Berlin. In Deutschland werden Forderungen lauter, die Russland-Sanktionen abzubauen. Der ukrainische Botschafter Melnik ist strikt dagegen.

Vor knapp vier Jahren hat Russland die Halbinsel Krim annektiert. Und seit knapp vier Jahren wird in der Ost-Ukraine geschossen: Regierungstruppen kämpfen gegen pro-russische Separatisten, die von Moskau unterstützt werden. Alle diplomatischen Initiativen sind bislang verpufft. Das Minsker Abkommen hat weder für den Abzug schwerer Waffen noch für eine Entflechtung der Armee-Einheiten gesorgt.

Vor diesem Hintergrund werden die Stimmen in Deutschland immer lauter, die einen Abbau der Russland-Sanktionen verlangen. Zuletzt hatten die fünf ostdeutschen Ministerpräsidenten die Strafmaßnahmen in Frage gestellt. Das Instrument sei wirkungslos, kritisierte Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU). Der Wegfall des Russland-Exports treffe vor allem ostdeutsche Unternehmen.

Auch Außenminister Gabriel plädiert für Lockerung

Den ukrainischen Botschafter in Deutschland, Andrej Melnik, bringen derlei Forderungen auf die Palme. Der Vorstoß sei nicht nur „kurzfristig“, „leichtsinnig“ und „egoistisch“, sondern „brandgefährlich für Europa“, sagte Melnik unserer Redaktion. Würde er umgesetzt, käme das einer „Bankrotterklärung“ der deutschen Außenpolitik gleich. Die ostdeutschen Regierungschefs stehen jedoch nicht allein. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) macht sich ebenfalls für eine zumindest stufenweise Verminderung der Sanktionen stark, sollte Russland zu Konzessionen bereit sein.

Die Liberalen äußern noch mehr Verständnis für Moskau. „Eine imperiale Macht lässt sich doch nicht durch Sanktionen daran hindern, wenn sie Gebietsansprüche hat“, betonte FDP-Vize Wolfgang Kubicki. Linkspartei und AfD klingen ähnlich. Einzig CDU und Grüne sind voll dafür, den Druck auf Russland aufrechtzuerhalten. Die EU hatte 2014 zwei Sanktionspakete verabschiedet: eines wegen der Krim-Annexion, ein anderes mit Blick auf „das Vorgehen Russlands zur Destabilisierung der Lage im Osten der Ukraine“. Im März 2015 hat der Europäische Rat die Dauer dieser Sanktionen an die vollständige Umsetzung des Minsker Abkommens gekoppelt, eine schrittweise Lockerung also ausgeschlossen.

Verluste in Höhe eines dreistelligen Milliardenbetrags

Deutsche Firmen klagen unterdessen über hohe Einbußen. Die Verluste europäischer Unternehmen durch die Russland-Sanktionen summieren sich nach Schätzung des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft auf einen dreistelligen Milliardenbetrag. Der ukrainische Botschafter Melnik lässt dies nicht gelten und verweist auf den zuletzt wieder stark angestiegenen deutsch-russischen Handel.