Berlin. Gesetzliche Rente, Betriebsrente – verschiedene Alterseinkünfte werden steuerlich unterschiedlich behandelt. Teil 5 der Steuerserie.

Die Zeiten, in denen mit dem Eintritt in den Ruhestand auch das Kapitel Steuererklärung geschlossen werden konnte, sind definitiv vorbei. Denn immer mehr Ruheständler müssen mit dem Finanzamt abrechnen.

Mit jedem neuen Rentnerjahrgang steigt der steuerpflichtige Anteil der gesetzlichen Rente. So müssen all diejenigen, die sich 2020 zur Ruhe gesetzt haben, 80 Prozent ihrer gesetzlichen Rente steuerlich veranschlagen. Inzwischen sind rund 5,12 der gut 21 Millionen Rentner in Deutschland steuerpflichtig.

Rentenerhöhungen in voller Höhe steuerpflichtig

„Auch Ruheständler, die das Thema Finanzamt abgehakt haben, können mit 80 oder 90 Jahren noch in die Steuerpflicht rutschen“, sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine.

Grund dafür sind die Rentenerhöhungen. Denn diese sind in voller Höhe steuerpflichtig.

Zwar wird das Plus bei der Rente meist durch einen höheren Grundfreibetrag kompensiert. Nicht aber, wenn die Renten überdurchschnittlich stark steigen – wie im vergangenen Jahr geschehen.

Seit dem 1. Juli erhalten die Rentner in Westdeutschland 3,45 Prozent mehr Rente, in Ostdeutschland sind es 4,20 Prozent mehr. Diese Rentenerhöhung hat laut Bundesfinanzministerium dazu geführt, dass gut 51.000 Ruheständler in die Steuerpflicht gerutscht sind.

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Rentner können das Finanzamt an Ausgaben beteiligen

Doch auch wenn Ruheständler verpflichtet sind, eine Steuererklärung abzugeben, bedeutet das nicht automatisch, dass sie auch einen Obolus entrichten müssen. Schließlich können Ruheständler das Finanzamt an einer Reihe von Ausgaben – etwa für Krankheiten, Pflege oder haushaltsnahe Dienstleistungen – beteiligen.

Die Einkünfte der Ruheständler werden in der „Anlage R“ erfasst. „Das Ausfüllen des Formulars ist deutlich einfacher als noch vor einigen Jahren“, sagt Steuerexperte Rauhöft. Schließlich haben etwa die Deutsche Rentenversicherung, Krankenkassen oder private Rentenversicherungen relevante Daten bereits an das Finanzamt elektronisch übermittelt (E-Daten). Lesen Sie hier: Wann Rentner eine Steuererklärung machen müssen

Daher müssen diese nicht mehr eigenhändig in die verschiedenen Zeilen eingetragen werden. Wer die Bögen für das Finanzamt auf Papier ausfüllt, erkennt die Felder, für die schon Daten vorliegen, an der dunkelgrünen Farbe und dem „e“ am Anfang der Zeile.

„Wie alle Steuerzahler sollten auch Ruheständler unbedingt prüfen, ob die elektronisch übermittelten Daten korrekt sind“, sagt Rauhöft. Falsche Angaben müssen Steuerzahler korrigieren.

Kaum Änderungen für die Steuererklärung 2020

Die Besteuerung von Altersbezügen ist eine Wissenschaft für sich. Denn die Auszahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung werden steuerlich anders behandelt als etwa die aus Betriebsrenten oder private Rentenversicherungen.

Allerdings müssen sich Ruheständler bei der Steuererklärung 2020 auf keine allzu großen Änderungen einstellen.

Es gibt neue Formulare für die Riester-Rente und für Renten aus dem Ausland. Zudem hat der Staat die Einkommensgrenze für Frührentner im vergangenen Jahr deutlich angehoben – auch um Pflegekräfte, Ärzte und andere Experten, die zur Bekämpfung der Pandemie benötigt werden, zurück in den Beruf zu holen. Auch interessant: Rente und Steuererklärung - Zahlen Rentner bald weniger Steuern?

