Wolfsburg. Lange trug Jonas Wind den VfL mit Toren durch die Saison. Doch seit Wochen trifft er nicht mehr und fehlte nun erstmals in der Startelf.

Die Begründung von VfL-Trainer Niko Kovac war kurz und knapp. „Eine taktische Maßnahme“ sei sein Verzicht auf Jonas Wind in der Wolfsburger Startelf gegen den VfB Stuttgart gewesen. Kevin Behrens, so der Coach weiter, „ist beim Anlaufen energischer“ und könne eher „die Tiefe bearbeiten“. Deshalb habe er sich gegen den VfB für Behrens als Sturmspitze anstelle von Wind entschieden.

Diese sehr sachliche Erklärung von Kovac für seine Entscheidung überdeckt ein wenig, dass diese doch aufhorchen ließ. Immerhin ist Wind der mit Abstand beste Torjäger des Fußball-Bundesligisten in dieser Saison. Die Treffer des Dänen, neun in der Liga und einer im DFB-Pokal, haben den VfL durch diese für ihn so schwierige Spielzeit getragen. Nicht auszudenken, wo die Grün-Weißen stehen würden, hätte der 25-Jährige zum Saisonstart nicht so gut getroffen. Das Wort Abstiegskampf wäre in Wolfsburg wohl längst kein Tabu mehr.

Wind wartet seit zwölf Spielen auf ein Tor

Allerdings muss man festhalten, dass seit diesem guten Beginn die Torgefahr des Angreifers deutlich nachgelassen hat. Seit zwölf Spielen wartet Wind nun schon auf einen Treffer in der Bundesliga. Zwar war er dennoch wichtig für die Wolfsburger, legte vor, arbeitete viel und sorgte mit dem einen oder anderen guten Pass für aussichtsreiche Situationen, aber Stürmer werden eben immer noch vor allem an Toren gemessen. Und da ist seine Bilanz in den vergangenen Spielen schwach. Wind hat nachgelassen.

Von daher gibt es schon Argumente, warum Kovac den dänischen Nationalspieler bei der 2:3-Niederlage gegen den VfB Stuttgart zunächst draußen ließ. Zumal die Konkurrenzsituation inzwischen eine andere ist. Kovac hat offensiv mehr Auswahl als in der Hinrunde. Das liegt zum einen an der Verpflichtung von Behrens. Ende Januar verpflichtete der VfL den bulligen Stürmer von Union Berlin. Der hatte damals eine noch längere Torlos-Serie als nun Wind hinter sich, traf aber vor gut einer Woche beim 2:2 bei Eintracht Frankfurt per Kopf. Und dann ist da Lukas Nmecha, der wegen Knieproblemen und einer Operation insgesamt mehr als ein Jahr verpasste. Nun ist der Stürmer wieder fit und eine Option. Was für eine gute, zeigte er gegen Stuttgart, als er kurz nach seiner Einwechslung den 2:3-Anschlusstreffer erzielte. Der VfL ist also nicht mehr allein von Wind im Angriff abhängig.

Sarr bekommt plötzlich Einsatzzeit

Etwas kurios ist es aber schon, dass nun auch noch Amin Sarr seine Einsätze erhält. Die Leihgabe von Olympique Lyon war in der Hinrunde eine Enttäuschung und keine echte Konkurrenz für Wind. Im Januar prüfte der VfL angeblich bereits eine vorzeitige Beendigung des Leihgeschäfts. Nun, wo weitere Offensivkräfte als Alternativen zur Verfügung stehen, bekommt Sarr plötzlich sogar mehr Spielzeit, kann die teilweise auch zur Eigenwerbung nutzen. Aus einem Mangel vor ein paar Monaten ist fast ein Überangebot geworden. Das hatte Kovac zuletzt bereits auf den offensiven Außenbahnen festgestellt. In der Sturmspitze ist das Talent Dzenan Pejcinovic der Leidtragende. Der 19-Jährige war bereits in der Hinrunde frustriert, dass er so wenig Berücksichtigung fand. Nachdem er Ende Januar, Anfang Februar endlich seine Chance sah und in drei Bundesliga-Spielen eingewechselt wurde, ist er durch die neue Konkurrenzsituation in der Hierarchie wieder nach hinten gerückt. Zuletzt war für Pejcinovic nur Platz in der U19.

Wind wird sich dagegen bereits über seinen Bankplatz zu Spielbeginn gegen Stuttgart geärgert haben. Bis dahin hatte er bei allen Bundesliga-Spielen des VfL in dieser Saison in der Startelf gestanden. Nur im Pokalspiel gegen RB Leipzig hatte er mit einer Rolle als Einwechselspieler vorliebnehmen müssen. Daher war sein Reservistendasein gegen den VfB schon eine kleine Überraschung, zumal Wind trotz seiner Torflaute weiterhin oft ein Aktivposten im Spiel der Wölfe war. Nach der Verpflichtung von Behrens war er aus der Sturmspitze eine Position nach hinten gerückt und hatte von dort eher die Bälle verteilt. Dafür war im Heimspiel gegen Stuttgart aber Lovro Majer vorgesehen.

Es gibt gute Argumente für Wind in der Startelf

Gut möglich, dass Kovac für das Spiel bei Tabellenführer Bayer Leverkusen (Sonntag, 19.30 Uhr) aber wieder anders entscheidet. Behrens lieferte gegen Stuttgart eine schwache Leistung ab, und auch Majer konnte trotz Torvorlage auf Joakim Maehle nicht vollständig überzeugen. Wind brachte nach seiner Einwechslung gegen den VfB immerhin neuen Schwung ins Wolfsburger Offensivspiel. So hatte er per Vorlage Anteil an Nmechas Treffer. Es war seine 16. Torbeteiligung in dieser Bundesliga-Saison. Damit führt er beim VfL die Statistik klar vor Majer (10 Scorerpunkte) an.

So wie es Argumente für Kovac gab, Wind gegen Stuttgart mal draußen zu lassen, gibt es nun viele dafür, ihn wieder in die Startelf zu nehmen. Einfach dürfte dem Coach die Entscheidung aber nicht fallen. Er hat gleich mehrere Optionen für den Angriff.

Das hilft aber nicht, wenn seine Mannschaft defensiv zu viel zulässt. In Frankfurt gab es zwei Gegentreffer, gegen Stuttgart drei. „Bei drei Gegentoren ist es schwierig, in der Bundesliga Punkte zu holen“, stellte VfL-Sportdirektor Sebastian Schindzielorz zu Recht fest. Zumindest für die Lösung dieses Problems dürfte Wind aber nicht die erste Wahl sein.

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