Berlin. Schüler und Lehrer sind im Ungewissen, wie der Schulbetrieb in der Corona-Pandemie nach dem 11. Januar weitergehen soll.

Es war eine kurze Verschnaufpause: Als vor Weihnachten das Land erneut in den Lockdown ging, retteten sich Schulen mit ausgesetzter Präsenzpflicht und vorgezogenen freien Tagen in die Ferien. Doch die sind jetzt fast vorbei – und die Diskussion läuft, wie es jetzt an den Schulen weitergehen soll.

Angestoßen hatte sie Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), die sich mit Nachdruck dafür aussprach, vor allem für untere Klassen die Schulen am 11. Januar wieder zu öffnen – „unabhängig von den Inzidenzzahlen“. Präsenzunterricht sei, gerade für jüngere Kinder, durch nichts zu ersetzen.

Corona und Schule: Ist Präsenzunterricht wirklich unersetzbar?

Eine Position, die viel auf Unverständnis stieß, unter anderem beim Deutschen Lehrerverband. „Gar nichts“ halte er von dieser Linie, sagt Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger dieser Redaktion. „Man kann Schulen nicht abkoppeln vom Geschehen drum herum.“ Auch SPD-Chefin Saskia Esken wies Eisenmanns Vorstoß zurück: Sie sagte dieser Redaktion, ihr fehle „jede Phantasie dafür“, wie das Ziel, die Sieben-Tage-Inzidenz auf unter 50 je 100.000 Einwohner zu senken, schon zum 11. Januar erreicht werden könne. Eine Ankündigung, die Schulen völlig unabhängig von den Inzidenzen wieder zu öffnen, sei deshalb „in meinen Augen geradezu unverantwortlich.“

Auch die Bewertung, dass Präsenzunterricht durch nichts zu ersetzen sei, teilt Esken nicht. Zumindest ab Klasse 7 sei Distanzlernen zu leisten, vor allem im Wechsel mit Präsenzphasen, damit Lehrkräfte und Schüler im engen Kontakt blieben. „Es muss endlich aufhören, dass Präsenzunterricht und digitale Bildung gegeneinander ausgespielt werden. Stattdessen brauchen wir einen Plan, wie wir die Ziele von Bildungsgerechtigkeit und Gesundheitsschutz optimal verbinden.“

Schulen sollen geöffnet werden – aber nicht um jeden Preis

Dass der bis zum möglichen Ende des harten Lockdowns am 10. Januar existiert, ist allerdings zweifelhaft. Erklärtes Ziel der Kultusministerkonferenz ist es deshalb, die Schulen wieder zu öffnen – aber nicht um jeden Preis, sagt Britta Ernst (SPD), Bildungsministerin von Brandenburg ab 14. Januar neue Vorsitzende der Kultusministerkonferenz. „Es muss immer eine Gesamtabwägung vor allem mit dem Schutz der Gesundheit geben“, sagte Ernst dieser Redaktion. Schulen hätten einen Beitrag zur Reduzierung der Kontakte geleistet. Wie es im Januar weitergehe, werde Anfang der kommenden Woche vor dem Hintergrund des dann bekannten Pandemiegeschehens abgewogen werden müssen.

Am 4. Januar wollen die Kultusministerinnen und Kultusminister der Länder zu Beratungen zusammenkommen. Einen Tag später entscheiden die Regierungschefs von Bund und Länder, wie es an den Schulen weitergehen soll. Schon jetzt zeichnet sich aber ab, dass es in vielen Bundesländern erst einmal keine Rückkehr zum vollen Präsenzunterricht geben wird. Lesen Sie auch: Coronavirus: Wie geht es Deutschlands "Patient 1" heute?

Kurzfristige Entscheidungen macht Betroffenen den Umgang mit der Situation schwer

Niedersachsen hatte schon vor Weihnachten erklärt, dass Schüler und Schülerinnen ab Klasse 5 bis Ende Januar im Wechsel zuhause und in der Schule unterrichtet werden, ausgenommen ist der Abiturjahrgang. In Rheinland-Pfalz soll es zunächst bis Mitte des Monats Fernunterricht geben, auch in Hamburg rechnet Bildungssenator Ties Rabe (SPD) nicht damit, dass ab dem 11. Januar wieder in Präsenz unterrichtet wird.

Wie kurzfristig derzeit entschieden wird, wie es weitergeht, mache es den Betroffenen schwerer, damit umzugehen, sagt Klaus Hurrelmann, Bildungsforscher an der Hertie School of Governance in Berlin. „Es wäre dringend nötig, Pläne drei oder vier Wochen im Voraus zu entwickeln und das durchzuhalten, um die Lage ein bisschen kalkulierbar zu machen“, sagt er. Der Forscher plädiert, vor allem für die Klassen vier bis zehn, für ein Hybridmodell aus Präsenz- und Distanzunterricht. Auch interessant: Deutsches Schulessen: Viel Fleisch und Süßes, wenig Gemüse

Die schlechteste aller Optionen sei es, die Schulen wie zeitweise im Frühjahr vollständig zu schließen. „Kinder, die ein Elternhaus haben, in dem sie benachteiligt, drangsaliert, sogar missbraucht werden, sind angewiesen auf die Schule als sicheren Ort“, sagt Hurrelmann. Eine komplette Schließung sei „das Schlimmste, was man diesen Kindern derzeit antun kann“.