Rom. Italien verlängert wohl die Ausgangssperre. Immer mehr ist über die Opfer bekannt: über ihr Durchschnittsalter und ihre Vorerkrankungen

  • Die Lage in Italien wird immer dramatischer: In dem europäischen Land starben mehr Menschen als in China – zumindest laut den gemeldeten Fällen
  • Insgesamt sind in Italien mehr als 3400 gestorben – bei rund 36.000 Infizierten. Die Dunkelziffer dürfte noch höher liegen
  • Im Internet rufen Italiener Menschen aus anderen Ländern zu mehr Achtsamkeit auf, damit ihnen nicht das gleiche Schicksal widerfährt

Italien hat im Zuge der Coronavirus-Pandemie mehr Todesfälle als China gemeldet und ist damit das Land auf der Welt mit den meisten offiziell gemeldeten Toten. Bisher seien 3405 Menschen gestorben, teilte der italienische Zivilschutz am Donnerstag in Rom mit.

In China, wo die Pandemie ihren Ausgang genommen hatte, starben bislang mehr als 3200 Menschen. Fachleute können noch nicht sagen, wann der Höhepunkt der Ansteckungswelle erreicht sein dürfte.

Italien ist das von der Corona-Krise in Europa am härtesten getroffene Land mit rund 36.000 Infizierten. Allein zwischen Dienstag und Mittwoch sind dort 475 Menschen im Zusammenhang mit der vom Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 gestorben.

Der derzeitige Ausnahmezustand bleibt noch länger bestehen. Es sei unvermeidbar, die Ausgangssperre über ihre „ursprüngliche Frist“ hinaus zu verlängern, sagte Conte der Zeitung „Il Corriere della Sera“ vom Donnerstag. Genauer wurde er nicht: „Im Moment ist es nicht sinnvoll, mehr zu sagen“, sagte Conte.

In Italien gelten landesweit drastische Beschränkungen der Reise- und Versammlungsfreiheit. Bislang müssen die meisten Geschäfte bis zum 25. März schließen, auch öffentliche Versammlungen sind bis dahin verboten. Die Schulen bleiben bis zum 3. April geschlossen, auch große Sportveranstaltungen müssen bis dahin ohne Publikum stattfinden.

„Wir haben den Zusammenbruch des Systems verhindert, die restriktiven Maßnahmen wirken“, sagte der Regierungschef. Wenn nun „hoffentlich in einigen Tagen“ der Höhepunkt erreicht sei und die Zahl der Ansteckungen zurückgehe, „können wir nicht sofort zum vorherigen Leben“ zurückkehren.

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Coronavirus in Italien: Das ist das Durchschnittsalter der Todesfälle

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Italiener warnen Nachbarstaaten

Nun warnen zahlreiche Italiener die restliche Welt davor, was ihr noch bevorsteht. Vor allem die Sorglosigkeit vieler Menschen in den Nachbarstaaten bereitet ihnen große Sorgen. „Bitte, schützen Sie sich. Hören Sie nicht auf diejenigen, die Ihnen sagen, das sei nichts“, schreibt etwa die Nonne Linda Maresca im Online-Dienst Twitter. „Ich möchte euch warnen, damit ihr nicht dasselbe durchmachen müsst wie wir“, beschwört der Blogger Marco Cartasegna seine 386.500 Anhänger auf Instagram. „Bitte, nehmt uns als mahnendes Beispiel und handelt sofort, um eine größere Krise in euren Ländern zu verhindern“.

In Italien liegt das Durchschnittsalter der an den Folgen einer Coronavirus-Infektion Verstorbenen bei 79,5 Jahren. Bei 70 Prozent der Toten handele es sich um Männer, teilte das italienische Institut für Gesundheit (ISS) am Mittwoch mit. Die Wissenschaftler stützen sich auf Daten von 2003 der in Italien verstorbenen Corona-Patienten.

707 der in Italien an den Folgen einer Coronavirus-Infektion gestorbenen Menschen waren laut der ISS-Statistik zwischen 70 und 79 Jahre alt, 852 zwischen 80 und 89 Jahre. 198 waren älter als 90.

Nur 17 an der durch das neuartige Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 Verstorbenen seien jünger als 50 gewesen, teilte das ISS mit. Fünf dieser Menschen seien unter 40 gewesen. Es habe sich ausschließlich um männliche Patienten im Alter zwischen 31 und 39 Jahren mit schweren Vorerkrankungen gehandelt, erklärte das Institut. Lesen Sie hier: „Bei Bildern aus Deutschland sind uns die Tränen gekommen“

Todesfälle durch Coronavirus: Diese Vorerkrankungen hatten die Verstorbenen

Die Wissenschaftler machten rund ein Dutzend Vorerkrankungen aus, an denen die meisten der gestorbenen Covid-19-Patienten gelitten hatten. Am häufigsten waren dies demnach Bluthochdruck, Diabetes sowie koronare Herzkrankheiten. 48,5 Prozent der Patienten hatten laut ISS mindestens drei Vorerkrankungen. 25,6 Prozent weitere litten an zwei chronischen Krankheiten.

Nur bei drei der Verstorbenen war dem Institut zufolge keine Vorerkrankung bekannt. Dies entspricht 0,8 Prozent aller in Italien registrierten Todesfälle. So dramatisch schildert ein Arzt aus Italien die Coronavirus-Krise.

Im Schnitt vergingen den Wissenschaftlern zufolge acht Tage zwischen dem Auftreten der ersten Corona-Symptome und dem Tod. Als mit Abstand häufigste Symptome nannte das Institut Fieber und Atemnot — dies zeigten der Statistik zufolge rund zwei Drittel aller gestorbenen Patienten. 42 Prozent der später Verstorbenen litten zudem unter Husten.

So will Italiens Ministerpräsident die Wirtschaft retten

Ministerpräsident Conte hat im Kampf gegen die Folgen der Coronavirus-Welle ein weiteres Wirtschaftspaket für Italien mit hohen Milliardenhilfen in Aussicht gestellt. Die Regierung in Rom arbeite daran und wolle es in den nächsten zwei Wochen vorstellen, sagte Conte „Corriere della Sera“.

Der parteilose Politiker sagte, seine Regierung mit Sozialdemokraten und der Fünf-Sterne-Bewegung arbeite an Investitionshilfen in selten da gewesenem Ausmaß. „Ich kann im Moment nicht sagen, ob es 50 oder 70 oder 100 Milliarden Euro sein werden, aber es wird sicherlich die größte Maßnahme der letzten Jahrzehnte sein“, sagte Conte. Geld könne auch in die Infrastruktur fließen. Vor kurzem hatte die Regierung ein Hilfspaket von rund 25 Milliarden Euro verabschiedet.

(FMG/dpa/AFP)