klimatisierten Läden. Nicht schlafen können. Kreislaufprobleme haben. Das Gefühl, schlecht Luft zu bekommen.” Wichtige Termine könnten die Verwandten nur noch wahrnehmen, wenn es vor Ort eine Klimaanlage gebe. Wo genau die Familie lebt, gab die Schreiberin nicht bekannt.

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“Eine Mieterin und ein Arbeitskollege sind gestorben, sie hatten Vorerkrankungen, doch die Hitze war laut den Ärzten eindeutig der ausschlaggebende Faktor”, schreibt die Userin weiter. Auch Tiere litten unter den extremen Temperaturen: “Alle Bienenvölker auf der Farm sind gestorben. Die (ältere) Katze leidet. Erkältungssymptome von der Klimaanlagen-Luft. Aber ohne geht es nicht.” Eine Userin kommentiert diesen Beitrag: “Und mir drängt sich die Frage auf: Was machen Menschen ohne Auto, ohne Klimaanlage? Was machen die Armen?”

Kanada: Menschen stehen vor einem Rettungswagen, der zu einer
Kanada: Menschen stehen vor einem Rettungswagen, der zu einer "Cooling Station" umfunktioniert wurde. © xJeffxMcintoshx

Menschen helfen sich gegenseitig, die Hitzewelle zu überstehen

Mehr und mehr richten für sie sogenannte Cooling Center ein, klimatisierte öffentliche Räumlichkeiten, in denen man sich abkühlen kann. In dieser Hitzewelle versuchen die Menschen, sich gegenseitig zu helfen. Sie verteilen Wasser und Sonnencreme, sie sammeln Geld für all diejenigen, die sich keinen ausreichenden Schutz vor der Hitze leisten können. In den sozialen Netzwerken geben sie sich Tipps, wie man die Extremtemperaturen besser übersteht. Lesen Sie auch: Kein Alkohol in der Sonne? Die größten Hitze-Irrtümer

Viral gingen die Tweets von LeeAnn Floyd. Sie schrieb zum Beispiel: “Zwing dich und deine Kinder bei diesen Temperaturen nicht zum Essen, sonst müsst ihr euch übergeben. Hab kaltes Obst und Wackelpudding im Kühlschrank und lass sie deine Kinder den ganzen Tag essen.”

Außerdem plädierte sie dafür, sich in diesen Zeiten für die individuelle Beschaffenheit von Körpern zu schämen und Nacktheit zuzulassen: “Lasst Babys nackt sein, wenn sie wenn sie sich so wohl fühlen. Bitte schämt euch nicht für eure Fettrollen, eure Dehnungsstreifen, eure Narben.”