Berlin/Frankfurt. Der Name einer Frankfurter Pizzeria verärgerte viele Italiener. Die Botschaft in Berlin mischte sich ein. Nun reagieren die Betreiber.

  • Mit ihrem Namen und der Gestaltung ihrer Pizzeria haben Betreiber für Aufregung und Ärger in Italien gesorgt
  • Der Grund: Die Pizzeria „Falcone & Borsellino“ wurde nach zwei von der Mafia getöteten Juristen benannt
  • Giovanni Falcone und Paolo Borsellino gelten in Italien als zwei der größten Helden des 20. Jahrhunderts

Warum genau die Inhaber der Frankfurter Pizzeria „Falcone & Borsellino“ genau diesen Namen für sein Restaurant wählte, ist nicht bekannt. Allerdings ist ziemlich sicher: Sie hatten das mit der Namensgebung nicht ganz zu Ende gedacht – und damit nicht nur die Gefühle vieler Italiener verletzt, sondern sogar den Ärger der italienischen Regierung auf sich gezogen.

Dokumentiert ist dieser Ärger in einer öffentlichen Mitteilung der italienischen Botschaft in Berlin. „Eine verstörende Aktion“ des Gastronomen wird darin beklagt, und weiter heißt es, diese Aktion könne „dem Ansehen Italiens schaden“. Die Botschaft veröffentlichte die Mitteilung am vergangenen Freitag, an dem der Streit um den Namen der Pizzeria bereits Thema vor dem Frankfurter Landgericht war.

Wer verstehen will, warum das Thema so heikel ist, muss einen Blick in die italienischen Geschichtsbücher werfen und einen zweiten in das besagte Restaurant im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen. Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, die Namensgeber der Pizzeria, waren dort auf einem großen Schwarz-Weiß-Bild zu sehen.

Ein paar Meter weiter hängt ein großformatiges Bild von Marlon Brando in seiner Rolle als Mafiaboss Vito Corleone in „Der Pate“. Und genau das ist die Kombination, an der sich nun der Streit entzündet.

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Pizzeria in Frankfurt trägt Namen bekannter Anti-Mafia-Kämpfer

Denn Giovanni Falcone und Paolo Borsellino gelten in Italien als zwei der größten Helden des 20. Jahrhunderts, weil sie zu den ersten Juristen der Landesgeschichte gehörten, die der sizilianischen Mafia ernsthaft den Kampf ansagten, weil sie im gigantischen „Maxi-Prozess“ in den 1980ern mehr als 400 Mitglieder der Cosa Nostra vor Gericht brachten – und weil sie letztlich beide ihren Einsatz gegen die Mafiosi mit dem Leben bezahlten.

Falcone kam im Mai 1992 ums Leben, Borsellino nur knapp zwei Monate später. Beide Male waren Bombenanschläge die Ursache, beide Male wurden durch die Wucht der Detonation auch mehrere Begleiter der beiden getötet, darunter auch Falcones Ehefrau. Eine nationale Tragödie.

Noch heute erinnert eine große, steinerne Säule am Rand der Autobahn zwischen Palermo-Stadt und dem Flughafen der Metropole an das Attentat auf Falcone. Auch der Flughafen selbst wurde nach den beiden Mafiagegnern benannt.

Dieser Heldenstatus auf der einen Seite und auf der anderen die Tatsache, dass ihr Bruder im „Falcone & Borsellino“ in Frankfurt nun Namensgeber für eine Pizza mit Peperoniwurst, Champignons, Oliven und Brokkoli sein sollte, war für Maria Falcone dann zu viel. Zumal die „Pizza Falcone“ unter den Augen von Vito Corleone serviert wurde und auf einer Speisekarte stand, die mit Einschusslöchern verziert war.

Capaci auf Sizilien am 23. Mai 1992: Die Autobahn 29 ist völlig zerstört, nachdem die Mafia den Richter Giovanni Falcone in seinem Auto mit 500 Kilogramm TNT in die Luft sprengte.
Capaci auf Sizilien am 23. Mai 1992: Die Autobahn 29 ist völlig zerstört, nachdem die Mafia den Richter Giovanni Falcone in seinem Auto mit 500 Kilogramm TNT in die Luft sprengte. © Imago images / Leemage

Schwester von Giovanni Falcone sieht Würde ihres Bruders verletzt

Maria Falcone, die Schwester des bekannten Anti-Mafia-Richters, klagte also in Deutschland und argumentierte, der Betreiber verletze mit seiner unsensiblen Gestaltung des Restaurants die Würde und das Andenken ihres Bruders. Erfolglos. Das Gericht in Frankfurt war der Ansicht, dass Giovanni Falcone in Deutschland nicht ausreichend bekannt sei, als dass sein Name in diesem Fall geschützt werden könnte. (Az.: 2-06 O 322/19)

Das Urteil sei für sie wie „ein großer Schmerz“, sagte Maria Falcone laut Nachrichtenagentur Ansa. Die italienische Botschaft pflichtete ihr bei: Der vom Gericht nicht beanstandete Umstand verletze „die Sensibilität der Angehörigen der beiden Richter und aller unschuldigen Opfer der Mafia in nicht hinnehmbarer Art und Weise“.

Pizzeria-Betreiber wollen das „Falcone & Borsellino“ umbenennen

Maria Falcone hat angekündigt, gegen das Urteil vorzugehen. Die italienische Regierung hat ihre Unterstützung zugesagt. Doch wahrscheinlich wird es kein weiteres Nachspiel vor Gericht brauchen. Auf die Kritik der italienischen Botschaft reagierten die Betreiber mit dem Versprechen, einen neuen Namen für ihr Restaurant suchen zu wollen.

„Zu keiner Zeit war es unser Ansinnen, mit der Namensgebung unseres Restaurants das organisierte Verbrechen zu banalisieren, die Mafia zu verherrlichen oder die Sensibilität der Angehörigen der beiden Anti-Mafia-Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino und aller unschuldigen Opfer der Mafia zu verletzen“, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Brief der Inhaberfirma Pratolina GmbH an den italienischen Botschafter in Berlin.

Weiter hieß es, die Namensauswahl sei vielmehr als Anerkennung gemeint gewesen. Dennoch werde man auf „Falcone&Borsellino“ künftig verzichten. Zwar sei die Klage dagegen abgewiesen worden. „Was allerdings für Recht erkannt ist, muss moralisch nicht richtig sein.“

(mit dpa)