Essen. Die Entführer, die 1971 Aldi-Chef Theo Albrecht kidnappten, sind gestorben – und haben ihr Geheimnis bewahrt. Wo ist das Lösegeld?

Der Fall bewegte die Bundesrepublik wie kaum ein anderer und ist am Montag auch Thema in der ARD-Doku "Die Aldi-Brüder": Vor mehr als 45 Jahren wurde Aldi-Chef Theo Albrecht vor der Unternehmenszentrale entführt und knapp drei Wochen lang als Geisel gehalten, bevor er gegen Lösegeld freikam. Nun steht fest: Die Hintergründe der spektakulären Entführung werden nie gänzlich aufgeklärt werden – die beiden Kidnapper sind innerhalb weniger Wochen gestorben.

Heinz Joachim Ollenburg starb am 7. Februar im Alter von 93 Jahren, berichtet die „Bild“. Sein Komplize Paul Kron, genannt „Diamanten-Paule“, habe bereits im Januar mit 87 in einem Bochumer Pflegeheim für immer die Augen geschlossen. Sie nahmen das Geheimnis um die verschollenen Aldi-Millionen mit ins Grab.

Zunächst glaubten die Täter an eine Verwechslung

Ollenburg lebte mit seiner Frau zuletzt in der Märkischen Schweiz. Zum Zeitpunkt der Entführung war er 47 Jahre alt – ein Düsseldorfer Rechtsanwalt mit hohen Spielschulden. Zusammen mit Kron, einem vorbestraften Tresorknacker, heckte er den Plan aus, die Aldi-Familie zu erpressen. Dreimal lauerten sie dem Essener Unternehmer Theo Albrecht vor der damaligen Hauptverwaltung in Herten (Ruhrgebiet) auf. Beim ersten Mal verließ sie im letzten Moment der Mut, beim zweiten Mal hatten sie ihre Waffen vergessen.

Am 29. November 1971 klappte die Entführung schließlich. Sie kaperten Albrechts Mercedes 280 SL, mit dem der gerade nach Hause fahren wollte. Zunächst glaubten sie an eine Verwechslung – der unscheinbare Herr in seinem abgewetzten Anzug wirkte auf die Kriminellen nicht wie ein millionenschwerer Firmenchef. Also ließen sie sich seinen Personalausweis zeigen. Als sie sicher waren, dass der Mann in ihrer Gewalt tatsächlich Theo Albrecht war, verschleppten sie ihn mit vorgehaltener Pistole in Ollenburgs Kanzlei mitten in der Düsseldorfer Innenstadt.

Versteck im Kleiderschrank im Hinterzimmer des Büros

17 Tage lang hielten sie ihn in einem Kleiderschrank im Hinterzimmer des Büros gefangen. Am 16. Dezember 1971 händigte der als Vermittler eingeschaltete Essener Bischof Franz Hengsbach den Entführern auf einem dunklen Feldweg bei Düsseldorf zwei Koffer mit sieben Millionen Mark Lösegeld aus. Albrecht wurde freigelassen.

Es war die höchste Lösegeldsumme, die bis dahin in der Bundesrepublik gezahlt worden war. Die Gangster hatten nicht viel davon. Ollenburg wurde in Mexiko geschnappt, Kron flog auf, weil er mit 500-Mark-Scheinen aus den Geldkoffern bezahlte. 1973 verurteilte das Landgericht Essen sie zu Freiheitsstrafen von je achteinhalb Jahren. Rund die Hälfte des Lösegelds wurde nie gefunden. Ollenburg gab seinen Anteil an der Beute – etwa 3,5 Millionen Mark – an Albrecht zurück. Paul Kron beteuerte, von Ollenburg nur 10.000 Mark erhalten zu haben.

Theo Albrecht erholte sich nie mehr von dem Schock

In einem bisher unveröffentlichten Interview mit „Bild“ hatte Kron vor wenigen Jahren angegeben, er wisse nicht, was mit dem restlichen Geld geschehen sei. Er lebe von 400 Euro Rente. Die Entführung sei der größte Fehler seines Lebens gewesen. „Die Jahre im Gefängnis waren ein heilsamer Schock.“

Kron berichtete auch, dass sich der 2010 gestorbene Albrecht von ihm Hinweise auf den Verbleib des Geldes erhofft habe. „Herr Albrecht hat Jahr für Jahr bei mir angerufen, wollte sich mit mir treffen“, sagte der Entführer der Zeitung. „Anfangs habe ich ihm erzählt, das sei eine Verwechslung, ich sei das nicht. Später habe ich ihm gesagt, dass ich kein Treffen möchte, mir wäre das unangenehm.“

Theo Albrecht hat sich Zeit seines Lebens nicht mehr ganz von der Entführung erholt. Nach seiner Freilassung lebte er zurückgezogen und mied die Öffentlichkeit.