Honolulu. Schon die Namen klingen sehnsuchtsvoll: Waikiki, Honulu, Hawaii. Und den Sonneuntergang malt hier ein polynesischer Gott persönlich.

Der junge Mann sitzt vor dem abgewetzten Kleinbus und schmirgelt mit Hingabe die Unterseite seines Surfbretts. Anfang 20, braun gebrannter Oberkörper, Badeshorts, die dunklen Haare leicht verwuschelt. Konzentriert widmet er sich dem Kunststoff und hat keinen Blick für die Touristen, die die Kalakaua Avenue entlang spazieren.

Händchenhaltende Pärchen aus Asien, amerikanische Familien, dazwischen ein paar Europäer. Der Jetlag hat mich schon früh aus dem Bett geworfen, bei der morgendlichen Joggingrunde schwirren die Namen meiner Aufenthaltsorte wie Glückshormone im Kopf: Waikiki! Honolulu! Hawaii! Vokallastige Versprechungen, die nun Wirklichkeit geworden sind. Und der junge Surfer wirkt dazu wie der Hauptdarsteller in einer Postkarten-Kulisse aus Palmen und Sandstrand, untermalt vom Rauschen des Meeres.

Vulkane, grüne Bergriesen und Tropenflair

Bei jenen Reisezielen, die schon durch ihren Namen Sehnsuchtsgefühle auslösen, gehört der 50. US-Bundesstaat definitiv zur Spitzengruppe. Sprach jemand von Hawaii, hatte ich sofort Bilder im Kopf von Blumenkränzen, Hula-Tänzen und Surferromantik. Jetzt heißt es: drei Inseln in einer Woche, das ist kurz.

Immerhin entspricht die Reihenfolge – von O’ahu weiter nach Big Island und Maui – durchaus den Hüpfern, die bei den rund 40.000 deutschen Hawaii-Urlaubern beliebt sind. Südseezauber, gemixt mit amerikanischem Lebensstil, dazu Vulkane und grüne Bergriesen, die erwandert werden wollen, und weite Strände: Das Tropenziel macht Reiseträume wahr, vorausgesetzt, man hat etwas Geld.

Der Lei ist ein Zeichen der Ehrung und Verbundenheit

Schon die Begrüßung am Flughafen von Honolulu war bilderbuchmäßig: „Aloha!“, rief Fahrer Jerome Marquez und hängte mir den Lei, einen Blütenkranz, um den Hals. Ein betörender Duft stieg auf, der Kranz war schwerer als gedacht. Der Lei ist nicht nur Touristendeko, sondern ein Zeichen der Ehrung und Verbundenheit. Er wird getragen, solange der Schenkende in der Nähe ist, und so kommt es, dass bei ­Geburtstagen und anderen Anlässen Menschen bis zum oberen Halswirbel in den dekorativen Blüten stecken. Später soll der Lei der Natur zurückgegeben werden. In meinem Fall wurde er erst viel später hinter einem Hamburger Gartenhaus abgelegt.

Auf der Joggingrunde geht inzwischen die Morgensonne über dem mächtigen Diamond-Head-Felsen von Honolulu auf. Er ist das grüne Wahrzeichen der Wolkenkratzer-Hauptstadt. Eine Million Menschen leben in der Region mit dem legendären Waikiki Beach. „Waikiki bedeutet ‚sprudelndes Wasser‘“, steht auf einem Denkmal in Form eines Surfbretts.

Mehr als Sport: Surfen ist für manche(n) das ganze Leben, hier Schaulustige in Waikiki Bay.
Mehr als Sport: Surfen ist für manche(n) das ganze Leben, hier Schaulustige in Waikiki Bay. © REUTERS | TERRAY SYLVESTER

Jahrhundertelang ritten die hawaiianischen Herrscher hier die gleichmäßig großen Wellen. Trotzdem war um 1900 der „Sport der Könige“ fast ausgestorben. In den Augen der Missionare war Surfen liederlich. Doch Lokalgrößen wie Duke Kahanamoku (1890–1967) – ein exzellenter Schwimmer, der mehrere Olympiamedaillen gewann – sorgten dafür, dass Hawaii und Surfen wieder in einem Atemzug genannt wurden: Eineinviertel Meilen soll Duke 1917 auf einer Zehn-Meter-Welle bis zum Strand geglitten sein.