Wie das Finanzamt den Rentenfreibetrag ermittelt

In die Zeilen 4 bis 12 gehören Renten, die mit dem sogenannten Besteuerungsanteil versteuert werden. Dazu zählen Auszahlungen

  • aus der gesetzlichen Rentenversicherung
  • aus einer Rürup-Rente
  • aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen
  • aus landwirtschaftlichen Alterskassen

Entscheidend für die Höhe des Rentenanteils, der der Besteuerung unterliegt, ist das Renteneintrittsjahr. Wer sich im vergangenen Jahr zur Ruhe gesetzt hat, muss 80 Prozent seiner Rente steuerlich veranschlagen.

Der steuerpflichtige Anteil steigt für jeden Jahrgang von Neurentnern in den kommenden Jahren weiter an. Arbeitnehmer, die sich 2040 oder später zur Ruhe setzen, müssen ihre komplette Rente versteuern.

Im Jahr nach dem Renteneintritt ermittelt das Finanzamt einen Rentenfreibetrag. Dieser wird zeitlebens festgeschrieben. Rentenerhöhungen sind in vollem Umfang steuerpflichtig.

Entscheidend für die Höhe des Rentenanteils, der besteuert wird, ist das Alter, in dem man in Rente geht. Arbeitnehmer, die sich 2040 oder später zur Ruhe setzen, müssen ihre komplette Rente versteuern.
Entscheidend für die Höhe des Rentenanteils, der besteuert wird, ist das Alter, in dem man in Rente geht. Arbeitnehmer, die sich 2040 oder später zur Ruhe setzen, müssen ihre komplette Rente versteuern. © Shutterstock/Rido | Rido

Steuerberater Christian Herold vom Internetportal Steuerrat24.de gibt dazu ein Beispiel:

Herr Müller geht im September 2020 in den Ruhestand und erhält eine Rente von monatlich 1000 Euro. Zum 1. Juli 2021 wird seine Rente auf 1100 Euro erhöht. Lesen Sie hier: Steuererklärung: So reduzieren Rentner ihre Steuerlast

Im Jahr 2021 erhält er somit eine Rente von insgesamt 12.600 Euro. Da er sich 2020 in den Ruhestand verabschiedet hat, muss er 80 Prozent seiner Rente steuerlich veranschlagen.

Der so ermittelte Besteuerungsanteil (10.080 Euro) wird von der Gesamtrente von 12.600 Euro abgezogen und auf diesem Weg der Rentenfreibetrag ermittelt. Im Fall von Herrn Müller liegt dieser bei 2520 Euro. Bis zu dieser Höhe bleibt die Rente von Herrn Müller zeitlebens steuerfrei. Lesen Sie auch: Rente steigt - Trotzdem gibt es schlechte Nachrichten

Was die Öffnungsklausel bedeutet

Für Ärzte, Apotheker oder Rechtsanwälte, die eine Rente aus berufsständischen Versorgungseinrichtungen beziehen, sehen die Finanzämter eine Öffnungsklausel vor (Zeile 10 bis 12).

Diese Möglichkeit besteht für all diejenigen, die vor dem Jahr 2005 über einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren Beiträge oberhalb des Jahreshöchstbetrags in der gesetzlichen Rentenversicherung eingezahlt haben.

Sie können beantragen, dass die auf den übersteigenden Beiträgen beruhende Rente mit dem günstigeren Ertragsanteil versteuert wird. „Der Prozentsatz, der mit dem Ertragsanteil versteuert wird, lassen Steuerzahler sich vom Versorgungswerk berechnen“, sagt Steuerberater Herold.

Die Zeilen 10 bis 12 müssen ausgefüllt werden. Denn in diesem Fall werden die Daten nicht automatisch übermittelt.

Versorgungsfreibetrag: 16 Prozent der Bezüge

Versorgungsbezüge, also Pensionen oder Betriebsrenten aufgrund einer Pensionszusage oder Unterstützungskasse, müssen Steuerzahler in die „Anlage N“ eintragen. Für diese gewährt das Finanzamt einen Versorgungsfreibetrag, einen Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sowie einen Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 Euro.

