Berlin. Vom Busfahrer-Sohn zum „Boss“ der Rockmusik: Bruce Springsteen galt als die „Zukunft des Rock’n’Roll“ – jetzt feiert er 70. Geburtstag.

Geschätztes Vermögen: 460 Millionen Dollar. Die Wohnsitze: Anwesen in New Jersey, Florida und Beverly Hills, die jeweils so groß sind, dass sie ihre eigene Postleitzahl verdienen. Anzahl der Grammy-Trophäen: 20. Und trotzdem würde Bruce Springsteen absolut überzeugend wirken als der Typ, der einem in einer Vorortwerkstatt erklärt, dass die Stoßdämpfer mal dringend erneuert werden müssen.

Dem Rockmusiker mit dem Arbeiterklasse-Nimbus nimmt man seine „Ich bin einer von euch“-Attitüde ab – auch nach 45 Karrierejahren. Am Montag wird der beneidenswert durchtrainierte „Boss“, wie man ihn mit der richtigen Mischung aus Liebe und Respekt nennt, 70 Jahre alt.

Kritiker bejubeln sein 19. Album

Verheiratet seit 1991: US-Rockstar Bruce Springsteen und seine Frau Patti Scialfa verlassen im Oktober 2017 das Walter Kerr Theater in New York nach der Premiere von „Springsteen On Broadway“
Verheiratet seit 1991: US-Rockstar Bruce Springsteen und seine Frau Patti Scialfa verlassen im Oktober 2017 das Walter Kerr Theater in New York nach der Premiere von „Springsteen On Broadway“". © dpa | Evan Agostini

Gefeiert wird Springsteen schon seit Wochen euphorisch. Kritiker bejubeln sein 19. Studioalbum „Western Stars“. Es ist ein Album wie ein Roadmovie, in dem der leidenschaftliche Autofahrer melancholische Geschichten aus den endlosen Weiten Amerikas erzählt – von der Mitte und manchmal auch vom Abseits seines Landes. Springsteen schaffte es damit auf Platz eins der deutschen Charts.

Lesen Sie auch: Darum dürfen Astrazeneca-Geimpfte nicht zum Springsteen-Konzert

Zeitgleich eroberte „Blinded by The Light“ die Kinos. Der Film ist eine Hommage an den Boss und erzählt die Geschichte seines größten Fans, einem jungen Einwanderer im London der 80er-Jahre, dem die Songs seines Idols Halt geben.

Traurige Lieder, aber frei von Kitsch

Sowieso ist Springsteen längst ein Volksheld. Er gilt als uramerikanisch, obwohl er immer wieder die Risse der Nation beleuchtet: Seine Lieder sind traurig, aber frei von Kitsch. Sie sind wütend, aber frei von Rachsucht. Exemplarisch dafür steht sein wohl bekanntester Hit: „Born in The USA“ (1984) handelt von einem gebrochenen Vietnamveteranen, wurde aber zur patriotischen Hymne umgedeutet.

Der Song machte Springsteen auch international zum Superstar – Höhepunkt eines gelebten „American Dream“. „Ich komme aus einem Küstenstädtchen, in dem fast alles einen Anschein von Lug und Trug hat – genau wie ich“, beginnt er seine 2016 erschienene Autobiografie „Born to Run“.

Liebloser Vater, engagierte Mutter

Legendäres Konzert in Ost-Berlin: Bruce Springsteen spielt bei einem Auftritt in Ostberlin am 19. Juli 1988 auf seiner E-Gitarre.
Legendäres Konzert in Ost-Berlin: Bruce Springsteen spielt bei einem Auftritt in Ostberlin am 19. Juli 1988 auf seiner E-Gitarre. © dpa | Roland Holschneider

Arm und katholisch ist sein Elternhaus in New Jersey. Sein liebloser Vater ist mal Busfahrer, mal Wachmann, mal arbeitslos. Gefördert wird der kleine Bruce von seiner Mutter, einer Sekretärin. Als er 13 ist, schenkt sie ihm für 18 Dollar eine Gitarre. „Die Gitarre ist das Werkzeug, mit dem ich versuche, der Welt einen Sinn zu geben“, sagte er einmal, „sie ist für mich eine Art Schutzengel.“

Springsteen spielt in örtlichen Bands und erhält bald seinen Beinamen „The Boss“, weil er seine geringe Gage so gerecht mit allen Musikern teilt. „Es loderte ein Feuer in mir“, sagte er. Und dieses Feuer fiel auch dem Musikjournalisten Jon Landau auf. „Ich sah die Zukunft des Rock ’n‘ Roll, und sie heißt Bruce Springsteen“, schrieb er 1974 in einer Konzertkritik.

„Stadionrock“ für 160.000 Zuschauer

Landau wurde Springsteens Manager. Ein Jahr später gelingt dem Sänger mit dem Album „Born to Run“ den Durchbruch – es gilt heute als eine der besten Rockplatten aller Zeiten. In den folgenden Jahren werden Titel wie „Hungry Heart“, „Dancing in the Dark“ und „I‘m on Fire“ Klassiker, auch weil sich ihre Refrains so schön mitgrölen lassen.

„Stadionrock“, spötteln Kritiker, aber vor Hunderttausenden textsicheren Fans in Arenen aufzutreten, kann ja nichts Schlechtes sein. Sein Konzert am 19. Juli 1988 in Ost-Berlin mit 160.000 Zuschauern gilt als das größte Musikereignis der DDR. Nebenbei macht er den „Double Denim“-Look populär: Jeansweste zu Jeanshose. Eine Kombination, die nach Meinung mancher Modeexperten der Boss tragen kann – und bitte niemand sonst.

