Bergamo/Berlin. Aus einer überfüllten Klinik in Bergamo beschreibt ein italienischer Arzt, wie das Personal dort mit der Coronavirus-Epidemie kämpft.

Ministerpräsident Giuseppe Conte hat Italien wegen des Coronavirus zur Sperrzone erklärt. Im ganzen Land dürfen Italiener seit Dienstag nur noch aus beruflichen, gesundheitlichen oder anderen dringenden Gründen unterwegs sein. Ansonsten sollen sie ihre Wohnungen und Häuser nicht verlassen. Das Dekret gilt zunächst bis zum 3. April.

Unter dem Hashtag #iorestoacasa (deutsch: „Ich bleibe zuhause“) posten viele Italiener in den sozialen Netzwerken Bilder aus ihren Wohnungen oder beschreiben – teils auch humorvoll – wie es ihnen in der Schutzzone ergeht. Die meisten haben Verständnis für die Maßnahme der Regierung, schreiben aber auch, dass sie noch nie etwas Vergleichbares erlebt hätten.

Der italienische Arzt Daniele Macchini wendet sich jedoch mit einem dramatischen Post auf seiner Facebook-Seite an die Öffentlichkeit. Macchini arbeitet im Krankenhaus Humanitas Gavazzeni in Bergamo in der Region Lombardei. Die Region ist in Italien am schlimmsten von der Coronavirus-Epidemie betroffen. In Italien sind mehr als 10.000 Menschen mit dem Coronavirus infiziert über 630 Menschen bereits an den Folgen der Infektion gestorben.

Arzt schildert die Coronavirus-Epidemie: „Der Krieg ist explodiert“

Was er im Krankenhaus erlebe, schreibt der Arzt Macchini, weiche stark davon ab, was die Menschen „draußen“ mitbekämen. Er wolle mit seinem Post die Realität in dem Krankenhaus in der Lombardei zeigen.

„Der Krieg ist buchstäblich explodiert und die erbarmungslosen Schlachten finden ununterbrochen statt, Tag und Nacht“, schreibt er. Der Krieg, den er meint, ist der Kampf gegen die vom Coronavirus ausgelöste Erkrankung Covid-19. Diese bezeichnet Macchini als „Feind“.

Er ignoriert die Social-Media-Regeln der privaten Humanitas-Klinikgruppe, die diese für die Coronavirus-Krise aufgestellt hatte. „Ich habe lange überlegt und bin zu dem Schluss gekommen, dass Schweigen nicht richtig ist“, so Macchini.

Eigentlich ist er Allgemeinchirurg, aber die Unterteilung in Fachrichtungen gäbe es zu Zeiten der Coronavirus-Epidemie längst nicht mehr. „Es gibt jetzt hier keine Unterteilung mehr nach Chirurgen, Urologen und Orthopäden – wir sind alle nur noch Ärzte, die versuchen, diesen Tsunami zu bekämpfen, der auf uns herabstürzt“, schreibt der Arzt. Lesen Sie hier: Coronavirus in Italien: Was die Sperrzone bedeutet

Macchini: „Jetzt ist die Situation gelinde gesagt dramatisch“

Macchini schreibt weiter: „Ich verstehe die Notwendigkeit, keine Panik zu schüren. Aber es schaudert mich, wenn die Nachricht von der Gefahr dessen, was gerade passiert, nicht bei den Menschen ankommt, sie sich nicht um die Empfehlungen kümmern oder sie sich beschweren, dass sie nicht ins Fitnessstudio gehen oder Fußball spielen können.“

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Der Arzt berichtet von einer Nachtschicht vor gut einer Woche. Die verbrachte er damit, nervös auf das Testergebnis des ersten Coronavirus-Verdachtsfall in diesem Krankenhaus zu warten. „Wenn ich wieder an diese Nacht denke, erscheint mir meine Aufregung über einen einzigen Fall fast lächerlich.“

Macchini weiter: „Jetzt ist die Situation gelinde gesagt dramatisch. Ich finde keine anderen Worte dafür.“ So versuchen er und seine Kollegen die Erkrankten zu behandeln: „Es gibt nicht viele Therapiemöglichkeiten für dieses Virus. Es hängt hauptsächlich vom Körper ab, wir können den Organismus nur unterstützen. Die Diagnose ist immer dieselbe: beidseitige Lungenentzündung.“

Das medizinische Personal ist vollkommen erschöpft

„Die Symptome der Neuzugänge auf dem Bildschirm sind immer die gleichen: hohe Temperatur und Kurzatmigkeit, hohe Temperatur und Husten. Einige müssen bereits intubiert und in die Notfallstation geschickt werden. Für andere ist es einfach zu spät... Jedes Beatmungsgerät wird zu Gold“, schreibt Macchini.

Das medizinische Personal sei vollkommen erschöpft. „Es gibt keine Schichten mehr, keine Stunden. Das soziale Leben ist für uns ausgesetzt. Fast zwei Wochen lang habe ich freiwillig meinen Sohn und meine Familienmitglieder nicht mehr gesehen, aus Angst, sie anzustecken.“

Der Bericht des Arztes ist aber vor allem auch ein Appell an das Verantwortungsbewusstsein der Menschen. Als Ärzte in der Klinik hätten sie Einfluss auf Leben und Tod einiger Dutzend Menschen, die Bevölkerung könne durch ihr Verhalten viel mehr bewirken. „Bitte, hören Sie uns zu, versuchen Sie nur für die unverzichtbaren Dinge aus dem Haus zu gehen“, schreibt Daniele Macchini.

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