Berlin. Eckart von Hirschhausen feiert den zehnten Geburtstag seiner Stiftung. Der Komiker verrät, wann ihm aber gar nicht zum Lachen ist.

Gesunde können sich kranklachen – und Kranke gesund. Diese Idee, die vor rund 20 Jahren in den USA Schule machte und ihren Weg nach Deutschland fand, hat Eckart von Hirschhausen (51) aufgegriffen. Vor genau zehn Jahren hat der gelernte Mediziner und TV-Entertainer seine Stiftung „Humor hilft heilen“ gegründet, bei der zum Beispiel Klinikclowns kleine und große Patienten aufmuntern und den Lebensmut steigern. Ein Gespräch über die heilende Kraft des Humors.

Herr von Hirschhausen, was hat Sie auf die Idee gebracht, die Stiftung zu gründen?

Eckart von Hirschhausen: Ein Schlüsselerlebnis hatte ich vor vielen Jahren. Ein Arzt in einer psychosomatischen Kinderklinik schilderte mir eine Beobachtung während einer Zaubershow von mir. Ein Junge war schon länger in Behandlung mit „selektivem Mutismus“, einer seelischen Störung, bei der Kinder aufhören zu sprechen. Dieser Junge war Teil der Gruppe, für die ich in der Turnhalle auftrat.

Die Kinder wurden involviert in die Zauberei, mussten laut zählen, pusten und mitmachen. Und der Arzt schilderte mir, wie der Junge, der über Monate mit keiner Menschenseele gesprochen hatte, sich von der Begeisterung anstecken ließ und seine Störung „vergaß“.

Ich bilde mir nicht ein, dass ich es war, der für seine Heilung einen Impuls gab – es war das positive Gemeinschaftserlebnis, das Ansteckende vom Lachen, Staunen und Miteinander. Und seitdem nehme ich die Rolle von Humor, Musik, Kunst und anderen Wegen, uns zu „verzaubern“, in ihrer Bedeutung für die Heilung viel ernster.

Was haben Sie in den zehn Jahren erreicht?

Hirschhausen: Seit ihrer Gründung hat die Stiftung bundesweit bereits knapp 250 Projekte unterstützt, die das Lachen in der Öffentlichkeit, in der Schule, der Arbeitswelt sowie in Kliniken und Pflegeeinrichtungen fördern und die positive Wirkung des Lachens untersuchen. Mit mehr als sechs Millionen Euro wurden bisher 700 Humor-Workshops für über 10.000 Pflegekräfte, 10.000 Clownsvisiten für Kinder, Erwachsene und Senioren und sechs wissenschaftliche Studien gefördert.

Nicht nur die Kranken, sondern auch die Krankenschwestern und –pfleger sind Ihnen wichtig.

Hirschhausen: Das Thema Pflegenotstand ist inzwischen in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Weil viele Pflegeschüler bereits während der Ausbildung und der ersten Praktika abbrechen und viele Vollzeitkräfte nach wenigen Jahren das Berufsfeld wechseln, liegt ein neuer Schwerpunkt der Stiftung in der Arbeit mit Pflegeschulen.

Ein Meilenstein ist uns mit zwei Ausbildungsträgern in Münster und Berlin gelungen, denn in einem Modellprojekt werden Pflegeschüler von nun an auf die emotionalen und psychologischen Belastungen in ihrem zukünftigen Beruf deutlich besser vorbereitet. Ein Curriculum wurde für Pflegeschulen entwickelt und auf die Kernthemen wie Achtsamkeit, Persönlichkeitsbildung, Resilienz und Humor hin vertieft.

In Planung ist jetzt eine erste interaktive App, damit die Inhalte in zeitgemäßer Form noch viel mehr Menschen erreichen können. Denn gute und empathische Pflegekräfte brauchen wir heute, und erst recht auch in Zukunft.

Gibt es nicht auch Patienten, die sagen: Haut ab, ich hab gerade nichts zu lachen und Clowns kann ich nicht leiden.

