Wolfsburg. VfL Wolfsburgs Trainer weiß die Rückendeckung durch Schäfer zu schätzen. Am Sonntag in Frankfurt hat er personell die Qual der Wahl.

Nichts hören, nichts lesen – Niko Kovac hatte zuletzt öfter erklärt, wie er mit der schwierigen sportlichen Situation beim VfL Wolfsburg und den dadurch aufgekommenen Diskussionen um seine Person umgeht. Vielleicht liegt es daran, dass der Trainer des Fußball-Bundesligisten am Freitag überrascht wurde von der Frage nach seiner Meinung zu dem bevorstehenden Comeback von Toni Kroos in der deutschen Nationalmannschaft. Rückkehrer hat der Wolfsburg-Coach auch in seiner eigenen Mannschaft. Und die bringen Kovac vor der Partie bei Eintracht Frankfurt (Sonntag, 15.30 Uhr) in eine komfortable Situation.

„Ach Tatsache, jetzt doch? Ich hatte gehört, dass nicht“, erklärte Kovac in Bezug auf die Kroos-„News“ und schob hinterher, dass er weiterhin der Überzeugung sei, dass die Europameisterschaft für die deutsche Mannschaft eine gute werde. Doch viel mehr beschäftigt sich Kovac derzeit mit seinem Team und dem kommenden Gegner. Die Niederlage der Frankfurter in der Conference League habe er sich im TV angeschaut, verriet er – einfach um zu schauen, ob sich beim Gegner etwas verändert hat. Die Erkenntnis: Alles beim Alten bei der Eintracht. „Es sind immer wieder dieselben Mechanismen. Man sieht, dass dort sehr gut gearbeitet wird. Da ist eine klare Handschrift zu erkennen“, sagte Kovac mit Blick auf seinen Trainerkollegen Dino Toppmöller, der sich angesichts des Ausscheidens aus sowohl nationalem als auch internationalem Pokalwettbewerb verstärkter Kritik ausgesetzt sieht.

Eintracht Frankfurt dürfte gegen Wolfsburg motivert sein

Wenig lebhaft, mutlos, ohne Pokal-Spirit – so lautete die Kritik an den Spielern der Eintracht nach dem 1:2-Conference-League-Aus gegen Saint-Gilloise. Die Mannschaft kann sich jetzt voll auf die Bundesliga konzentrieren, dürfte sich am Sonntag bei knapp 60.000 Fans für die Schlappe rehabilitieren wollen. In der Bundesliga rangiert das Team dort, wo der VfL liebend gerne noch hinkommen würde: auf Platz 6, mit neun Punkten Vorsprung auf die Wolfsburger als Zwölfter. „Es können sechs werden. Dafür müssen wir auch mal ein Spiel gewinnen. Aber wir müssen auch die nötigen Punkte holen, um uns von unten zu entfernen. Das darf man nicht außer Acht lassen, das wäre gefährlich und fatal“, warnte Kovac angesichts des Acht-Punkte-Abstands auf den Relegationsplatz.

Der Vorteil für den VfL: Das Team konnte sich unter der Woche voll und ganz auf die bevorstehende Bundesligapartie konzentrieren, während Frankfurt die zusätzliche Belastung auf internationalem Parkett zu verkraften hat. Personell kann Kovac mit Ausnahme des verletzten Rogério aus dem Vollen schöpfen. Tiago Tomás trainierte die gesamte Woche voll mit, hat seine Ellenbogenverletzung offenbar komplett abgeschüttelt. Und etwas überraschend stieg Mattias Svanberg am Freitag ebenfalls wieder in die Einheit mit der Mannschaft ein. Der Schwede war in der Partie gegen Dortmund am vergangenen Samstag zur Pause ausgewechselt worden, weil seine Schulter wieder mal Probleme bereitete. Der 25-Jährige leidet seit Jahren an einem lockeren Schultereckgelenk, was zur Folge hat, dass die Schulter immer mal wieder herausspringt.

