Are. Bei der Ski-WM verzichtet die US-Skiläuferin bei ihrem letzten Rennen auf einen Auftritt als Drama-Queen und wird noch einmal Dritte.

Es war keine große Überraschung, dass Lindsey Vonn ihren letzten Auftritt noch einmal ausgekostet hat. Die kleine Siegerehrung im Stadion, die sogenannte Blumenzeremonie nach der Abfahrt bei der Ski-WM in Are war längst vorbei, Ilka Stuhec aus Slowenien und die zweitplatzierte Schweizerin Corinne Suter hatten bereits den Platz geräumt, als Vonn aufdrehte. Erstaunlich war dagegen, dass die Amerikanerin zuvor sportlich schon eine Show geboten hatte.

Aufzuhören mit einer Medaillen, das hätten ihr bei diesen Titelkämpfen in Are nicht mehr viel zugetraut, aber sie hat bewiesen, dass es nicht nur jenseits der Piste versteht, die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, sondern dass sie eben eine der Größten des Skisports ist, noch immer.

Vonn gönnt sich eine ausgiebige Abschiedsfeier

Vonn verabschiedet sich mit Bronze von der Ski-Bühne. „Ich bin mit Herz gefahren und habe viel riskiert“, sagte die 34-Jährige. Mit Olympiasiegerin Sofia Goggia, die als eine große Favoritinnen leer ausging, Mannschaftskolleginnen, dem großen schwedischen Ski-Idol Ingemar Stenmark, dessen Rekord von 86 Weltcup-Siegen sie um vier Erfolge verpasste – und natürlich Hündchen Lucy, das in ein pinkfarbenes Mäntelchen gehüllt war – feierte Vonn noch lange im Zielraum.

Lindsey Vonn war als Dritte ins Rennen gegangen. Dass sie im Ziel die Schnellste sein würde, war noch keine große Überraschung. Denn die vor ihr gestarteten Viktoria Rebensburg aus Kreuth und der Schweizerin Jasmine Flury gehörten nicht zu den Medaillenkandidaten in der Abfahrt. Die Amerikanerin zwar auch nicht, aber dass sie auch nach dem letzten ihrer vielen Comebacks noch immer vorne mitmischen würde können, wenngleich womöglich nicht mehr ganz vorne - sofern sie denn einmal das Ziel erreicht und nicht wie zuletzt öfters im Fangzaun landete, stand außer Frage. „Aber so wollte ich mich nicht verabschieden“, gab sie zu.

Ein versöhnliches Ende für die Drama-Queen

Sie schien zunächst erleichtert und froh, dieses Mal unfallfrei den Berg hinuntergekommen zu sein, winkte ins Publikum und verbeugte sich. Es war auf jeden Fall ein versöhnliches Ende, so viel stand schon fest. Sie habe vor dem Rennen mit sehr vielen Emotionen zu kämpfen gehabt, „aber schließlich ich diesen Kampf gewonnen“, erzählte Vonn später. Ein paar Meter weiter wartete schon Stenmark mit einem Blumenstrauß. Er war extra wegen Vonn einen Tag früher als geplant nach Are gekommen.

Der früher so wortkarge Nordschwede machte sich danach auf den Weg an den Fernseh- und Radiostationen vorbei und erzählte, dass er sicher sei, dass sein Rekord nicht mehr lange halte. Er sei sicher, Mikaela Shiffrin, die erst 23 Jahre alte amerikanische Teamkollegin von Vonn, „gewinnt 100 Rennen“. Vonn hat mit dem dritten Platz aber noch ein paar andere Rekorde erreicht. Sie ist die älteste Medaillengewinnerin bei einer alpinen Ski-WM, bisher war dies Veronika Velez-Zuzulova, die 2017 mit 32 Silber im Teamwettbewerb gewann und hat nun genauso oft Edelmetall in der Abfahrt gewonnen bei Titelkämpfen wie die deutsche Ski-Legende Christl Cranz.

Deutsche huldigen der US-Skifahrerin Vonn

Vonn durfte noch ein paar Minuten auf dem Stuhl der Führenden sitzen bleiben, dann unterbot zunächst Stuhec, die eine fast ebenso rührende Geschichte schrieb mit der Titelverteidigung ein gutes Jahr nach einem Kreuzbandriss, und später auch noch Suter die Zeit von Vonn. Viktoria Rebensburg, als Elfte am Ende beste Deutsche, ging vor Vonn in die Knie. Andere zollten jener Skirennläuferin, die den Frauen-Skirennsport prägte und ihn viele Jahre auch dominiert hatte, Respekt. „Beeindruckend“, fand Kira Weidle, die hinter den Erwartungen zurückblieb und ausgerechnet mit Platz dreizehn bei der WM-Abfahrt ihr schlechtestes Resultat in dieser Saison ablieferte. „Es passt zu ihrer Karriere, sie hat bis zum letzten Rennen gekämpft. Einfach nur Chapeau“, sagte die Starnbergerin.

Am letzten Tag war Vonn ausnahmsweise endlich einmal keine Drama-Queen. Sie verzichtete darauf, noch einmal detaillierte Hinweise auf alle ihre Verletzungen zu geben und streifte sogar die schwierige Phase nach dem Comeback in im Januar Cortina d’Ampezzo, als es fraglich war, ob sie überhaupt noch einmal würde fahren können, nur am Rande. „Ich würde gerne weinen, aber es ist nichts mehr übrig“, sagte sie. „Ich habe zuletzt so viel geweint, ich bin ausgetrocknet.“