Hirschhausen: Die Kunst des Klinikclowns ist eine leise und hat nichts mit einem lauten Zirkusclown zu tun. Der Clown klopft an und fragt: Darf ich hereinkommen? Und man darf Nein sagen. Das ist das erste Heilsame, denn alle anderen, die ins Zimmer kommen, darf man nicht herausschicken. Das ist besonders für Kinder sehr wichtig.

Unsere Clowns sind geschult, keine Show abzuziehen, sondern die Kinder und Erwachsenen selber zu Stars werden zu lassen, ihr kreatives Potenzial herauszukitzeln und sich mit den gesunden Anteilen zu beschäftigen – mit nichts anderem. Wir fördern aktuell auch zwei Projekte auf Palliativstationen, denn auch in der letzten Lebensphase wollen Menschen ihren Humor nicht verlieren.

Kann man Lachen überhaupt verschreiben – jeder lacht doch über etwas anderes.

Hirschhausen: Das stimmt, Humor ist sehr subjektiv. Was aber viele nicht wissen: Die Humorfähigkeit lässt sich trainieren. Das hat die Psychologie in den letzten Jahren beforscht, und auch meine Stiftung hat Studien dazu durchgeführt. Wir konnten bei Erwachsenen zeigen, dass ein Humortraining gegen psychosomatische Herzbeschwerden hilft, oder auch unsere Workshops für Pflegekräfte sind wissenschaftlich begleitet worden und nachweislich wirksam.

Sie sagen ja immer: Lachen ist die beste Medizin. Gab es auch schon mal Zeiten, in denen es Ihnen gar nicht lustig zumute war?

Hirschhausen: Aber natürlich. Nur weil ich Arzt bin und ein Buch über das Glück geschrieben habe, bin ich ja nicht dauergesund und überglücklich. Was ich durch das Wissen und die Übung aber schon kann: schneller gegensteuern, wenn ich unzufrieden bin. Oft sind es ja banale Dinge, die uns nicht bewusst sind. Wer auf Diät ist, ist unterzuckert und schlecht drauf. Ehe derjenige es selber merkt, haben es schon alle anderen.

Deshalb ein Beispiel, der Fünf-Finger-Fragen-Launen-Check: Wann habe ich zuletzt etwas gegessen? Wann habe ich mich zuletzt unter freiem Himmel bewegt? Wann habe ich zuletzt geschlafen? Mit wem und warum? Damit sind die großen Quellen der Übellaunigkeit in fünf Sekunden sortiert. Und dann kann man etwas unternehmen oder immer noch schauen, wer schuld ist.

Sie als der Beschwörer des Humors haben also auch schon mal einfach schlechte Laune?

Hirschhausen: Natürlich, das ist zutiefst menschlich. Allerdings muss ich auch immer damit rechnen, dann mit guten Ratschlägen aus meinen Büchern konfrontiert zu werden.

Worüber lachen Sie am liebsten?

Hirschhausen: Ich bin Loriot-Fan, mein Vorbild. Und ich mag komische Gedichte und Lieder, von Morgenstern bis zu Gernhardt, Sebastian Krämer oder Bodo Wartke. Aber worüber für mich nichts geht, ist der Humor von Kindern. Für die CD „Ist das ein Witz? Kommt ein Kind zum Arzt“ haben wir auch Sprüche gesammelt, die Kinder so heraushauen, von Wortneuschöpfungen bis zu tiefer Erkenntnis, wie der Satz eines Sechsjährigen, den ich einfach großartig finde: „Man kann nie wieder etwas verlieren, wenn man weiß, wo irgendwo ist.“

Üben Sie Lachen vor dem Spiegel?

Hirschhausen: Nein, das muss ich nicht. Aber eines habe ich mir angewöhnt: Wenn mich ein freundliches Gesicht morgens aus dem Spiegel anschaut – lächle ich einfach zurück! Probieren Sie das doch auch mal aus. Oder etwas salopper: Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast du es hinter dir!