Malmö. Nach Frankreich ist bei der Handball-EM noch ein Favorit gescheitert: Weltmeister Dänemark steht nach dem Vorrunden-Aus unter Schock.

Er tat das, was er immer tat. Mikkel Hansen glänzte mit Anspielen auf Kreisläufer Magnus Saugstrup oder er hämmerte den Ball selbst ins Tor. Danach klatschte er seine Mitspieler ab, sprach dem Gegner aufmunternde Worte nach dessen Niederlage zu und verließ dann das Spielfeld. Er hatte getan, was er immer tut, doch hatte das in diesem Spiel keine Bedeutung mehr. Mikkel Hansen, einer der besten Handballer der Welt, war mit Dänemark, dem im vergangenen Jahr noch besten Team, in der Vorrunde der EM ausgeschieden. Das letzte Spiel, der 31:28-Sieg gegen Russland, war bedeutungslos. War es schon vor dem Anwurf. Zuvor hatten Ungarn gegen Island gewonnen und Dänemark damit auf den dritten Platz verbannt, die Pleite gegen Island (30:31) und das Remis gegen Ungarn (24:24) hatten die Dänen zu weit abgeschlagen.

Eine Schmach für das handballverrückte Dänemark

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Und nun? Trägt Dänemark Schwarz. Der Olympiasieger und Weltmeister – gedemütigt. „Raus bei der EM, bevor die überhaupt ernsthaft angefangen hat“, trauerten die Experten des Fernsehsenders TV2. „Das ist nie das Turnier der Stars gewesen“, urteilte die Zeitung Jyllands-Posten, während Berlingske vom „totalen EM-Fiasko“, schrieb. Und der dänische Rundfunk DR prophezeite: „Es wird eine Zeit dauern, um sich von dem EM-Ausscheiden zu erholen.“

Wie wahr. Dänemark ist ein handballverrücktes Land, das frühe EM-Aus ist eine Schmach, wie sie in Deutschland mit dem frühen Scheitern der Fußballnationalmannschaft bei der WM 2018 in Russland vergleichbar ist. Mit versteinerter Miene sprach Hansen auch von „Enttäuschung“ und „Frust“. Hansen ist der Mann mit den langen Haaren und dem auffälligen Stirnband, der auf dem Feld das Torewerfen in den Extremen Kunst- und Brachialwurf beherrscht und der, wenn man ihm gegenübersteht, viel größer und breiter wirkt, als es der Blick von der Tribüne vermuten lässt. Und der dann mit einer sanfteren Stimme spricht, als man erwarten würde. Und so sprach er auch nach dem EM-Aus. „Das ist viel zu viel, wenn jeder einzelne Spieler so viele produziert wie letztes Jahr im ganzen Turnier“, sagte der 32-Jährige und meinte damit die hohe Zahl an technischen Fehlern. Zehn Stück fabrizierten er und sein Team im Schnitt im schwedischen Malmö. Zum Vergleich: Bei der WM vor einem Jahr waren es nur die Hälfte.

Gleiches Schicksal wie Handball-Großmacht Frankreich

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Es gibt Gründe dafür. Leistungsträger wie Spielmacher Rasmus Lauge, viele Jahre in Kiel und Flensburg aktiv, war erst kurz vor dem Turnierstart fit geworden. Gleiches gilt für Niklas Landin – dem Torwart, an dem Deutschlands Andreas Wolff beim THW Kiel nie vorbeiziehen konnte.

Zuvor war bereits Handball-Großmacht Frankreich in der Vorrunde gescheitert. Wie Dänemark wurde die Franzosen in ihrer Vorrundengruppe Dritter - ein Platz, der bei den vorherigen Europameisterschaften für das Weiterkommen genügt hätte. Und so wütete auch Trainer Nikolaj Jacobsen, einst Coach der Rhein-Neckar Löwen. Er wolle nicht als schlechter Verlierer dastehen, „aber wir sind auch Opfer des neuen EM-Modus geworden. Wenn man wegen einer Niederlage mit einem Tor ausscheidet, ist das schon fragwürdig.“ In diese Kerbe schlug auch Dänemarks Sportchef Morten Stig Christensen: „Der Handball muss sich überlegen, ob es gut ist, wenn Nationen wie Frankreich und Dänemark nach der Vorrunde raus sind.“

Überraschende Finalpaarung bei EM nun möglich

In Norwegen ist nun nur noch eine Nation im Turnier, der ein souveräner Titelgewinn zuzutrauen ist. Es könnte also zu einer überraschenden Finalpaarung kommen, denn der Blick kleiner Nationen ist klar auf Olympia in Tokio gerichtet. Weltmeister Dänemark ist bereits qualifiziert, Frankreich als WM-Dritter hat einen Platz für eines der Qualifikationsturniere sicher. Es sind die vermeintlich kleinen Handball-Nationen, die im Juli auch nach Japan wollen und entsprechend motiviert aufspielen.

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„Wenn man rausfliegt, dann habe ich meine Arbeit nicht gut genug gemacht“, urteilte Dänemarks Trainer Jacobsen dann noch vor der Heimreise. „Für die Spieler geht das Leben schnell weiter. Ich darf nur gegen eine weiße Wand starren und meinen Kopf dagegen schlagen.“