Arnold, Gerhardt, Svanberg und Vranckx: Mehrere Wolfsburger hoffen auf Position vor der Abwehr

„Es ging besser, ist aber mit Sicherheit nicht optimal. Wir werden morgen abwarten, ob er es sich zutraut. Aber wie ich ihn kenne...“, deutete Kovac an, dass er am Samstag mit grünem Licht seitens des Mittelfeldspielers rechnet. In diesem Fall wäre Svanberg eine Option für die Position auf der Doppelsechs neben Kapitän Maximilian Arnold. Allerdings gibt es da noch zwei weitere Akteure, die dort auf einen Einsatz in der ersten Elf hoffen: Yannick Gerhardt hatte als Svanberg-Ersatz gegen Dortmund das Siegtor erzielt und scheint der Mannschaft mit seiner Erfahrung gutzutun. Dazu kommt: Ausgehend davon, dass der VfL auf Sieg spielt, um seine vielleicht letzte Chance auf das internationale Geschäft zu nutzen, ist er die offensiv kräftigere Variante gegenüber Aster Vranckx. Der Belgier ist der zweite Kandidat für die Position. Nach auskurierter Muskelverletzung hätte der 21-Jährige bereits gegen Dortmund spielen können, saß aber letztlich durchgehend auf der Bank.

In der Offensive hat Kovac ebenfalls reichlich Möglichkeiten. Neben Tomás stehen mit Lukas Nmecha, der gegen den BVB ein gelungenes Comeback feierte und Patrick Wimmer, der ebenfalls auf einen Einsatz brennt, zwei Spieler bereit – allerdings eher als Joker. „15, 20 Minuten, das könne beide, aber von Beginn an noch nicht“, meinte Kovac. Ohnehin sei es in einer solchen Situation besser, frisch hereinzukommen, wenn der Gegner schon etwas müde werde. Darüber hinaus ist Amin Sarr wieder fit. Auch Vaclav Cerny dürfte sich mit seiner Reservistenrolle nicht zufriedengeben.

Ex-Bayern-München-Trainer Kovac weiß, wie Tuchel sich fühlt

Fast schon ein Überangebot also in der Abteilung Angriff. Doch Kovac sieht es positiv. „Das ist sehr viel besser, als wenn ich mich umschaue und sehe auf der Bank nicht viel“, meinte der VfL-Coach. Wenn der Gegner auf den Spielberichtsbogen schaue, sei es viel besser, wenn er auf Wolfsburger Seite noch den Namen des einen oder anderen Nationalspielers entdecke.

Im Gegensatz zu der Neuigkeiten rund um Toni Kroos hatte der Wölfe-Trainer das jüngste Geschehen beim FC Bayern München natürlich ausführlich verfolgt. „Ich kann Ihnen sagen, dass ich ganz genau weiß, wie Thomas fühlt“, erklärte Kovac in Bezug auf das Aus für Chefcoach Thomas Tuchel. Er wisse, was in dem Verein drumherum und drinnen passiere. „Ich habe eine Meinung dazu, aber die behalte ich für mich“, erklärte der VfL-Trainer. Er selbst hatte beim Rekordmeister ab Sommer 2018 rund 16 Monate durchgehalten, bevor er im November 2019 entlassen wurde. Tuchels Amtszeit wird – auch wenn er bis Sommer bleibt – etwas kürzer ausfallen. Umso dankbarer ist Kovac VfL-Sport-Geschäftsführer Marcel Schäfer für den Rückhalt in Wolfsburg. „Marcel geht die Sache als ehemaliger Spieler anders an als der eine oder andere, lässt sich nicht leiten, was von außen hereingetragen wird. Das zeugt von Charakterstärke und Präsenz“, lobte Kovac.

So könnte der VfL Wolfsburg am Sonntag in Frankfurt spielen.
So könnte der VfL Wolfsburg am Sonntag in Frankfurt spielen.