Washington. Nach dem Freispruch dankt Trump den Republikanern. McConnell machte Trump mit harten Worten für den Sturm aufs Kapitol verantwortlich.

„Unsere historische, patriotische und schöne Bewegung, Amerika wieder großartig zu machen, hat gerade erst begonnen“, schrieb Donald Trump kurz nach dem Freispruch im zweiten Amtsenthebungsverfahren seiner mit der schändlichen Erstürmung des Kapitols in Washington zu Ende gegangenen Präsidentschaft an seine Anhänger, „in den kommenden Monaten habe ich euch vieles mitzuteilen und ich freue mich darauf, unsere unglaubliche gemeinsame Reise fortzusetzen.“

Kein Wort der Demut, kein Wort des Bedauerns für die fünf Toten und über 150 verletzten Polizisten, die die von ihm nach Überzeugung von über 70 Prozent der US-Bevölkerung maßgeblich verursachte Gewaltexplosion am Dreikönigstag in Washington hinterlassen hat. Stattdessen eine Drohung im Terminator-Stil: „Ich komme wieder…“

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Trump hält sich immer noch für das Machtzentrum der Republikaner

Der mit über sieben Millionen Stimmen Differenz abgewählte 45. Präsident der Vereinigten Staaten, der bis heute seine Wahlniederlage gegen den Demokraten Joe Biden nicht eingesteht und unvermindert und ohne Beleg von Wahlbetrug redet, sieht sich weiter als das Machtzentrum der republikanischen Partei.

Dass er das Impeachment wegen „Aufstachelung zum Aufruhr“ überstand, gibt dem 74-Jährigen die Möglichkeit, 2024 erneut für das Weiße Haus zu kandidieren – „wenn die republikanische Partei ihn denn lässt“, wie Partei-Strategen gestern betonten. Die Zweifel daran sind zumindest gestiegen, auch wenn nur sieben von 50 republikanischen Senatoren Trump die Rote Karte zeigten. 17 hätten es – gemeinsam mit den 50 Demokraten – sein müssen, um ihn gemäß der Verfassung maximal abzustrafen.

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Republikanische Partei verliert wegen Trump Mitglieder

Die Kräfteverhältnisse sind in Bewegung. Nach der Erstürmung des Kapitols sank die Zustimmung für die „Grand Old Party“ abrupt auf 37 Prozent. Die Demokraten stehen mit 48 Prozent Zustimmung landesweit in deutlich höherem Ansehen. Wegen der von Trump erbarmungslos durchgezogenen Desinformations-Kampagne über einen Wahlbetrug, der nie stattgefunden hat, und nach den umstürzlerischen Szenen am Kapitol haben rund 150.000 Amerikaner in den vergangenen Wochen ihre Parteizugehörigkeit geändert – in Richtung Demokraten oder ins Lager der Unabhängigen.

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Dass die Schlacht um den Umgang mit Trumps Erbe in vollem Gange ist, illustrierte der von vielen Kommentatoren als „zynisch“ und „opportunistisch“ bewertete Auftritt von Mitch McConnell. Der republikanische Senatsführer war am Samstag zu feige, den Daumen über Trump zu senken. Er versteckte sich formal wie viele seiner Kollegen hinter dem von ihm selbst durch Termin-Verschleppung erzeugten Umstand, dass Trump nicht mehr Amt war, als das letzte Wort über die Amtsenthebung gesprochen werden musste.

Das Verhalten von Mitch McConnell, Minderheitsführer der Republikaner im US-Senat, beim Impeachment-Verfahren sorgt für Kritik.
Das Verhalten von Mitch McConnell, Minderheitsführer der Republikaner im US-Senat, beim Impeachment-Verfahren sorgt für Kritik. © dpa

Mitch McConnell griff Trump in Rede an – stimmte aber gegen Impeachment

Nur Minuten nach der Abstimmung griff der 78-Jährige, seit Jahren einer der mächtigsten Politiker in Washington, den in seinem Florida-Domizil weilenden Polit-Pensionär brutal an. Die Angreifer vom 6. Januar seien „vom mächtigsten Mann der Welt mit Unwahrheiten gefüttert worden“. Sie hätten auf „Trumps Anweisung“ gehandelt, als sie die Zertifizierung des Wahlsieges von Joe Biden durch den Kongress gewaltsam unterbinden wollten. „Praktisch und moralisch“ sei Trump verantwortlich für das, was geschehen ist: „Der Mob hat in seinem Namen das Kapitol überfallen.“

McConnell sprach sich verklausuliert dafür aus, dass Trump für seine Vergehen strafrechtlich belangt werden soll. Er spielt damit an auf staatsanwaltliche Ermittlungen etwa im Bundesstaat Georgia, wo Trumps Einfluss- und Manipulationsversuche in punkto Wahl besonders augenfällig waren.

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In die gleiche Kerbe haut Nikki Haley. Trumps ehemalige UN-Botschafterin zeigte sich stets geschmeidig, wenn es darum ging, Trumps Tabubrüche schön zu reden. Inzwischen setzt sich die 49-Jährige, die Gouverneurin in South Carolina war und Ambitionen auf eine Präsidentschaftskandidatur in vier Jahren hegt, rigoros von ihrem Mentor ab. „Wir hätten ihm nicht folgen und nicht auf ihn hören dürfen“, sagt Haley. Sie propagiert den totalen Schnitt: „Wir dürfen nicht zulassen, dass so etwas jemals wieder passiert.“

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