Berlin. Julia Klöckner setzt auf Vermittlung. Doch mit ihrem Kurs gerät die Ministerin für Landwirtschaft immer wieder zwischen die Fronten.

Als Julia Klöckner Ministerin wurde, waren die deutschen Bauern froh. Er freue sich sehr, sagte im Februar 2018 Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands, über Klöckners Ernennung zur Ministerin für Landwirtschaft, schließlich sei sie „eine ausgewiesene Expertin im Bereich Landwirtschaft“. Nicht nur, dass die CDU-Politikerin schon früher als Staatssekretärin Landwirtschaftspolitik gemacht hat, sie kommt auch aus einer Winzerfamilie. Aller Grund zum Optimismus also, dachten wohl die Landwirte.

Der dürfte seitdem vergangen sein. Wie groß der Ärger über die Agrarpolitik der Regierung ist, zeigen die vielen Traktoren am Dienstag vor dem Brandenburger Tor. Sie stehen auch wegen Julia Klöckner da – und sind nicht der einzige Ärger, den die CDU-Ministerin hat.

Vom Feld über den Supermarkt bis auf die Teller: Mit der Landwirtschaft und ihre Produkte kommt jeder in Berührung. Ein „Lebensministerium“ nennt Klöckner ihr Haus deswegen, ein Teil der Bundespolitik, das alle angeht. Das heißt allerdings auch, dass sehr viele Leute mitreden wollen: Von den Bauern über Tierschützer bis zu Klimawissenschaftlern. Und so richtig zufrieden mit Klöckners Arbeit ist von denen im Moment keiner.

Tierschützer gegen Bauern gegen Klöckner

Tierschützer monieren unter anderem den zu geringen Platz in den Ställen und dass noch immer jedes Jahr hunderttausende Küken geschreddert werden. Umweltverbände und Wissenschaftler sehen in der konventionellen Landwirtschaft mit Monokulturen und Pestizid-Einsatz einen der wichtigsten Gründe für das massenhafte Sterben von Insekten in Deutschland. Und die Bauern klagen über mangelnden Rückhalt von der Ministerin, über zu niedrige Preise für Lebensmittel und zu viele neue Auflagen, zum Beispiel bei der Tierhaltung.

Klöckner steht dazwischen – und versucht zu vermitteln. Dabei setzt sie vor allem auf Anreize und Freiwilligkeit. Tier-, Pflanzen- und Umweltschutz gerne, aber möglichst ohne all zuviel Zwang. Der Einsatz von Glyphosat soll enden – aber erst, wenn das Mittel auf EU-Ebenen ohnehin nicht mehr erlaubt ist. Auch mit dem Kükentöten soll Schluss sein, aber erst dann, wenn männliche Küken schon im Ei aussortiert werden können.

Und das Tierwohllabel soll Schweinefleischprodukte auszeichnen, bei denen die Tiere zu Lebzeiten bessere Lebensbedingungen hatten als gesetzlich unbedingt vorgesehen. Den Bauern, die dafür freiwillig sorgen, könne das als Verkaufsargument dienen – und den Verbrauchern als Grund, ein bisschen mehr Geld auszugeben. Die sieht Klöckner nämlich auch in der Verantwortung, an der Supermarktkasse zu beweisen, dass ihnen bessere Lebensbedingungen für Tiere und weniger Pestizide etwas wert sind.

Lange die Nachwuchshoffnung

Eineinhalb Jahre nach Amtsantritt hat sich Klöckner mit ihrem Kurs deshalb wenig Freunde gemacht, das aber immerhin verteilt auf alle Seiten. Ambitionen auf noch höhere Ämter dürften damit aber erst einmal vom Tisch sein. Dabei war die CDU-Politikerin innerhalb ihrer Partei lange als Teil der „Führungsreserve“ gehandelt worden.

Mit einer direkten Sprache und unverstellten Art fiel sie auf in den Reihen des CDU-Nachwuchses. Bundestagsabgeordnete mit 29, Staatssekretärin in dem Ministerium, das sie jetzt leitet, mit 36, Parteichefin in Rheinland-Pfalz mit 39. Ins Stocken geriet der Aufstieg, als sie 2011 als Spitzenkandidatin gegen SPD-Mann Kurt Beck die Landtagswahlen knapp verlor. Auch ein zweiter Versuch 2016, dieses Mal gegen Malu Dreyer, war nicht erfolgreich.

Zwei Jahre später wechselte Klöckner als Ministerin nach Berlin. Was danach kommen wird, ist offen. Zurück nach Rheinland-Pfalz will sie jedenfalls nicht: Für die Landtagswahl 2021 hat sie eine erneute Spitzenkandidatur abgelehnt.