London. Reese Witherspoon spielt in „Liebe zu Besuch“ eine 40-Jährige, die ihr Leben neu ordnet. Privat findet sie es befreiend, älter zu sein.

Reese Witherspoon kommt etwas zu spät zum Interviewtermin. „Sorry, aber ich musste mir erst noch einen Pullover überziehen. Es ist ziemlich kalt hier.“ Stimmt. In dem Londoner Fünf-Sterne-Hotel ist die gefühlte Zimmertemperatur kurz vor Raureif. Davon aber lässt sich die Schauspielerin, die 2001 mit dem Film „Natürlich blond“ zum Publikumsliebling wurde, nicht die gute Laune verderben.

Der endgültige Durchbruch zum Weltstar gelang ihr 2005 in dem Film „Walk the Line“, als sie an der Seite von Joaquin Phoenix Johnny Cashs Ehefrau June spielte. Dafür wurde sie mit einem Oscar ausgezeichnet. Nun ist sie in der Komödie „Liebe zu Besuch“ zu sehen. Ein Gespräch mit Reese Witherspoon (41), Mutter von drei Kindern, über Liebe, Filme und ihr neues Selbstbewusstsein.

Sie spielen in dem Film eine 40-jährige alleinerziehende Mutter, die sich nach einer gescheiterten Ehe in einen jungen Mann verliebt ...

Reese Witherspoon: Was alles andere als selbstverständlich ist – vom Alter mal ganz abgesehen. Ich war nämlich nach dem Ende meiner eigenen Ehe in genau der gleichen Position. Da gab es Zeiten, in denen ich dachte, ich kriege nie wieder ein Date. Ich weiß noch genau, wie ich einmal weinend im Auto saß und dachte: „Mit mir geht kein Mann mehr aus!“

Entschuldigung, aber das ist schwer zu glauben!

Witherspoon: Das ist aber die Wahrheit. Die Zeit nach einer Scheidung – und dann noch als Single-Mom – war furchtbar für mich. Und da war ich erst 30. Ich wusste wirklich nicht, wie das alles werden sollte. Aber dann habe ich langsam wieder neue Zuversicht geschöpft. Und neuen Lebensmut. Es war auch sicher eine Phase, in der ich sehr viel über mich selbst gelernt habe.

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    Was denn genau?

    Witherspoon: Ich habe ein paar unumstößliche Wahrheiten über mich herausgefunden. Ich bin zum Beispiel eine gute Mutter. Und ein guter Freund. Andererseits ist mir auch klar geworden, dass ich – je älter ich werde – immer weniger mit absoluter Sicherheit weiß. Aber das schreckt mich nicht mehr.

    Ist der 40. Geburtstag eine große Zäsur für Sie gewesen?

    Witherspoon: Nein, eigentlich nicht. Ich hatte einfach nur viel Spaß. Ich weiß, dass der 40. Geburtstag für viele Frauen eine wichtige Marke ist. Manche Frauen werden dabei ganz melancholisch und trauern der verflossenen Zeit nach. Ich bin überhaupt nicht so gestrickt. Ehrlich gesagt, ist es doch auch ziemlich befreiend, wenn man die 40 mal erreicht hat. Da hat man doch schon einige Dinge erreicht im Leben.

    Sie betonen, dass Sie sich heute viel erotischer fühlen als mit zwanzig.

    Witherspoon: Auf jeden Fall! Ich fühle mich jetzt viel femininer, erotischer, sinnlicher. Eben durch und durch als Frau. Das hat sicher damit zu tun, dass man als Teenager und auch noch als Twen viel zu unsicher ist: Mit sich selbst und im Umgang mit dem anderen Geschlecht. Mittlerweile habe ich einige Erfahrung in Sachen Liebe, was mich souveräner und viel gelassener macht. Ja, ich fühle mich sehr wohl in meiner Haut.

    In der Filmbranche gelten Sie als Kämpferin.

    Witherspoon: Es ist ein Kampf, den ich jeden Tag kämpfe. Auch deshalb habe ich mit ein paar Gleichgesinnten eine neue Produktionsfirma gegründet, die Stoffe von Frauen für Frauen fürs Fernsehen entwickelt. So wie ich es mit meiner Produktionsfirma schon seit fast 17 Jahren fürs Kino mache. Ich finde es nämlich immer wichtiger, dass auch Frauen eine Stimme im Entertainment-Business bekommen – und dass diese Stimme immer lauter wird.

    Sie haben einen Teil Ihrer Kindheit in Deutschland verbracht. Sprechen Sie noch ein wenig Deutsch?

    Witherspoon: Nein, aber es stimmt, dass ich die ersten vier Jahre meines Lebens in Wiesbaden lebte, wo mein Vater als Arzt bei der US-Armee stationiert war. Ich konnte als kleines Mädchen sogar ganz gut Deutsch. Leider habe ich fast alles wieder vergessen.