Wolfsburg. Der Außenverteidiger des VfL Wolfsburg ist in Deutschland gut angekommen. Sportlich glaubt er an ein Ende der Pechsträhne seines Klubs.

In Italien, sagt Joakim Maehle, sei der Fußball auch Teil der dortigen Kultur. Die Fans seien verrückt. Nach dem Training warteten schon mal 100 bis 200 Fans auf einen, man sei noch lange in Gespräche verwickelt. „Das kann schön sein, aber auch erschöpfend“, erzählt der Däne aus seiner Zeit bei Serie-A-Klub Atalanta Bergamo, für den er zweieinhalb Jahre lang aktiv war. Seit Sommer ist der 26-Jährige nun in der Fußball-Bundesliga angekommen und fühlt sich beim VfL Wolfsburg pudelwohl – wäre da nicht gerade diese unheimliche Ergebniskrise und das nervige Warten auf einen Sieg.

„Wir müssen uns auf uns selbst konzentrieren. Die Punkte werden kommen“, glaubt der Außenverteidiger jedoch. Dass seine Mannschaft zuletzt aus sieben Partien sechs Unentschieden holte, sei oft unglücklich gewesen, weil man nicht selten das bessere Team gestellt habe. „Aber das Glück wird auch wieder auf unserer Seite sein“, glaubt der Profi. Anders war es am vergangenen Sonntag in Frankfurt. Dort hatte Maehle das 2:1 durch Kevin Behrens vorbereitet, jedoch reichte es beim 2:2 abermals nicht zum Sieg.

Neu-Wolfsburger mag es lieber ruhig

Sich bei seinem neuen Verein zurecht zu finden, ist Maehle nicht schwer gefallen. Dänemark und Deutschland, das ist so unterschiedlich nicht. Zudem spielte Maehle vor seiner Zeit in Italien bereits dreieinhalb Jahre beim belgischen KRC Genk. Und dann ist da mit Jonas Wind schließlich noch ein Landsmann im Team, der ihm die Eingewöhnung erleichterte. Jetzt, ein gutes halbes Jahr später, geht der Neuling aber längst eigene Wege. „Manchmal gucken wir zusammen Handball. Aber beide von uns sind sehr beschäftigt und fahren auch ab und zu nach Dänemark“, sagt der Außenverteidiger und fügt lachend hinzu: „Wir sind jeden Tag hier im Klub zusammen. Da vermisse ich ihn nicht so sehr, dass ich ihn abends auch noch sehen müsste.“

Mit Wind versteht sich Maehle ausgezeichnet, zumal beide in ihrer Heimatsprache plaudern können und nicht aufs Englische ausweichen müssen. Zwei Stunden pro Woche paukt der Däne aber auch deutsch. Mit dem Sprechen tut er sich noch etwas schwer, verstehen tut er hingegen vieles. Und auch sonst hat sich der Kicker privat eingerichtet. Fünf Fahrminuten von Wolfsburg entfernt hat Maehle ein Haus bezogen. „Ich mag es so ruhig, das kenne ich aus Dänemark. Andere sagen, das ist langweilig, aber für mich ist es der perfekte Ort.“ Freunde treffen, fernsehen, zocken – das ist es, womit sich der Single in seiner Freizeit beschäftigt.

Maehle schätzt die Atmosphäre in den Bundesliga-Arenen

Dass der Fußball auch wichtiger Teil der deutschen Kultur ist, erfuhr er bereits in der Anfangszeit, in der er noch im Hotel lebte. Am vierten Spieltag hatte er mit seinem neuen Team Union Berlin besiegt, trat nach der Partie den Fußmarsch in seine provisorische Unterkunft an. „Als ich aus der Kabine gekommen bin, standen überall Fans aus Wolfsburg und Berlin zusammen und haben gechillt“, berichtet er. Er habe keine Rivalität, keine Aggressivität wahrgenommen. „Es war so, wie es sein sollte.“ Zwei Wochen zuvor hatte ihn bereits die Atmosphäre im Kölner Stadion beeindruckt.

Dass sich Maehle in Wolfsburg wohlfühlt, spiegelt sich in seinen sportlichen Leistungen wieder. Er gehört zu den wenigen Stammspielern im Team von Niko Kovac und war es auch in jener Zeit, in der der Chefcoach die Rotation auf die Spitze trieb. 23 Partien sind in der Liga gespielt. 21 Mal stand der Außenspieler in der Startelf. Nur in der Begegnung in Bochum kam er von der Bank, gegen Leipzig fiel er krankheitsbedingt aus. Wie gut der Neuzugang in seinem ersten Halbjahr beim VfL performte, verdeutlicht Rang vier in unserer Notenbilanz.

Auf der linken Seite fühlt sich der Nationalspieler wohler

Sein großes Plus: Er ist nicht nur extrem laufstark, sondern kann gleichermaßen links wie rechts spielen. Als er im Sommer frisch gekommen war, hatte er noch bescheiden erklärt, dass ihm die Position egal sei. Jetzt, mittlerweile etabliert, äußert er indirekt einen Wunsch. 90 bis 95 Prozent seiner Spiele habe er früher auf der linken Seite gemacht, sagt er. Dort fühle er sich etwas wohler.

Das taktisch geprägte Spiel der Azzurri lag ihm weniger, auch die deutsche Mentalität ist ihm näher als die italienische. „Dort haben wir oft erst nachmittags um 16 Uhr trainiert“, berichtet er aus der Episode Bergamo. Doch was spreche dagegen, bereits morgens mit den Übungseinheiten zu starten? Einen Kaffee nach dem Aufstehen, munter werden, fertig machen und ab zur Einheit – das ist dem Fußballer aus dem kleinen Østervrå im Norden Dänemarks deutlich sympathischer.

Bei der EM baut der Däne auf Fan-Unterstützung

Allerdings ist auch klar: Der Rechtsfuß will in seiner Karriere noch einiges erreichen. Bei der Europameisterschaft im Sommer tritt er mit dem Nationalteam in der Gruppenphase gegen England, Serbien und Slowenien an. „Vor allem für uns als Nachbarland wird das Turnier toll, es werden viele Fans aus Dänemark anreisen“, baut Maehle auf viel Unterstützung von den Rängen. Doch auch auf Vereinsebene dürfte sich der Nationalspieler künftig international präsentieren wollen. Im nächsten Jahr scheint das fast unmöglich, selbst wenn am Samstag im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart (18.30 Uhr, Volkswagen-Arena) das Glück zurückkehrt. Und so wird der VfL aufpassen müssen, dass es für Joakim Maehle nicht eine kurze Episode in Grün-Weiß wird. Der eine oder andere Interessent, davon ist auszugehen, dürfte spätestens im Sommer seine Fühler nach dem Dänen ausstrecken.