Washington. Cynthia Nixon war die Anwältin in der Serie „Sex and the City“. Jetzt strebt die Schauspielerin das politische Amt der Gouverneurin an.

„Können Sie aufhören, mich zu unterbrechen?“, knurrt der Mann die Frau zu seiner Linken an. Worauf die Rothaarige zurückzischt: „Können Sie aufhören zu lügen?“ Der Dialog, der sich vor Live-Kameras zwischen Andrew Cuomo und Cynthia Nixon in einer Universitäts-Aula auf Long Island zugetragen hat, hätte einem Drehbuch der TV-Serie „Sex and the City“ entstammen können.

Hier verkörperte Nixon die Rolle der Miranda Hobbes. Eine verhuscht-sarkastische Anwältin, die mit ihren Freundinnen Samantha, Charlotte und Carrie auf der Suche nach der großen Liebe vorzugsweise auf hochhackigen Manolo Blahniks durchs New Yorker Großstadtleben stöckelte.

Heute hat die 52-Jährige im echten Leben eine schwierigere Prüfung zu bestehen. Die Demokraten im Bundesstaat New York wählen ihren Kandidaten für die Gouverneurswahl Anfang November; ein Job vergleichbar mit dem eines deutschen Ministerpräsidenten. Nixon – nich verwandt mit dem früheren US-Präsidenten Richard Nixon – will Amtsinhaber Andrew Cuomo aus dem Sessel heben.

Cuomo liegt in Umfragen noch vorne

Sie hält den 60-Jährigen für den Inbegriff von Filz und pseudo-demokratischer Stadtpolitik. Die dreifache Mutter, die nach einer heterosexuellen Beziehung heute mit der Beraterin Christine Marinoni verheiratet ist, träte bei Erfolg in die Fußstapfen von Ronald Reagan und Arnold Schwarzenegger. Beide schafften in Kalifornien den Sprung vom Filmset in hohe politische Ämter.

Ob Nixon es ihnen gleichtun kann, ist fraglich. In Umfragen genießt Cuomo, Sohn des früheren Gouverneurs Mario Cuomo, einen Vorsprung von 30 Prozent. „Frau Nixon lebt in einer Welt der Fiktion“, sagt der gern breitbeinig auftretende Berufspolitiker, „ich komme aus einer Welt der Fakten.“

