Berlin. Union und Grüne haben beraten. Sie benennen inhaltliche Gräben – doch keine der Parteispitzen will sich in die Karten schauen lassen.

Die Spitzen der Parteien traten diesmal wieder persönlich vor die Kamera: Annalena Baerbock und Robert Habeck bei den Grünen, und Armin Laschet und Markus Söder bei der Union. Beide Parteiführungen geben sich nach einem Sondierungsgespräch offen gegenüber Verhandlungen über ein Regierungsbündnis von Union, Grünen und FDP – und heben zugleich Differenzen bei den politischen Inhalten hervor.

Die Statements waren höflich, viel preisgeben wollen die Parteiköpfe nicht – zugleich legten sich die Parteiführungen von Grünen, CDU und CSU nicht fest und kommentierten keine Inhalte aus dem Gespräch. Es war so wie bei den Pressestatements nach den anderen Gesprächen in den vergangenen Tagen: Wenig dringt nach außen. Niemand will sich in die Karten schauen lassen. Eine Art Stillhalte-Abkommen auf breiter Front.

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CDU-Chef Laschet hebt Gemeinsamkeiten mit den Grünen hervor

Gut zwei Stunden Sondierungsgespräch haben Union und Grüne da gerade hinter sich. Ein Treffen, dass vor allem für die Union den Charakter eines Vorstellungsgesprächs hat: „Die CDU hat diese Wahl nicht gewonnen“, sagt Laschet zu Beginn seines Statements. Deswegen müssen die Union und vor allem er persönlich hoffen, dass sie Grüne und FDP überzeugen, trotzdem mit ihnen statt mit Olaf Scholz und der SPD zu sondieren.

Berlin: Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender (m.) und Robert Habeck (l.) von den Grünen: „Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede“.
Berlin: Armin Laschet, CDU-Bundesvorsitzender (m.) und Robert Habeck (l.) von den Grünen: „Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede“. © dpa | Michael Kappeler

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CDU-Chef Armin Laschet hob zudem hervor, dass Grüne und Union in dem Sondierungsgespräch bei „vielem gedanklich an 2017 anknüpfen konnten“. Damals hatten Union. Grüne und FDP über eine Regierungskoalition verhandelt. Am Ende zog sich die FDP aus den Verhandlungen zurück, das Bündnis scheiterte.

Laschet nannte ein Bündnis aus Union, Grünen und FDP einen Weg, um „das Land zu modernisieren und voranzubringen“. Es seien aber auch Gegensätze deutlich geworden, so Laschet. Das hob auch CSU-Chef Markus Söder hervor. Zugleich sieht er „Gesprächsbedarf“, etwa beim Thema Migration. Das überrascht nicht, dass Grüne und Union bei der Asylpolitik andere Schwerpunkte setzen.

Grünen-Chefin Annalena Baerbock sagt, das aktuelle Gespräch sei „konstruktiv“ und „sachlich“ gewesen. „Gesellschaftspolitisch“ stünden die Parteien weiter auseinander, bei der „Digitalisierung“ und der „ökologischen Transformation“ sei man sich näher.

Ärger bei den Grünen über „mangelnde Diskretion“ von Seiten der Union

Grünen-Chef Robert Habeck ergänzte, dass die Grünen nun die Sondierungsgespräche mit den anderen Parteien am Mittwoch in den Gremien der Partei beraten wollen. Dann werde man über das weitere Vorgehen entscheiden. Etwa auch die Frage: Mit wem wollen die Grünen in Koalitionsverhandlungen treten? Bisher zeigt sich: Die Partei favorisiert ein Bündnis mit SPD und FDP.

Die Gespräche zu möglichen Koalitionsverhandlungen stehen aufgrund von durchgesteckten Details unter Feuer. Führende Grüne hatten vor dem Treffen der Union mangelnde Diskretion vorgeworfen. Es sei in allen Runden Vertraulichkeit vereinbart worden, sagte der politische Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, am Dienstag im RTL/ntv-„Frühstart“.

„Dass man dann die Kommunikation über die „Bild“-Zeitung betreibt, wirft kein gutes Licht auf die Zustände in der Union“, sagte Kellner, der dem zehnköpfigen Sondierungsteam der Grünen angehört. Es sei „auffällig“, dass aus dem einzigen Sondierungstreffen der Union – dem mit der FDP am Sonntag – etwas bekannt geworden sei. „Das hat uns schon schwer irritiert.“

Laschets letzte Chance: Ein Bündnis mit Grünen und FDP

Die Grünen streben eine Ampel-Koalition mit SPD und FDP an, schließen aber auch ein Bündnis mit Union und FDP nicht aus. Die FDP zeigt sich der Union zugeneigt, hat sich aber bisher auch nicht festgelegt. Eine Jamaika-Koalition – benannt nach den Flaggenfarben schwarz, gelb, grün von Jamaika – gilt als einzige Chance für Unionskanzlerkandidat Laschet, für die Union doch noch das Kanzleramt zu retten.

Nach den Gesprächen von Union und Grünen dürfte sich relativ rasch zeigen, ob weitere Gesprächsrunden nötig sind, bevor es eine Entscheidung über die Aufnahme von formellen Koalitionsverhandlungen gibt. Alle Seiten haben angekündigt, dass es keine lange Hängepartie geben soll. Erwartet wurde in Berlin, dass zunächst über eine Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP verhandelt wird.