Berlin. Zusammenwohnende Leistungsempfänger können beim Jobcenter als WG gelten. Dann gibt es mehr Geld – vorausgesetzt, sie melden es richtig.

Das Arbeitslosengeld II, umgangssprachlich auch Hartz IV genannt, unterstützt Menschen in Deutschland genau wie das Sozialgeld finanziell bei ihrem Lebensunterhalt. Je nach Lebenssituation erhalten Beziehende unterschiedliche Beträge, die für jedes Jahr in den Regelbedarfsstufen festgelegt sind. Doch bei der Einteilungen der Hartz-IV-Empfangenden in diese Kategorien kann es passieren, dass das Jobcenter fälschlich Beträge kürzt. Das lässt sich vermeiden.

Das Jobcenter kann etwa dann falsche Kürzungen vornehmen, wenn es bei zusammenlebenden Menschen automatisch von einer Bedarfsgemeinschaft ausgeht. Eine Bedarfsgemeinschaft beschreibt einen gemeinsam geführten Haushalt, in dem die erwerbsfähigen Personen sich gegenseitig unterstützen und füreinander Verantwortung übernehmen – also etwa bei Lebenspartnern, Ehepartnerinnen oder Kindern unter 25 Jahren.

Zusätzlich zu diesem Modell gibt es außerdem die Haushaltsgemeinschaft, in der mindestens zwei Verwandte oder Verschwägerte miteinander leben. Doch was, wenn zwei Hartz-IV-Beziehende weder miteinander verwandt sind noch eine romantische oder familiäre Beziehung zueinander haben?

Hartz IV: Was unterscheidet Wohngemeinschaft von Bedarfsgemeinschaft?

Eine Wohngemeinschaft (WG) zeichnet sich dadurch aus, dass die Kriterien der Bedarfsgemeinschaft nicht zutreffen. Konkret bedeutet das: Jede Person hat ein eigenes Schlafzimmer, übernimmt ihren eigenen Anteil der Wohnkosten (Miete und Nebenkosten) und hat keine finanzielle oder sonstige Verantwortung für die jeweils andere Person.

Die Mitglieder einer WG sind ausschließlich für sich selbst zuständig und finanziell eigenständig. Die Bewohnenden sparen dadurch nicht nur Geld bei der Miete, sondern umgehen auch die Kürzungen durch das Jobcenter. Das bedeutet, dass jedes alleinstehende Mitglied der Gemeinschaft theoretisch unter die Regelbedarfsstufe 1 fällt. Im Jahr 2022 bekommen diese 449 Euro.

Unter manchen Voraussetzungen können Beziehende auch bereits bestehende Bedarfs- und Haushaltsgemeinschaften in eine WG umwandeln. In jedem Fall gilt aber: Wer vor dem Jobcenter als WG anerkannt werden will, muss entsprechende Papiere haben, denn es reicht nicht, sich selbst als WG zu bezeichnen.

Kinderzuschlag besser als Hartz-IV?

weitere Videos

    Hartz IV: So wird man zu einer Wohngemeinschaft

    Das Jobcenter kann prüfen, ob die Beziehenden in einer Wohnung tatsächlich in einer WG leben oder dies nur zum Schein angeben. Dafür kann es entsprechende Papiere oder Zahlungsbelege einfordern.

    Manche Jobcenter verlangen eine eidesstattliche Erklärung darüber, dass die Zusammenwohnenden auch wirklich keine Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft gründen. Es kann sogar vorkommen, dass die Jobcenter Hausbesuche abstatten, wenn sie vermuten, dass in einer WG in Wahrheit ein Paar zusammenwohnt.

    Am besten lässt sich die Existenz einer WG aber durch entsprechende Mietverträge nachweisen: Das geht entweder über einen Mietvertrag, in dem alle Bewohnenden als Hauptmieter oder -mieterin aufgeführt sind. Allerdings muss dieser bei jedem Auszug neu aufgesetzt werden. Einfacher geht es über Untermietverträge.

    Die Jobcenter verlangen Nachweise für die Wohngemeinschaft, etwa einen Untermietvertrag
    Die Jobcenter verlangen Nachweise für die Wohngemeinschaft, etwa einen Untermietvertrag © Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

    Hartz IV: Wie setzt man einen Vertrag zur Untermiete auf?

    Auch bei einem Vertrag zur Untermiete müssen verschiedende Dinge beachtet werden. Zunächst muss der Vermieter oder die Vermieterin unbedingt eine schriftliche Zustimmung zu einem Untermietverhältnis abgeben. Andernfalls droht die Kündigung.

    Nach der Erlaubnis erhalten die Mitbewohnenden einen Vertrag über die von ihnen angemieteten Räume (ihr Zimmer) und die gemeinschaftlich genutzten Räume (Küche, Bad). Der Vertrag sollte jeweils die Beträge für die Kaltmiete, die Heiz- und Nebenkosten enthalten. Zudem sollte darin eine Nachzahlungsklausel für weitere Heiz- und Nebenkosten am Ende des Jahres stehen.

    In manchen Fällen verlangt das Jobcenter von Untermietenden den Hauptmietvertrag als Nachweis. Aus datenschutzrechtlichen Gründen darf das Jobcenter dies aber nur in begründeten Fällen. Übrigens: Wenn erwachsene Kinder zur Untermiete bei ihren Eltern wohnen, kann auch hier eine Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft in eine WG umgewandelt werden.

    Hartz IV: Übernimmt das Jobcenter bei WGs Wohnkosten?

    Das Jobcenter übernimmt bei Leistungsempfangenden die Wohnkosten, sofern diese dem Mietspiegel der Stadt entsprechen und angemessen sind. Grundsätzlich spricht für das Jobcenter nichts dagegen, wenn ein Hartz-IV-Bezieher oder eine -Bezieherin einen Teil ihrer Wohnung untervermieten – sofern diese das entsprechend bei der Behörde mitteilen.

    Wer eine Untermiete nicht meldet, riskiert Kürzungen, weil unangemeldet Nebeneinkünfte eingenommen werden. In manchen Fällen droht dafür sogar ein Strafverfahren. Läuft alles korrekt ab, übernimmt das Jobcenter auch bei einem Untermietverhältnis die Wohnkosten. Für die Berechnung des Anteils und die anschließende Kostenübernahme sind die Beträge aus dem Untermietvertrag maßgebend.

    Lehnt das Jobcenter die Wohngemeinschaft ab und besteht auf die Kürzung der Beträge, sollten die Beziehenden Widerspruch einlegen. In manchen Fällen lohnt sich auch die Unterstützung von speziellen Anwältinnen und Anwälten für Leistungsempfangende.

    Weitere Erklärungen zum Thema Hartz IV:

    Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.