Sex and the City: Stars früher und heute

Die US-Serie „Sex and the City“ war ein Riesen-Erfolg – und brachte den Schauspielerinnen weltweite Bekanntheit. Das Thema der Kultserie waren vier New Yorker Singlefrauen, die eine Leidenschaft teilen: Männer. 94 Folgen lang verfolgten die Zuschauerinnen die sexuellen Abenteuer von (v.l.) Samantha Jones (Kim Cattrall), Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker), Miranda Hobbes (Cynthia Nixon) und Charlotte York (Kristin Davis).
Die US-Serie „Sex and the City“ war ein Riesen-Erfolg – und brachte den Schauspielerinnen weltweite Bekanntheit. Das Thema der Kultserie waren vier New Yorker Singlefrauen, die eine Leidenschaft teilen: Männer. 94 Folgen lang verfolgten die Zuschauerinnen die sexuellen Abenteuer von (v.l.) Samantha Jones (Kim Cattrall), Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker), Miranda Hobbes (Cynthia Nixon) und Charlotte York (Kristin Davis). © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Neben potenziellen Partnern ging es in „Sex and the City“ aber auch um Mode. Ihre Rolle als Carrie machte Parker selbst zur Stilikone.
Neben potenziellen Partnern ging es in „Sex and the City“ aber auch um Mode. Ihre Rolle als Carrie machte Parker selbst zur Stilikone. © imago stock&people | imago stock&people
Ihre große Liebe in der Serie war Mr. Big, gespielt von Chris Noth. Die On-Off-Beziehung brachte viel Drama mit sich.
Ihre große Liebe in der Serie war Mr. Big, gespielt von Chris Noth. Die On-Off-Beziehung brachte viel Drama mit sich. © imago/United Archives | imago stock&people
Im wahren Leben ist Parker seit 1997 mit Schauspieler und Regisseur Matthew Broderick verheiratet. Zusammen haben sie drei Kinder.
Im wahren Leben ist Parker seit 1997 mit Schauspieler und Regisseur Matthew Broderick verheiratet. Zusammen haben sie drei Kinder. © Getty Images | Albert Ortega
Beruflich war Parker in diversen Hollywood-Filmen zu sehen, darunter „Die Familie Stone“ und „Der ganz normale Wahnsinn – Working Mum“.
Beruflich war Parker in diversen Hollywood-Filmen zu sehen, darunter „Die Familie Stone“ und „Der ganz normale Wahnsinn – Working Mum“. © imago/Future Image | imago stock&people
In der HBO-Serie
In der HBO-Serie "Divorce" spielt sie eine Frau, deren Ehe sich auflöst. © Sky/ HBO | Sky/HBO
Kim Cattrall spielte in der Kultserie die Sex-Bombe Samantha. Anders als ihre Freundinnen ging es ihr ausdrücklich nie darum, die große Liebe zu finden.
Kim Cattrall spielte in der Kultserie die Sex-Bombe Samantha. Anders als ihre Freundinnen ging es ihr ausdrücklich nie darum, die große Liebe zu finden. © Getty Images | Getty Images
Doch auch Samantha legt sich irgendwann fest. Die Beziehung zu Smith Jerrod (Jason Lewis) zerbricht allerdings im ersten „Sex and the City“-Film, der 2008 in die Kinos kam.
Doch auch Samantha legt sich irgendwann fest. Die Beziehung zu Smith Jerrod (Jason Lewis) zerbricht allerdings im ersten „Sex and the City“-Film, der 2008 in die Kinos kam. © imago stock&people | imago stock&people
Cattrall feierte 2016 ihren 60. Geburtstag. Die britisch-kanadische Schauspielerin konzentriert sich vor allem auf Theater und Qualitätsfilme.
Cattrall feierte 2016 ihren 60. Geburtstag. Die britisch-kanadische Schauspielerin konzentriert sich vor allem auf Theater und Qualitätsfilme. © dpa | Jens Kalaene
Zu sehen war sie nach „Sex and the City“ unter anderem in Roman Polanskis „Der Ghostwriter“ mit Ewan McGregor.
Zu sehen war sie nach „Sex and the City“ unter anderem in Roman Polanskis „Der Ghostwriter“ mit Ewan McGregor.
Cynthia Nixon mimte in der Serie die taffe Anwältin Miranda Hobbes. Die Liebe ihres Lebens trifft sie aber nicht im Gerichtssaal, sondern in einer Bar.
Cynthia Nixon mimte in der Serie die taffe Anwältin Miranda Hobbes. Die Liebe ihres Lebens trifft sie aber nicht im Gerichtssaal, sondern in einer Bar. © imago | imago
Mit Steve Brady (David Eigenberg) hat Miranda einen Sohn. Schauspielerin Nixon hat inzwischen mehr für Frauen übrig.
Mit Steve Brady (David Eigenberg) hat Miranda einen Sohn. Schauspielerin Nixon hat inzwischen mehr für Frauen übrig. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Ihre Partnerin Christine Marinoni heiratete sie 2012. Die Aktivistin brachte ein Jahr zuvor Sohn Max Ellington zur Welt. Nixon hat zwei Kinder aus einer früheren Beziehung.
Ihre Partnerin Christine Marinoni heiratete sie 2012. Die Aktivistin brachte ein Jahr zuvor Sohn Max Ellington zur Welt. Nixon hat zwei Kinder aus einer früheren Beziehung. © imago stock&people | imago stock&people
Auf der Leinwand sah man Nixon zuletzt in „A Quiet Passion“ -- ein biografischer Film über die Autorin Emily Dickinson.
Auf der Leinwand sah man Nixon zuletzt in „A Quiet Passion“ -- ein biografischer Film über die Autorin Emily Dickinson. © Music Box Films | Music Box Films
Aber auch politisch ist der Hollywood-Star aktiv. Dieses Foto zeigt sie auf einer Anti-Trump Demo im Januar 2017.
Aber auch politisch ist der Hollywood-Star aktiv. Dieses Foto zeigt sie auf einer Anti-Trump Demo im Januar 2017. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Außerdem erwägte sie, 2018 Gouverneurin des US-Bundesstaats New York zu werden. Dieses Foto zeigt sie auf ihrer ersten Wahlkampfveranstaltung. Am 13. September unterlag sie bei der Vorwahl der Demokraten deutlich dem Amtsinhaber Andrew Cuomo.
Außerdem erwägte sie, 2018 Gouverneurin des US-Bundesstaats New York zu werden. Dieses Foto zeigt sie auf ihrer ersten Wahlkampfveranstaltung. Am 13. September unterlag sie bei der Vorwahl der Demokraten deutlich dem Amtsinhaber Andrew Cuomo. © dpa | Bebeto Matthews
Auch Kristin Davis ist Mutter eines adoptierten Mädchens. Geheiratet hat sie hingegen bis heute nicht. Davis engagiert sich heute für karitative Zwecke. Unter anderem ist sie Botschafterin der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam.
Auch Kristin Davis ist Mutter eines adoptierten Mädchens. Geheiratet hat sie hingegen bis heute nicht. Davis engagiert sich heute für karitative Zwecke. Unter anderem ist sie Botschafterin der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam. © Getty Images | Tim P. Whitby
Als Charlotte York hatte Kristin Davis in „Sex and the City“ die Rolle der konservativen Romantikerin inne.
Als Charlotte York hatte Kristin Davis in „Sex and the City“ die Rolle der konservativen Romantikerin inne. © Getty Images | Getty Images
Eines von Charlottes Lebenszielen war es, zu heiraten. Das gelang ihr gleich mehrmals. Nach der gescheiterten Ehe mit Trey MacDougal ...
Eines von Charlottes Lebenszielen war es, zu heiraten. Das gelang ihr gleich mehrmals. Nach der gescheiterten Ehe mit Trey MacDougal ... © imago/ZUMA Press | imago stock&people
...  verliebt sie sich in ihren Scheidungsanwalt Harry. Mit ihm adoptiert sie eine Tochter.
... verliebt sie sich in ihren Scheidungsanwalt Harry. Mit ihm adoptiert sie eine Tochter. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
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Nixon will vor allem Reiche härter besteuern