Dabei entscheidet das Jahr, in dem sich der Steuerzahler zur Ruhe setzt darüber, wie hoch die verschiedenen Vergünstigungen ausfallen. Wer sich 2020 in den Ruhestand verabschiedet hat, erhält zeitlebens einen Versorgungsfreibetrag von 16 Prozent der Versorgungsbezüge, maximal 1200 Euro.

Hinzu kommt der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag von 360 Euro. Mit dem Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 Euro bleiben so unterm Strich Pensionen und Betriebsrenten bis zur Höhe von 1662 Euro steuerfrei. Und das zeitlebens.

Versorgungsfreibetrag und Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag werden für künftige Rentnergenerationen bis zum Jahr 2040 abgeschmolzen. Wer sich 2040 oder später zur Ruhe setzt, kann nur noch den Werbungskosten-Pauschbetrag von 102 Euro verrechnen.

Wie hoch die Vergünstigungen ausfallen, hängt davon ab, in welchem Jahr sich die Steuerzahlerin oder der Steuerzahler zur Ruhe setzt.
Wie hoch die Vergünstigungen ausfallen, hängt davon ab, in welchem Jahr sich die Steuerzahlerin oder der Steuerzahler zur Ruhe setzt. © dpa-tmn | Silvia Marks

„Ist die Altersgrenze von 63 bei der Betriebsrente aufgrund einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse noch nicht erreicht, werden die Bezüge wie normaler Arbeitslohn behandelt“, sagt Steuerberater Herold.

Dem Steuerzahler steht dann aber auch der Werbungskosten-Pauschbetrag von 1000 Euro zu. Wenn der Betriebsrentner schwerbehindert ist, gilt eine Altersgrenze von 60 Jahren.

Private Rentenversicherung mit Ertragsanteil versteuern

Wer eine lebenslange Rente aus einer privaten Rentenversicherung bezieht, muss diese lediglich mit dem Ertragsanteil versteuern (Zeilen 13 bis 18). Entscheidend für dessen Höhe ist das Alter bei Rentenbeginn.

Dabei gilt die einfach Faustformel: Je älter der Betroffene bei der ersten Auszahlung, desto geringer fällt die steuerliche Belastung aus. Erhält der Vorsorgesparer seine Rente erstmals mit 60 Jahren, muss er 22 Prozent versteuern, mit 65 Jahren liegt der Anteil bei lediglich 18 Prozent.

Mit dem Ertragsanteil versteuert werden auch Renten aus betrieblichen Pensionskassen oder Direktversicherungen – sofern diese vor 2005 abgeschlossen und die Beiträge pauschal versteuert wurden. Wer sich bei Abschluss seiner Rentenversicherung für eine Kapitalzahlung entschieden hat, kann die Auszahlung komplett steuerfrei einstreichen.

Bedingung ist allerdings, dass

  • der Vertrag vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurde
  • die Beiträge über mindestens für fünf Jahre gezahlt wurden
  • der Vertrag über mehr als zwölf Jahr lief

Das gilt für die private Berufsunfähigkeitsversicherung

Eine steuerliche Besonderheit gibt es für diejenigen, die eine Rente aus einer privaten Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung erhalten. Sie müssen die Auszahlungen lediglich mit dem sogenannten besonderen Ertragsanteil versteuern.

Hier gilt die Faustformel: Je kürzer die Laufzeit, desto geringer der Ertragsanteil. Wird die Rente für die Dauer von einem Jahr gezahlt, liegt der Ertragsanteil bei 0 Prozent, bei 20 Jahren bei 21 Prozent.

Weitere Einkünfte wie Mietzahlungen werden gutgeschrieben

Wer neben seiner Rente noch weitere Einkünfte etwa aus Mietzahlungen, Arbeitslohn oder Auszahlungen aus der Riester-Rente bezieht, erhält einen Altersentlastungsbetrag. Dieser wird Steuerzahlern automatisch im Jahr nach der Vollendung ihres 64. Lebensjahres gutgeschrieben.

