Villapiana. Auszeichnung für Francesco Friedrich im Sporthilfe-Club der Besten: Deutschlands Topathleten zeichnen erstmals ein Team aus.

Ein Leistungssportler liebt den Wettkampf. Folglich will er auch gewinnen, selbst wenn er gerade mal im Urlaub ist. Ein fester und unterhaltsamer Bestandteil im Club der Besten, zu dem die Deutsche Sporthilfe jährlich medaillenträchtige Athletinnen und Athleten zur Belohnung einlädt, ist das Beachvolleyballturnier. Über die Zeit hat sich zwischen den ruhmreichen deutschen Bobsportlern und dem Team der Sporthilfe eine gesunde Rivalität entwickelt. In den vergangenen Jahren waren die kräftigen Jungs aus dem Eiskanal auch im Sand erfolgreich. Diesmal aber zogen Thorsten Margis und Alexander Schüller aus dem Gold-Bob von Francesco Friedrich im Halbfinale den Kürzeren; dem ein oder anderen Teamkollegen, die sonst in anderen Schlitten sitzen, schien das Aus – natürlich unter Anerkennung der erbrachten Leistung des Gegners – ein wenig zu fuchsen.

Bob-Team Francesco Friedrich setzt sich gegen Lückenkemper & Co. und Fußballfrauen durch

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Einen bedeutenderen Sieg gab es für Thorsten Margis und Alexander Schüller allerdings am Freitagabend im süditalienischen Kalabrien zu feiern. Das Theater im Club Aldiana war die passende Bühne für eine Auszeichnung, die beiden Anschiebern genauso wie den aus Dresden per Internet zugeschalteten Francesco Friedrich, Candy Bauer und Martin Grothkopp weit wichtiger sein darf als die Duelle am Beachvolleyballnetz. Rund 4000 Sportlerinnen und Sportler, die von der Sporthilfe unterstützt werden, haben ihre Besten gewählt. Das Votum fiel zugunsten der auch im olympischen Eiskanal Pekings schier unbesiegbaren Viererbob-Crew um Francesco Friedrich (Martin Grothkopp war Ersatzmann) aus, sie setzte sich unter anderem gegen die Frauenfußball-Nationalmannschaft, die 4x100-Meter-Sprinterinnen um Gina Lückenkemper oder Kanuslalom-Weltmeisterin Ricarda Funk durch. Erstmals wurde ein ganzes Team ausgezeichnet, Siegerin im Vorjahr war Aline Rotter-Focken, Olympiasiegerin im Ringen.

„Ein Wahnsinnsmoment“, sagte Thorsten Margis überwältigt. „Ich bin jetzt das sechste Mal im Club der Besten dabei, hier waren schon so viele unfassbare Sportler auf der Bühne, die sich einem Ziel verschrieben und sich dafür den Hintern aufgerissen haben. Daran orientieren wir uns.“ Der 33-Jährige war gemeinsam mit seinem Piloten Friedrich, dem ein Jahr jüngeren Eiskönig von Yanqing, auch im Zweier zu Gold gerast. Die nicht mitgereisten Kollegen zündeten sich in Deutschland eine Siegerzigarre an und feierten ebenso ausgelassen: „Ein Moment für die Ewigkeit, dass wir von Sportlern gewählt wurden“, sagte Friedrich und hob damit die Bedeutung der Auszeichnung hervor.

Die Besten 2022: Alexander Schüller (links) und Thorsten Margis nehmen im Club der Besten die Auszeichnung der von der Sporthilfe geförderten Athleten in Empfang. Aus Dresden dazugeschaltet: (hinten von links) Candy Bauer, Francesco Friedrich und Martin Grothkopp)
Die Besten 2022: Alexander Schüller (links) und Thorsten Margis nehmen im Club der Besten die Auszeichnung der von der Sporthilfe geförderten Athleten in Empfang. Aus Dresden dazugeschaltet: (hinten von links) Candy Bauer, Francesco Friedrich und Martin Grothkopp) © Sporthilfe