Die Anspielung zielt auf das teure Wunschkonzert mit dem Nixon zwischen dem linksliberalen Manhattan und den konservativen Milieus rund um die Hauptstadt Albany auf Wahlkampf-Tournee war.

Summiert man ihre Forderungen – Ausbau öffentlicher Schulen, mehr öffentlichen Wohnungsbau, flächendeckende Krankenversicherung nach europäischem Modell, Modernisierung des maroden U-Bahn-Netzes – würde eine Verdopplung des jährlichen Bundesstaats-Budgets von 170 Milliarden auf rund 345 Milliarden Dollar fällig. Viermal so viel wie die benachbarten Bundesstaaten New Jersey, Pennsylvania und Connecticut zusammen im Jahr ausgeben. Bezahlen (durch höhere Steuern) sollen es vor allem Reiche mit einem Jahreseinkommen oberhalb von 300.000 Dollar.

16 Millionen Dollar für Propaganda gegen Nixon

„Das sind doktrinäre Vorschläge, die wie beim ersten Treffen eines College-Clubs demokratischer Sozialisten zusammengeschustert wirken“, schrieb die New Yorker Tageszeitung „Daily News“ und riet ihren Lesern von Nixon ab. Aber Cuomo traut dem Braten nicht. Seit Juli hat er 16 Millionen Dollar aus seiner Wahlkampfkasse für Propaganda gegen Nixon ausgegeben.

Dass er ihre Kandidatur nicht mehr wie im Frühjahr als „Karnevalsscherz“ abtut, ist einem programmatischen Linksrutsch geschuldet, der die Demokraten im Zeitalter Donald Trumps landesweit erfasst hat. Umverteilungskonzepte von Reich zu Arm, auf die bei der Präsidentschaftswahl 2016 allein Bernie Sanders das Copyright hielt, werden im Mittelbau der Partei hoffähig.

Nixon will auf das Gouverneurs-Gehalt verzichten

Nixon, die über mangelnde Zustände in der Schule ihres Sohnes basispolitisch aktiv wurde, will das Rad noch weiterdrehen. Illegalen Immigranten sollen Führerscheine ausgestellt werden. Trumps rabiate Einwanderungspolizei ICE bekäme unter ihrer Führung in New York Hausverbot.

Im Wahlkampf bewies die mit Emmys und anderen Film-Preisen ausgezeichnete Tochter einer alleinerziehenden Mutter, die ihre Schauspiel-Schule aus eigener Tasche finanzierte, Biss und Leidenschaft. Dass sie wegen ihres Reichtums erklärte, auf das Gouverneurs-Gehalt (180.000 Dollar im Jahr) zu verzichten, fanden viele Wähler gut.

Amy Schumer rückt von der Kandidatin ab

Cuomos Verweis, der Konkurrentin fehle es an Erfahrung, er hingegen sei ein erprobter Krisen-Manager, lässt die zu Beginn als „unqualifizierte Lesbe“ beschimpfte Nixon nicht gelten. „Erfahrungen bedeuten nicht viel“, sagte sie bei der einzigen TV-Debatte in der Hofstra-Universität, „wenn man schlecht regiert.“

Nixons Schauspiel-Kollegin Amy Schumer hat da ihre Zweifel. Nachdem sie zunächst 10.000 Dollar in „Mirandas“ Wahlkampf gesteckt hatte, kam gestern der Rückzieher. „Ich wollte Nixon wählen“, schrieb Schumer in sozialen Netzwerken, „aber leider glaube ich nicht, dass sie wüsste, was zum Teufel sie zu tun hätte.“