Kampf gegen Depressionen

In den 1990er-Jahren wird es ruhiger um ihn, einzig sein Song „Streets of Philadelphia“ aus dem Aids-Drama „Philadelphia“ schafft es an die Chartspitze. Ab den Nullerjahren landet wieder fast jedes seiner Alben auf Platz eins.

  • Hintergrund:

Broadway-Debüt von Bruce Springsteen

US-Rockstar Bruce Springsteen und seine Frau, die Sängerin Patti Scialfa, verlassen das Walter Kerr Theatre am Broadway in New York. Der „Boss“ feierte am Donnerstagabend sein Broadway-Debüt mit Starauflauf.
US-Rockstar Bruce Springsteen und seine Frau, die Sängerin Patti Scialfa, verlassen das Walter Kerr Theatre am Broadway in New York. Der „Boss“ feierte am Donnerstagabend sein Broadway-Debüt mit Starauflauf. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Die intime Show „Springsteen on Broadway“ im kleinen Walter Kerr Theatre (960 Plätze) war wegen der großen Nachfrage um zehn Wochen bis Anfang Februar verlängert worden. Der „Boss“ steht bis dahin fünf Abende pro Woche in New York auf der Bühne.
Die intime Show „Springsteen on Broadway“ im kleinen Walter Kerr Theatre (960 Plätze) war wegen der großen Nachfrage um zehn Wochen bis Anfang Februar verlängert worden. Der „Boss“ steht bis dahin fünf Abende pro Woche in New York auf der Bühne. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Evan Agostini
Schauspieler Tom Hanks ließ sich das Konzert nicht entgehen.
Schauspieler Tom Hanks ließ sich das Konzert nicht entgehen. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Und auch Regisseur Steven Spielberg mischte sich ins Publikum.
Und auch Regisseur Steven Spielberg mischte sich ins Publikum. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
Er kam mit Ehefrau Kate Capshaw.
Er kam mit Ehefrau Kate Capshaw. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Evan Agostini
90er Jahre Supermodel Christy Turlington zeigte sich mit Schauspieler Ed Burns der Presse vor dem Walter Kerr Theatre.
90er Jahre Supermodel Christy Turlington zeigte sich mit Schauspieler Ed Burns der Presse vor dem Walter Kerr Theatre. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Evan Agostini
Designer Ralph Lauren und Gattin Ricky Anne Loew-Beer kamen ebenfalls zur zweistündigen Show.
Designer Ralph Lauren und Gattin Ricky Anne Loew-Beer kamen ebenfalls zur zweistündigen Show. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Evan Agostini
Oscarpreisträger und Musical-Komponist Andrew Lloyd Webber wurde von seiner Tochter Imogen Lloyd Webber begleitet.
Oscarpreisträger und Musical-Komponist Andrew Lloyd Webber wurde von seiner Tochter Imogen Lloyd Webber begleitet. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Evan Agostini
Die US-amerikanische Schauspielerin Laura Linney kurz vor dem Konzert.
Die US-amerikanische Schauspielerin Laura Linney kurz vor dem Konzert. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Evan Agostini
Sein Markenzeichen ist das Bandana: Bruce Springsteen-Gitarrist Steven Van Zandt und seine Frau, Schauspielerin Maureen Van Zandt.
Sein Markenzeichen ist das Bandana: Bruce Springsteen-Gitarrist Steven Van Zandt und seine Frau, Schauspielerin Maureen Van Zandt. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Evan Agostini
Die US-amerikanische Schauspielerin und Golden-Globe-Preisträgerin Tina Fey kam mit ihrem Ehemann – dem Komponisten Jeff Richmond.
Die US-amerikanische Schauspielerin und Golden-Globe-Preisträgerin Tina Fey kam mit ihrem Ehemann – dem Komponisten Jeff Richmond. © picture alliance/AP Photo | dpa Picture-Alliance / Evan Agostini
Springsteen nach seiner zweistündigen Show, in der sich Erzählungen aus Springsteens Memoiren „Born to Run“ und musikalische Hits wie „Dancing in the Dark“ abwechselten.
Springsteen nach seiner zweistündigen Show, in der sich Erzählungen aus Springsteens Memoiren „Born to Run“ und musikalische Hits wie „Dancing in the Dark“ abwechselten. © REUTERS | EDUARDO MUNOZ
1/12

Zwei, die sich mögen: US-Präsident Barack Obama verleiht Bruce Springsteen Ende November 2016 die Freiheitsmedaille. „Ich bin der Präsident, aber er ist der Boss“, sagte Obama.
Zwei, die sich mögen: US-Präsident Barack Obama verleiht Bruce Springsteen Ende November 2016 die Freiheitsmedaille. „Ich bin der Präsident, aber er ist der Boss“, sagte Obama. © dpa | Shawn Thew

1991 heiratet er Patti Scialfa, Backgroundsängerin in Springsteens E Street Band. Die beiden bekommen drei Kinder, Tochter Jessica (27) wird erfolgreiche Springreiterin. Seine Frau hilft ihm in seinem Kampf gegen Depressionen. Seine Angst: „Kann ich so krank werden, dass ich wie mein Vater werde?“

Politisch hält Springsteen sich nie zurück. Er steht für das „gute“ Amerika. „Wir sind an eurer Seite. Wir sind der neue amerikanische Widerstand“, ruft er seinen Fans nach der Wahl Donald Trumps zum Präsidenten zu. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte noch eine klare Meinung zu dem Musiker: „Ich bin der Präsident, aber er ist der Boss.“