Die Höhe richtet sich danach, in welchem Jahr das 64. Lebensjahr vollendet wird. Wer etwa zwischen dem 2. Januar 1955 und dem 1. Januar 1956 geboren wurde, sein 64. Lebensjahr also 2019 vollendet hat, erhält zeitlebens ab dem Folgejahr einen Altersentlastungsbetrag von 16 Prozent der Einkünfte, maximal 760 Euro.

Sowohl der Prozentsatz als auch der Höchstbetrag werden dauerhaft festgeschrieben. Auch diese Vergünstigung wird in den kommenden Jahren abgeschmolzen. So wird es für diejenigen, die ihr 64. Lebensjahr 2040 oder später vollenden, keinen Altersentlastungsbetrag mehr geben.

Wer neben seiner Rente noch Einkünfte wie Mietzahlungen hat, erhält einen Altersentlastungsbetrag. Dessen Höhe richtet sich danach, in welchem Jahr das 64. Lebensjahr vollendet wird.
Wer neben seiner Rente noch Einkünfte wie Mietzahlungen hat, erhält einen Altersentlastungsbetrag. Dessen Höhe richtet sich danach, in welchem Jahr das 64. Lebensjahr vollendet wird. © istocK

„Der Altersentlastungsbetrag steht jedem Ehegatten für seine Nebeneinkünfte gesondert zu“, sagt Steuerexperte Rauhöft. Daher ist es günstig, wenn etwa Mietzahlungen auf beide Ehepartner entfallen, so dass jeder über eigene Einkünfte verfügt und der Altersentlastungsbetrag auf diesem Weg doppelt genutzt werden kann.

Steuerzahler können den Altersentlastungsbetrag mitunter auch für ihre Kapitalerträge nutzen. Dazu müssen sie ihre Kapitalerträge in die „Anlage KAP“ eintragen und eine Günstigerprüfung beantragen.

„Sollte der Steuersatz für die gesamten Einkünfte nach Abzug des Altersentlastungsbetrags unter 25 Prozent liegen, wird der Entlastungsbetrag auch auf Kapitaleinkünfte gewährt und die Kapitaleinkünfte werden mit dem niedrigeren individuellen Steuersatz besteuert“, sagt Steuerexperte Rauhöft.

Grenze für Hinzuverdienst für 2020 deutlich angehoben

Wer sich früher zur Ruhe setzt als vom Gesetzgeber vorgesehen, konnte bislang bis zu 6300 Euro im Jahr verdienen ohne dass seine Rente gekürzt wurde. Diese Grenze hat der Gesetzgeber für das Jahr 2020 deutlich auf 44.590 Euro angehoben.

Den Verdienst aus dem Nebenjob tragen Rentner in der „Anlage N“ ein. Pfleger und Ärzte, die wieder in den Beruf eingestiegen sind, können eine Übungsleiterpauschale nutzen – sofern ihre regelmäßige Wochenarbeitszeit nicht mehr als 14 Stunden betrug.

„Dadurch bleibt 2020 ein Einkommen von bis zu 2400 Euro steuer- und sozialabgabenfrei“, sagt Steuerberater Herold.

Zudem muss der Auftraggeber eine juristische Person öffentlichen Rechts (etwa ein Gesundheitsamt oder ein staatliches Krankenhaus) oder eine wegen der Förderung steuerbegünstigter Zwecke anerkannte Einrichtung sein (etwa ein gemeinnütziges Krankenhaus). Darüberhinausgehende Beträge müssen normal versteuert werden.

Die „Anlage R-AV/bAV“

Auszahlungen aus einer betrieblichen Altersvorsorge, also aus Pensionsfonds, Pensionskassen, VBL oder aus Direktversicherungen, gehören seit 2020 in die „Anlage R-AV/bAV“, Renten aus dem Ausland in die „Anlage R-AUS“.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.