Berlin. Tausende Jugendliche pro Jahr verbringen einen Teil ihrer Schulzeit im Ausland. Was bei der Planung und Reise alles zu beachten ist.

Jedes Jahr stellen sich Abertausende Schüler die Frage: Will ich während der Schulzeit ins Ausland gehen? Und wenn ja wohin? Oder soll ich doch lieber bis nach dem Abitur warten? Etwa 15.000 bis 20.000 Schüler wagen jährlich den Schritt in ein fremdes Land, schätzt Michael Eckstein, Vorsitzender der Deutschen Stiftung für Völkerverständigung, „in den letzten Jahren waren die Zahlen aber leicht rückläufig“.

Die gemeinnützige Stiftung hat sich vor allem dem Schüleraustausch verschrieben, richtet regelmäßige Messen aus und betreibt die Informationsseite „Schüleraustausch Portal“.

Trotz verkürztem Abitur ins Ausland gehen

Eine Ursache für den leichten Rückgang sieht Eckstein im Umstieg vieler Bundesländer von G9 (Abitur nach 13 Schuljahren) auf G8 (Abitur nach zwölf Schuljahren). „Die bundesweite Schulzeitverkürzung hat viele Schüler und Eltern verunsichert. Sie entscheiden sich deshalb nun häufiger dafür, den Auslandsaufenthalt erst nach dem Abitur anzugehen.“

Das sei sehr schade, so Eckstein, schließlich habe man nur als Jugendlicher die Möglichkeit, „in der Gastfamilie das Leben mitzuleben. Als Erwachsener geht das so nicht mehr“. Es spreche nichts dagegen, während einer G8-Schullaufbahn ins Ausland zu gehen. „Im Kern erlauben alle Schulgesetze der Länder, dass man ein Jahr im Ausland verbringt“, sagt Eckstein. Je nachdem, was im Ausland gelernt wurde, kann die Schule in Deutschland nahtlos fortgesetzt werden.

Kürzere Programme als Alternative

Mittlerweile bieten sich aber auch viele Möglichkeiten für kürzere Aufenthalte. So werden nun auch Programme über drei bis fünf Monate häufiger angeboten. Hier versuchen die Anbieter, dem Wunsch nach möglichst wenig Fehlzeit entgegenzukommen, berichtet Eckstein: „In anderen Ländern liegen Schul- und Ferienzeit teilweise ganz anders, in Australien beginnt das Schuljahr zum Beispiel am ersten Januar. Wenn man es geschickt macht, kann man ein halbes Jahr im Ausland sein, aber nur die Hälfte der Zeit in der deutschen Schule fehlen.“

Der richtige Zeitpunkt für einen Austausch hängt aber auch vom einzelnen Schüler ab. Hauptkriterium ist, ob ein Kind oder Jugendlicher schon reif genug ist, um bis zu einem Jahr getrennt von der eigenen Familie zu leben. Manche wagen diesen Schritt schon mit 14, andere brauchen dafür zwei oder auch drei Jahre länger.

Auslandsaufenthalte schon ab 14 Jahren möglich

„Generell sind die Schüler bei einem Auslandsaufenthalt zwischen 14 und 18 Jahre alt – zwei Drittel davon sind übrigens Mädchen. Jungs trauen sich dann eher nach dem Abitur“, berichtet Eckstein. Eine generelle Altersbegrenzung gebe es aber nicht – teilweise hänge das eher von den Einreiserichtlinien der Gastländer sowie den Bestimmungen der Veranstalter ab.

Für viele USA-Austauschangebote etwa muss man in der Regel mindestens 15 Jahre alt sein. Eine weitere Einschränkung gibt es außerdem: Wer ein deutsches Abitur machen möchte, muss die letzten beiden Schuljahre in Deutschland absolvieren.

Exotische Ziele sparen oftmals Geld

Die große Mehrheit der Schüler zieht es zu klassischen Zielen. „Nach wie vor gehen über 90 Prozent ins englischsprachige Ausland“, sagt Michael Eckstein. Vor allem die USA seien in letzter Zeit aber unbeliebter geworden. Stattdessen heißen die beliebtesten Ziele nun Kanada, Australien oder Neuseeland, etwas abgeschlagen folgen Großbritannien oder Irland.

Dabei ist das Länderangebot deutlich größer – so ist auch ein Aufenthalt in weiten Teilen Süd- und Mittelamerikas, zahlreichen asiatischen Ländern sowie Südafrika möglich. Auch Osteuropa biete sich an. „Das machen leider vergleichsweise wenige Schüler. Dabei kann man gerade in Ländern wie Polen oder den baltischen Staaten ein sehr günstiges Jahr verbringen.“

Preise variieren enorm

Tatsächlich ist die Preisspanne enorm: Während ein Auslandsjahr in Osteuropa laut Eckstein schon ab etwa 5000 Euro machbar ist, könne ein Jahr an einer Spitzenschule in Kanada oder Neuseeland im Extremfall bis zu 50.000 Euro kosten. Vergleichsweise günstig seien bestimmte USA-Programme, bei denen die Organisation Ort und Schule für den Austausch selbst bestimmt.

Hier verzichten sowohl Schule als auch Gastfamilie auf Bezahlung, sodass ein Jahr in den vereinigten Staaten oft „nur“ 8000 bis 10.000 Euro kostet. Gerade auf diese Plätze muss man sich rechtzeitig bewerben, am besten ein knappes Jahr Vorlauf einplanen. Für die meisten anderen Ziele genüge es laut Eckstein, wenn man einige Monate Vorlauf hat.

Nach dem Abitur in die Welt reisen

Selbst Summen deutlich unter 10.000 Euro dürften viele Familien aber überfordern. Doch die finanzielle Last kann durch ein Stipendium reduziert oder sogar ganz getilgt werden. Unter schueleraustausch-portal.de/stipendien gibt es umfangreiche Informationen sowie eine Stipendiensuchmaschine.

Tausende Schüler warten lieber bis nach dem Abitur mit dem großen Abenteuer. Vor allem „Work & Travel“ in Australien, Neuseeland oder Kanada seien beliebt. Darüber hinaus gibt es etliche andere Möglichkeiten, wie Au-pair, Freiwilligendienste, Praktika oder ein Schnupperstudium im Ausland. Einen guten Überblick samt weiterführender Informationen und Kontakte bietet die Website rausvonzuhaus.de, die vom öffentlichen Informationsnetzwerk Eurodesk betrieben wird.