Frankfurt. Der Neuzugang des Fußball-Bundesligisten trifft beim 2:2 in Frankfurt nach Maehles Traumflanke und beendet seine lange Torlos-Serie.

Fahrrad fahren verlernen tut man nicht, heißt es. Da kann man jahrelang nicht auf dem Sattel gesessen haben – wenn es dann wieder so weit ist, legt man sich nicht gleich auf die Nase. Beim Torjubel sollte es doch eigentlich genauso sein, könnte man meinen. Insbesondere bei einem Angreifer. Doch als Kevin Behrens am Sonntagnachmittag für den VfL Wolfsburgbeim 2:2 bei Eintracht Frankfurt zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung traf, da schien der Stürmer fast verwundert zu sein über sein Tor und leicht desorientiert. Kein Wunder: Es war der erste Bundesligatreffer für Behrens nach über einem halben Jahr. Oder um ganz genau zu sein: nach 189 Tagen.

„Ich war etwas überfordert und wusste nicht, wie ich jubeln sollte“, erklärte der Torschütze, der offenbar gleichzeitig in verschiedene Richtungen abdrehen wollte. Dann aber wusste er doch, wohin es ihn zog. „Ich wollte mich bei Joakim bedanken“, berichtete er. Gemeint war Joakim Maehle. Der Däne hatte nach Ablage von Jonas Wind seinen rechten Fuß genommen und den Ball per Außenrist auf Behrens geflankt, der das Leder einköpfte. Es war eine Vorbereitung der eleganten Art. Schließlich ist Maehle beidfüßig, hätte seinem Mannschaftskollegen den Ball auch mit links servieren können. Tat er aber nicht, und das war gut so. Wer weiß, ob Behrens andernfalls einen Schlussstrich unter seine quälende Torflaute gezogen hätte.

Wolfsburgs Neuzugang überzeugt in Frankfurt

„Ich freue mich sehr, dass ich wieder getroffen habe“, sagte Behrens, der seinen Stammplatz als VfL-Stoßstürmer sofort sicher hatte. Die Wolfsburger hatten den 33-Jährigen kurz vor Ende der Transferperiode von Union Berlin verpflichtet. Nur vier Tage später hatte Behrens im Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim bereits in der Startelf gestanden und prompt seine erste Torvorlage geliefert. In der Folgepartie gegen seinen Ex-Klub blieb der Routinier eher blass, gegen Dortmund sorgte er mit seiner körperlichen Präsenz und Aggressivität in der Zweikampfführung immer wieder für Gefahr.

In Frankfurt nun war der 1,85-Meter-Mann überall zu finden. Behrens war sich nicht zu schade, immer wieder auch nach hinten zu arbeiten und sich die Bälle dort zu holen. Ganz vorne trat er zum ersten Mal in der 21. Minute gefährlich in Erscheinung. Nach einem langen Ball auf Kevin Paredes legte der US-Amerikaner auf den VfL-Neuzugang ab, dessen Schuss aus knapp 20 Metern kein Problem für Frankfurt-Keeper Kevin Trapp bedeutete. Rund eine Viertelstunde später lief es dann aber besser für den Angreifer, als er Maehles Traumflanke in Zählbares verwandelte.

Behrens vermutet Angst, Arnold vermisst den Punch

„Leider hat es nicht zum Dreier gereicht, das hat mich schon sehr geärgert“, meinte Behrens später. Der Grund: Nach der Pause verwaltete seine Mannschaft die knappe Führung zu sehr. Der VfL stand zu tief hinten drin, hatte nur noch wenige Abschlüsse. Vielleicht war es die Tatsache, dass die Frankfurter über weite Strecken verunsichert, harmlos und ohne zündende Ideen wirkten, die das Kovac-Team zur Passivität verleitete. „Vielleicht hatten wir auch zu viel Angst, dass man was verlieren kann“, rätselte der gebürtige Bremer.

Über die Ursachen für die offensive Zurückhaltung des VfL in der zweiten Hälfte machten sich auch andere Spieler Gedanken. „Wir haben zu oft den Ball lang gespielt, sind nicht mehr richtig in den Spielaufbau gekommen. Dann haben wir natürlich keine Kontrolle mehr“, meinte Moritz Jenz. Und Maximilian Arnold erklärte: „Wir hatten nicht mehr so den Punch nach vorne. Wenn das nicht mehr möglich ist, muss man mehr den Bus parken“, und meinte damit: hinten dicht machen. Möglichkeiten, das 3:1 zu machen, habe es gegeben. „Und dann wird es sehr schwer für Frankfurt“, so der Kapitän. Aber es sei nun mal so: Stehe man in der Tabelle weiter oben, mache man die Dinger rein. „Das ist einfach so, ich habe schon ein bisschen Erfahrung im Fußball“, sagte Arnold.

Kovac hält Behrens für sehr wichtig für das Wolfsburger Team

Sportdirektor Sebastian Schindzielorz sah ebenfalls zwei unterschiedliche Halbzeiten des VfL. Vor der Pause eine sehr gute, in der auch noch ein drittes Tor drin gewesen wäre. Und nach dem Seitenwechsel eine etwas zu passive. Ein Lob hatte er für Kevin Behrens parat. Der habe sich harte Duelle mit den Frankfurter Innenverteidigern Robin Koch und Willian Pacho geliefert. „Da hat er sich absolut behauptet, auch beim Tor“, so Schindzielorz. Behrens habe eine starke physische Präsenz und eine gute Mentalität auch gegen den Ball unter Beweis gestellt.

Das sah VfL-Coach Niko Kovac genauso. „Man sieht, wie wichtig er für uns ist. Wir brauchen einen Stürmer, der nach vorne verteidigt und auch die Tiefe attackiert“, so der Trainer, der sich ebenfalls darüber freute, dass der Treffer zum 2:1 einer neuen Vorgabe entsprang, die Freistöße auch mal früher auszuführen. In diesem Fall hatte Arnold schnell auf Jonas Wind gepasst, dessen Ablage Maehle für seine Flanke auf Behrens nutzte.

Letzterer hat nach der Beendigung seiner Torflaute jetzt nur noch einen Wunsch: mit der Mannschaft endlich den Bock umzustoßen und den ersten Sieg im Jahr 2024 zu holen. Den ersten Dreier in diesem Jahr für den VfL, aber auch für ihn persönlich im Wölfe-Dress. Ob ihm weitere Treffer dann sogar noch ein Türchen in Richtung Nationalmannschaft und EM-Teilnahme öffnen könnten? Das sei so gar nicht in seinem Kopf, erklärte der Angreifer, der beim nächsten Treffer ganz bestimmt auch wieder etwas sicherer beim Jubeln sein dürfte.