Der Bilderbuch-Republikaner Mike Pence wird Trumps Vize
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Von Dirk Hautkapp
Washington. Mike Pence gilt als volksnah, souverän, erfahren. Seine Kariere begann der künftige US-Vizepräsident als Moderator einer Radioshow.
Die einen nennen es Langmut und Würde, andere sprechen von Opportunismus und Selbstverleugnung. Wie dem auch sei. Im Wahlkampf hatte Mike Pence immer dann die heikelsten Augenblicke zu meistern, wenn man ihm ansah, wie schwer es ihm fiel, die Eskapaden und Ausraster von Donald Trump nachträglich zu verteidigen.
Nur ganz selten, etwa beim Sex-Video-Skandal, stellte er sich öffentlich gegen den Mann, der mit ihm vor allem die ultrakonservativ und religiös grundierten Wähler im Mittleren Westen ansprechen wollte.
Erfolgreich. Pence ist am Ziel: „Veep“ im White House. Vize-Präsident an der Seite des designierten Präsidenten Donald J. Trump. Der freundliche Mann wird sich noch des Öfteren kneifen müssen. Vor vier Monaten war sein Karrieresprung unwahrscheinlich.
Mike Pence stammt aus Kleinstadt
Mike Pence, 57 Jahre alt, verheiratet, stammt aus der Kleinstadt Columbus im Mittleren Westen. Sein Vater besaß mehrere Tankstellen. Das Weltbild des späteren Gouverneurs von Indiana, der sich zu den wiedergeborenen Christen zählt, hat sich hier geformt. Pence ist für die traditionelle und damit gegen die Homo-Ehe. Er ist gegen Schwangerschaftsabbrüche. Und gegen jede Einschränkung religiöser Freiheit.
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Anders als Trump vertritt der akkurat frisierte, weißhaarige Mann seine beinharten Ansichten mit einer sonoren Beiläufigkeit, die er sich in zehn Jahren als Moderator einer erfolgreichen politischen Radiosendung antrainiert hat. Und mit einem manchmal etwas zu verkniffenen Lächeln.
Christ, Konservativer und Republikaner
Pence kennt den Washingtoner Betrieb, den er für „kaputt“ hält, aus eigener Anschauung. Er saß zwölf Jahre im Abgeordnetenaus. Großtaten, innovative Ideen oder Skandale verbinden sich nicht mit seinem Namen. „Er schwamm mit im Pulk“, formulierte ein Leser des Magazins „Politico“.
Pence hält viel von Selbstkontrolle. Als sein Wahlkampf-Flieger vor kurzem bei einer ruppigen Landung in New York ins Gras rutschte und die Fernsehstationen hyperventilierten, blieb der dreifache Vater bescheiden, bedankte sich beim lieben Gott und den vielen Helfern. Ganz im Sinne seines Lebensmottos: „Ich bin Christ, Konservativer und Republikaner, und zwar in dieser Reihenfolge.“
Pence war erst Anhänger von Ted Cruz
Wie Pence sich die Gunst Trumps erworben hat, ist bis heute Gegenstand von Spekulationen. Am hartnäckigsten hält sich diese: Er ist solide, leise, nicht darauf aus, groß eigenes Profil zu erlangen. Keine Gefahr also für den Egomanen Trump, der am Ende jeder Bühne für sich allein beansprucht.
Mike Pence, früher im Sammelbecken der Republikaner-internen Tea Party zu finden, war im Wahlkampf erst Anhänger des texanischen Senators Ted Cruz und wechselte erst spät ins Trump-Lager. Mit seiner honorigen Art, die Angriffe unterhalb der Gürtellinie nicht vorsieht, verleiht Pence der Szenerie das, was seinem Chef fehlt: Dezenz.
Seine Weltunerfahrenheit, Pence ist ein Landei, schränkt seinen Verwendungszweck im Amt etwas ein. Dafür kann er charmant die Wahrheit biegen. Bei einem Auftritt im kalifornischen Simi Valley sagte er im Sommer: „Ronald Reagan hat den Amerikanern die Wahrheit gesagt. So wie Donald Trump es heute tut.“ In der ersten R eihe mussten sich mehrere Gäste auf die Lippen beißen. Pence steht in der Pflicht seine Kritiker zu widerlegen.