Eine Tour mit dem Auslegerkanu kann süchtig machen

Für mich ist die Zeit zu kurz, um die Bretter, die die Welle bedeuten, näher kennenzulernen. Stattdessen soll eine Tour in einem Ausleger-Kanu einen Eindruck vom Surferlebnis vermitteln. Mit einem Steuermann und vier kräftigen Mitpaddlern geht es auf den badewannenwarmen Pazifik. „Eins, zwei, eins, zwei ... und wenn ich ,Jetzt!‘ rufe, paddelt ihr, so schnell ihr könnt“, kommt die Anweisung des Steuermanns vom Waikiki Beach Service. Wenige Minuten später hat er die richtige Welle ins Visier genommen und dreht das schwere Kanu in die weiße Gischt auf dem Kamm.

Plötzlich wird das Boot emporgehoben, die Kraft des Elements schiebt von hinten. Wir fliegen dem (überfüllten) Strand entgegen. Ein, zwei Minuten, schon ist das erhebende Erlebnis vorbei. Los, eine Runde geht noch! Dass dieser Schub süchtig macht, lässt sich leicht vorstellen.

Hang loose bis zum Vulkanausbruch

Orte wie ­Hale’iwa oder die Waimea Bay an der North Shore stehen für das ultimative Hang-loose-Lebensgefühl. Hier ist alles „Shaka“ (sprich: schaka): Die geschlossene Hand mit abgespreiztem Daumen und Zeigefinger symbolisiert die Welle, die zu beiden Seiten abgeritten werden kann, und bedeutet, dass alles in Ordnung oder auch ziemlich cool ist.

Manchmal ist selbst auf Hawaii nicht alles Shaka, die Schönheit der Inselgruppe ist von dünnhäutiger Natur. Unter anderem ist sie für ihre sechs Schildvulkane berühmt. Im Mai zeigte der Kilauea, dass er nicht nur als Touristenattraktion im Volcanoe National Park taugt. An mehr als 20 Stellen riss er die Erde auf und spie glühend ­heiße Lava. Eine fast neun Kilometer hohe Aschewolke stand über dem Südosten von Big Island. Rund 40 Häuser wurden vom Lavastrom zerstört. Inzwischen hat sich der Vulkan wieder beruhigt.

Die Menschen haben akzeptiert, auf einem Pulverfass zu sitzen

Das Café Ono an der Volcanoe Road mit Kunst, Krimskrams und biologisch angebautem Salat hatte auch während des Ausbruchs geöffnet. Helikopter-Touren vom Hilo International Airport waren dagegen ausgesetzt. Wer jetzt den einstündigen Ausflug übers Kilauea-Gebiet macht, sieht die Veränderung. Wo sich bis April vereinzelt erkaltete Lavaströme wie schwarze Finger durchs Grün der Macadamia-Nuss-Plantagen schoben, sind jetzt Schneisen der Verwüstung zu sehen. Die Menschen auf Hawaii haben akzeptiert, auf einem Pulverfass zu sitzen. Manche reagieren stoisch, manche aktiv.

„Es war mein Traum, hier zu leben“, sagt Bea Israel. Die gebürtige Aschaffenburgerin wanderte vor rund 20 Jahren nach Hawaii aus. Ihr Haus in Hilo, in der Nähe des Vulkanparks, hat sie jedoch verkauft. „Als ich wieder einmal bei der Gartenarbeit unter mir die Erde beben spürte, hatte ich endgültig die Nase voll.“ Jetzt lebt sie einige Kilometer entfernt bei Kona im Westen von Big Island.

Probealarm für nukleare Bedrohung

Probealarme sind hier ganz normal, neben Anlässen wie „Vulkanausbruch“ und „Tsunami“ wurde inzwischen auch „nukle­are Bedrohung“ wieder aufgenommen. Im Januar hatte ein Fehlalarm über einen vermeintlichen Raketenangriff aus Nordkorea die 1,5 Millionen Hawaiianer in Panik versetzt. Bei den Alten unter ihnen stieg eine böse Erinnerung an den 7. Dezember 1941 auf, als die Japaner Pearl Harbor angriffen. Das historische Mahnmal im Hafen ist leider derzeit wegen Bauschäden geschlossen.

