Peking. Erst wird der Rücktritt gemeldet, dann zurückgerudert. Nun wird über Pläne von Chinas skurrilem Unternehmer Jack Ma wild spekuliert.

Bizarre Nachrichten von Milliardären an der Spitze großer Konzerne sind bisher eher aus den USA bekannt. An diesem Wochenende hat auch China eine solche Geschichte geliefert, genauer der laut „Forbes“-Liste drittreichste Mann des Landes. Jack Ma, Gründer, Vorstandsvorsitzender und Verwaltungsratschef des Onlinegiganten Alibaba will sich offenbar zurückziehen. An diesem Montag, seinem 54. Geburtstag, sei es so weit, berichtete die „New York Times“. Ma wolle sich um Bildung kümmern. Nur: Die Konzernleitung sieht das anders.

Die Angaben seien aus dem Kontext gerissen worden und damit „faktisch falsch“. Ma wolle sich erst nach und nach zurückziehen und am Montag lediglich seine Nachfolgeregelung vorstellen sowie eine neue Führungsmannschaft. In der „South China Morning Post“, die Alibaba gehört, heißt es: Ma solle noch über einen „beträchtlichen Zeitraum“ an der Spitze des Konzerns bleiben. Die Nachfolgestrategie sei Teil eines Plans, „eine Generation jüngerer Führungskräfte auf die Übernahme der Leitung“ vorzubereiten.

Jack Ma wollte früher Lehrer werden

Sollte der Bericht der „New York Times“ stimmen, kümmert sich Ma um etwas, das ihn schon seit Jahrzehnten beschäftigt: Bildung. Als junger Mann wollte er Englisch-Lehrer werden, fand aber keine Anstellung. Stattdessen betätigte er sich als Reiseführer.

Die Zentrale der Alibaba Group in Hangzhou.
Die Zentrale der Alibaba Group in Hangzhou. © REUTERS | Aly Song

Angeblich hatte Ma keinen blassen Schimmer vom Internet, als ein Bekannter ihm bei seinem ersten US-Besuch 1995 die Funktion einer webbasierten Suchmaschine zeigte. Ma gab „Bier“ und „China“ ein. Die Suche ergab kein Ergebnis. Er war dennoch begeistert. Zurück in China wollte er seinen Freunden seine Neuentdeckung vorführen. Ein Modem hatte er sich aus den USA mitgebracht. Die Verbindung war schlecht. „Wir warteten dreieinhalb Stunden und sahen eine halbe Seite“, erinnert sich Ma später. Aber er sei stolz gewesen. Er hatte bewiesen, dass das Internet auch in China existiert.

In seiner ostchinesischen Heimatstadt Hangzhou entstanden in der Zeit jede Menge mittelständische Unternehmen. Ma wusste von vielen Firmen, die Geschäftskontakte zu ausländischen Unternehmen suchten. Doch die sprachlichen Barrieren waren für viele hoch. Er gründete von seinem Wohnzimmer aus die Onlineplattform Alibaba. Einkäufer fanden über sie ihre Zulieferer für Unterhosen, Bananen oder große Lastfahrzeuge, Mittelständler ihre Geschäftspartner. Das Geschäft von Alibaba hob ab.

Jack Ma ist mit Alibaba zum drittreichsten Chinesen aufgestiegen

20 Jahre später ist Ma mit dem Alibaba-Imperium zum drittreichsten Chinesen aufgestiegen. „Forbes“ bewertet sein Nettovermögen mit 36,6 Milliarden Dollar (32 Milliarden Euro). In China wird er als Superstar gefeiert. Mit seinen Handelsplattformen Taobao, Alibaba und Tmall hat er den Einzelhandel umgekrempelt und ein Internet-Imperium geschaffen. Das auf Taobao und Tmall gehandelte Volumen war zeitweise größer als das der US-Konzerne Amazon und Ebay zusammen. Alibaba betreibt eigene Streaming- und Clouddienste sowie einen Bezahldienst für Smartphones.

Obwohl China mehr Superreiche zählt als die USA, hält sich das wohltätige Engagement in Grenzen. Ma ist eine Ausnahme. In den chinesischen sozialen Medien wird er daher als Chinas Bill Gates gefeiert. Der Microsoft-Gründer hatte sich 2008 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und widmet sich seither mit seiner Frau Melinda über eine Stiftung wohltätigen Zwecken.

Von chinesischen Medien auf Gates angesprochen sagte Ma, er werde vielleicht nicht so reich sein wie Gates, der mit 58 Jahren seinen Vorstandsposten abgab. Aber eines könne er besser: „Ich kann früher als er in Rente gehen.“