Berlin. Die Ostsee-Pipeline sorgt seit Jahren für Kritik. Angesichts der Ukraine-Krise hat die Bundesregierung die Zertifizierung gestoppt.

Nord Stream 2 steht nicht erst seit der Eskalation des Ukraine-Konfliktes in der Kritik: Die Ostsee-Pipeline sorgt schon lange für kontroverse Diskussionen auf innenpolitischer, europäischer und transatlantischer Ebene. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte am Dienstag als Reaktion auf die Anerkennung der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine einen vorläufigen Stopp des Projekts an.

Auch die USA haben mittlerweile Sanktionen gegen die Betreibergesellschaft und deren Top-Manager auf den Weg gebracht. Das Finanzministerium in Washington erklärte, Geschäfte mit dem Betreiber Nord Stream 2 AG müssten innerhalb einer Woche beendet werden.

US-Präsident Joe Biden gab die Strafmaßnahmen gegen die in der Schweiz ansässige Nord Stream 2 AG und deren Geschäftsführung in einer schriftlichen Mitteilung bekannt. Er hatte zuvor aus Rücksicht auf Deutschland darauf verzichtet.

Was muss man über die bereits fertiggestellte Pipeline Nord Stream 2 wissen? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist Nord Stream 2?

Nord Stream 2 ist eine etwa 1200 Kilometer lange Pipeline durch die Ostsee. Durch die Rohre soll russisches Erdgas in größerem Umfang als bislang nach Deutschland und in andere europäische Länder gelangen. Der Start ist die russische Ostseeküste westlich von St. Petersburg, das Ziel die Gemeinde Lubmin unweit von Greifswald. Die zwei Leitungen der Pipeline verlaufen weitgehend parallel zur Route der bereits bestehenden Gasleitung Nord Stream.

Wie weit ist Nord Stream 2?

Die Gasleitung Nord Stream 2 ist fertig. Sie ist laut Betreibergesellschaft bereits mit Gas gefüllt und theoretisch einsatzbereit. Die Bauarbeiten wurden im September abgeschlossen. Die für eine Inbetriebnahme notwendige Zertifizierung durch die deutschen Behörden steht aber noch aus. Im Dezember teilte die dafür zuständige Bundesnetzagentur mit, dass sich dieser Prozess unter Umständen bis weit in das laufende Jahr 2022 hinziehen könnte. Nun wurde dieses Genehmigungsverfahren vorerst gestoppt. Wie es mit der Pipeline weitergeht, ist ungewiss.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Wer steckt hinter Nord Stream 2?

Eigentümer ist die Nord Stream 2 AG. Die Projektgesellschaft mit Sitz im schweizerischen Zug ist eine Tochtergesellschaft des russischen Gasmonopolisten Gazprom. Im Aufsichtsrat der Nord Stream AG sitzt Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Zu den Pipeline-Investoren gehören die deutschen Konzerne Wintershall Dea und Uniper, die niederländisch-britische Shell, das österreichische Energieunternehmen OMV und Engie aus Frankreich.

Was ist die Kritik an Nord Stream 2?

Die Ukraine, die USA und EU-Staaten insbesondere in Osteuropa sehen Nord Stream 2 als geopolitisches Instrument in den Händen des Kreml. Sie befürchten nicht erst seit der jüngsten Eskalation der Ukrainekrise eine weiter steigende Abhängigkeit von russischen Energieexporten, die Europa politisch erpressbar machen würde.

Einnahmen aus dem Gastransit über landgestützte Pipelines sind darüber hinaus für die Ukraine und andere Länder in Osteuropa eine wichtige Einnahmequelle. Dies betrifft neben der Ukraine auch Belarus sowie Polen, durch die die Jamal-Europa-Pipeline verläuft.

Neben den sicherheitspolitischen Argumenten gibt es außerdem Zweifel, ob Nord Stream 2 für die Versorgung Deutschlands notwendig ist und der hohe wirtschaftliche Aufwand für den Betrieb der Pipeline überhaupt im Verhältnis steht. Umweltschützerinnen und -schützer kritisieren die Pipeline aus Gründen des Klimaschutzes: Sie sei unvereinbar mit der Energiewende weg von fossilen Brennstoffen.

Wieviel kostet Nord Stream 2?

Die Baukosten der Pipeline wurden laut Deutscher Presse-Agentur mit mehr als zehn Milliarden Euro angegeben.

Lesen Sie auch: Nutzt Russland die Gaspipeline Nord StreamNutzt Russland die Gaspipeline Nord Stream zur Spionage?

(raer/afp/dpa)