In der Bucht von Kailua-Kona ist es nicht nur ruhiger, sondern auch trockener als auf der anderen Inselseite. Einmal im Jahr ist sie Schauplatz des weltberühmten Ironman, des härtesten Triathlons der Welt. 3,8 Kilometer schwimmen, 180 Kilometer Rad fahren, 42,2 Kilometer laufen. Mehr als 2000 Teilnehmer, darunter über 200 Deutsche, tun sich das an, das nächste Mal am 13. Oktober. Ich beschränke mich in Kona auf den Kauf von zwei Laufshirts mit der Aufschrift „Run Big“ und „Run Aloha“ und genieße das Frühstück in Huggo’s Restaurant, einem beliebten Treffpunkt am Wasser.

Kaffee zum Selberrösten

Den zweiten Kaffee gibt es in Kailua bei der Ueshima Coffee Company. Im Plantagenhaus kann man seine eigenen Bohnen nach Wunsch rösten, ein köstliches Souvenir für zu Hause. Mutige nehmen den Lieben noch ein Hawaiihemd mit, beispielsweise bedruckt mit dem Humu humu nuku nuku apua’a. Der Zungenbrechername des Insel-Staatsfisches, unter Tauchern als Picassodrückerfisch bekannt, ist ein besonders hübsches Beispiel hawaiianischer Sprache. Sie besteht aus fünf Vokalen, sieben Konsonanten und einem Apostroph (Okina).

Hula-Tanz
Hula-Tanz © HA | PR Hawaii Tourism

Haleakala bedeutet „Haus der Sonne“. Der ruhige Vulkan verspricht einen Höhepunkt auf der letzten Station der Reise. Der Halbgott Maui soll auf der gleichnamigen Insel die Sonne auf dem Gipfel „eingefangen“ haben. Heute ist der Sonnenaufgang auf dem Haleakala legendär.

Sonnenuntergang wie vom polynesischen Gott gemalt

Eigentlich. Kleinbusse und Autos bringen nachts Horden verschlafener Touristen auf 3000 Meter Höhe. Wer warme Sachen angezogen hat, ist klar im Vorteil. Manche warten in Badelatschen bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt auf das Spektakel. Doch an diesem Tag verhindern Wolken das Schauspiel. Die Menge hat vergeblich übernächtigt geschlottert.

Als ob sich die Sonne für den miesen Start entschuldigen möchte, gibt sie abends alles: Der Himmel brennt am Kanapali Beach vorm Royal Lahaina Hotel! Der glutrote Sonnenuntergang ist das natürliche Bühnenbild für Hula-Tänzer und Gitarrenspieler: Mit einer kurzen Performance, ebenso geschmeidig wie ernsthaft, wollen die Hawaiianer die Gäste zum Luau, einem Fest mit Essen, einladen – gegen Gebühr. Der Hula ist fester Bestandteil polynesischer Kultur, auch Urlauber können ihn lernen. Bezaubert von Ukulele-Klängen, grünen Bergen, Vulkanen und Südseewind hat schon so mancher Hawaii-Urlauber am Ende der Reise „a hui hou“ gesagt: Bis zum nächsten Mal.

Tipps & Informationen

Anreise mit American Airlines, KLM/Delta oder Lufthansa via US-Festland, z. B. San Francisco, nach Honolulu. Inlandsflüge mit Hawaiian Airlines.

Unterkunft Günstige Raten im September/Oktober z. B. im Alohilani- Resort, Doppelzimmer ab ca. 200 Euro, www.alohilaniresort.com, Waikiki.

Ausflüge Surfen mit Ausleger-Kanu
ab 25 Dollar für 40 Minuten oder Surf-Übungsstunde ab 75 Dollar (www. waikikibeachservices.com); Helikoptersafari über Vulkanareal 218 Euro (FTI).

Essen Hervorragende Poke-Bowls mit mariniertem Fisch in Hawaiis Favorite Kitchen, 3111 Castle Street, Honolulu, http://hawaiisfavoritekitchens.com/. Köstliche Krapfen (Malasadas) in Leonard’s Bäckerei, 933 Kapa­hulu Ave., Honolulu, www.leonardshawaii.com/). Fleetwood’s: Restaurant von Musiker Mick Fleetwood auf Maui.

Auskunft www.gohawaii.com/de

(Die Reise wurde unterstützt von Go Hawaii und FTI.)