Frankfurt/Main. Alexander Zverev und seine Mitspieler treffen auf Ungarn. Auftakt des reformierten Teamwettkampfs droht Trainingseinheit zu werden.

Doch, sagte Alexander Zverev, seinen Gegner kenne er. 2013, bei einem Tennis-Turnier der Futureserie in den USA, habe er gegen Peter Nagy sogar verloren. 5:7, 6:2, 3:6 lautete damals das Ergebnis. „Da war ich allerdings erst 15. Er spielt immer noch Futures, deshalb habe ich ihn lange nicht gesehen“, schob Zverev, amtierender ATP-Weltmeister und Weltranglistendritter, nach. Was überheblich klang, war letztlich nur die korrekte Zustandsbeschreibung vor einer Daviscup-Begegnung, die zu einer besseren Trainingseinheit zu verkommen droht. Die deutschen Tennisherren müssten an diesem Wochenende in Frankfurt mit auf den Rücken gebundenen Armen antreten, um gegen Ungarn zu verlieren.

Erstrundenmatches über zwei Sätze

Die Auslosung am Donnerstagmittag im Kaisersaal des „Römer“ genannten Rathauses hatte Zverev mit einer Mischung aus Langeweile und Belustigung verfolgt. Wie ein Student im ersten Semester, der sich im Grundkurs BWL langweilt, hatte der 21 Jahre alte Hamburger über seine Brille hinweg in sein Mobiltelefon gelugt, was deutlich interessanter schien als die gelosten Partien. Ehe Zverev an diesem Freitag im zweiten Einzel auf den in der ATP-Einzelrangliste nicht einmal gelisteten Nagy (26) trifft, eröffnet der Augsburger Philipp Kohlschreiber (35/Nr. 32 der Welt) das Duell um 16 Uhr (DAZN) gegen Zsombor Piros (Nr. 371). Der 19-Jährige ist nach der Absage von Topspieler Marton Fucsovics (26/Nr. 47) Ungarns Nummer eins.

Teamchef will Gegner nicht unterschätzen

Natürlich bemühte der deutsche Teamchef Michael Kohlmann die Erinnerungen an frühere Duelle mit Polen (2016) oder Belgien (2017), die man als klarer Favorit nur hauchdünn gewann oder gar verlor. „Wir werden uns mit Videostudium professionell vorbereiten und den Gegner keinesfalls unterschätzen“, sagte der Kapitän. Sein ungarischer Kollege Gabor Koves hatte die Messlatte allerdings längst auf Minimalhöhe gelegt, als er zugab, dass es „ein Wunder wäre, wenn wir hier überhaupt einen Satz gewinnen würden.“ Wie wenig seine Auswahl mit der großen Bühne vertraut ist, unterstrich Piros, als er, während der Fotozeremonie im Römer neben Zverev stehend, einem Fotografen zurückwinkte, der per Handheben um Aufmerksamkeit gebuhlt hatte.

Finalrunde in Madrid

Es steht also zu erwarten, dass der erste Aufschlag im neuen Daviscup-Format ein noch kürzerer werden wird, als es das überarbeitete Reglement ohnehin vorsieht. Nach der Reform des prestigeträchtigsten Teamwettkampfs im Weltsport gibt es in dieser Saison erstmals nur noch in der ersten Runde, an der 24 Mannschaften teilnehmen, die Chance auf ein Heimspiel. Die zwölf Sieger qualifizieren sich für die Finalrunde (18. bis 24. November) in Madrid, für die vier Halbfinalisten von 2018 (Kroatien, Frankreich, Spanien, USA) und zwei Wildcardteams (Argentinien und Großbritannien) bereits startberechtigt sind.

Um die Belastung für die Spieler zu minimieren, werden die Erstrundenmatches nur noch über zwei Gewinnsätze ausgetragen. Zudem entfällt der Sonntag als Spieltag, weil am Samstag nach dem Doppel (12 Uhr), für das Lokalmatador Tim Pütz (31) und Jan-Lennard Struff (28/Warstein) nominiert sind, die weiteren beiden Einzel gespielt werden.

Vor allem der Termin der Endrunde nach dem traditionellen Saisonabschluss mit der ATP-WM hat bei den Topspielern zu großem Widerstand gegen die Reform geführt. Zverev, einer der größten Kritiker, bekräftigte am Donnerstag noch einmal, dass er in keinem Fall in Madrid antreten werde. „Es ist das schlechteste System, das man sich ausdenken konnte“, sagte er. Motivationsprobleme habe er dennoch keine. „Ich will mithelfen, dass die Jungs die Finalrunde spielen können“, sagte er, „ich spiele gern für den Teamgeist.“