Francesco Friedrich ist der erfolgreichste deutsche Bobpilot bei Olympia

Rückblick, 20. Februar, Abschlusstag der Olympischen Winterspiele in China: Nachdem es schon im Zweier mit Margis Gold gegeben hatte, wurde Friedrich, der bei der Eröffnungsfeier die deutsche Fahne getragen hatte, auch mit Margis, Bauer (36) und Schüller (25) im Vierer der Favoritenrolle vollauf gerecht. Als erstem Bobpiloten gelang dem gebürtigen Sachsen damit das Kunststück, ein Doppelgold zu wiederholen. Bereits vier Jahre zuvor hatte das Bobteam Friedrich bei den Spielen in Pyeongchang alle Rennen dominiert. Gleichauf mit André Lange ist Francesco Friedrich nun erfolgreichster deutscher Bobpilot bei Olympischen Spielen.

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Viermal olympisches Gold, 13 WM-Titel, 66 Siege im Weltcup – wie deprimierend es manchmal sein kann, Friedrich und seinen Jungs nur hinterherfahren zu dürfen, weiß seit sieben Jahren niemand besser als Johannes Lochner. Der 31 Jahre alte Berchtesgadener ist Friedrichs größter Widersacher und hielt bei seiner amüsanten Laudatio in Kalabrien fest: „Vier Weltmeister- und fünf Europameistertitel sowie zweimal olympisches Gold würden zusätzlich auf meiner Autogrammkarte stehen, wenn es euch nicht gäbe.“ Aus ihm sprach nicht der Neid, sondern vielmehr große Anerkennung für Francesco Friedrich: „Es ist beeindruckend zu sehen für andere Sportler, was möglich ist. Ihr seid seit Jahren die mit Abstand besten Bobfahrer.“

2023 kommen Francesco Friedrich und sein Team gemeinsam in den Club der Besten

Im Bobsport ist der Fokus in der Regel auf den Piloten gerichtet. Dass Francesco Friedrich auch ein großer Sportsmann ist, der weiß, dass er ohne seine Anschieber niemals so erfolgreich wäre, bewies er in Yanqing: Bei der Siegerehrung unmittelbar im Anschluss an seine Goldfahrten im großen Schlitten hängte Friedrich persönlich seinen Kollegen die Medaillen um den Hals. „Die Jungs waren super, wenn das nicht gewesen wäre, hätten wir das nicht gepackt“, sagte er in China. Thorsten Margis, ebenfalls viermal mit Gold dekoriert, durfte anschließend noch die schwarzrotgoldene Fahne bei der Abschlussfeier tragen, was Friedrich besonders freute: „Das ist stellvertretend für alle Anschieber, die immer hinten ein bissl runterfallen. Es ist das i-Tüpfelchen.“

Auf olympischer Goldfahrt im Eiskanal von Yanqing: das Bob-Team Francesco Friedrich im großen Vierer-Schlitten.
Auf olympischer Goldfahrt im Eiskanal von Yanqing: das Bob-Team Francesco Friedrich im großen Vierer-Schlitten. © DPA

Alexander Schüller hat nun genau wie Thorsten Margis die Woche in Süditalien genossen, den Austausch mit anderen Sportlerinnen und Sportlern, die gemeinsamen Workshops, Challenges und Turniere. „So viel wie hier durfte ich noch nie machen, sonst ist ja eher ein bisschen Anschieben und Hintendrinsitzen angesagt“, sagte er, lachte und war dankbar, „seit vier Jahren mit den Jungs Geschichte schreiben zu dürfen.“ 2023 wollen „Die Besten“ dann gemeinsam nach Kalabrien kommen; die Einladung haben sie mit der Auszeichnung bereits sicher. An der normalen Qualifikation, nämlich Medaillen für Deutschland bei Welt- und Europameisterschaften zu holen, dürfte es angesichts der Dominanz ebenso wenig scheitern. Zur Sicherheit aber, sagte Francesco Friedrich, werden er und sein Team im Eiskanal aber „versuchen, wieder unser Bestes zu geben“. Die Konkurrenz wird das gar nicht gerne hören.